Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
ins Esszimmer hinüber? Dann bekommen Sie etwas zu essen.«
»Großartig. Gut.«
Mia setzte ihre Füße wieder auf den Boden und glitt mit ihren Fingerspitzen ganz leicht seinen Arm entlang. »Bringen Sie den Wein mit, Suchender.«
O Gott, war der einzige klare Gedanke, den Mac noch fassen konnte.
Normalerweise hätte das Esszimmer mit dem riesigen Mahagonitisch, der langen Anrichte und den hochlehnigen Stühlen einen einschüchternden, steifen Eindruck machen müssen. Doch es strahlte die gleiche einnehmende, gemütliche Atmosphäre aus wie Mias Salon. Auch hier herrschten warme Farben vor, tief weinrote Töne, kombiniert mit dunklem Gold.
In den gleichen Farben waren die Blumen, die aus kristallenen Vasen heraus ihren Duft in die Luft verströmten. Ein Kaminfeuer knackte und prasselte, als wollte es die gedämpfte Harfen- und Flötenmusik begleiten.
Die Vorhänge an den drei Fenstern waren offen gelassen worden, wodurch der Kontrast zwischen dem Zimmer und der dunklen Nacht und dem blendend weißen Schnee draußen noch deutlicher wurde. So perfekt wie ein Gemälde.
Auf dem Tisch standen ein saftiger Lammrücken und ungefähr ein Dutzend Kerzen.
Sollte Mia beabsichtigt haben, diesem Abend einen besonderen, romantischen Rahmen zu geben, dann war ihr das perfekt gelungen.
Während sie aßen, lenkte Mia das Gespräch auf Literatur, Kunst, Theater und beobachtete Mac dabei die ganze Zeit mit gespannter Aufmerksamkeit.
Es ist beinahe hypnotisch, wie sie einen anblickt, dachte er. Diese Art, wie sie einem Mann ganz offen, direkt und tief in die Augen sah.
Das Kerzenlicht spielte über ihre Haut, so als ob flüssiges Gold über Alabaster strömte, und vergoldete ihre rauchgrauen Augen. In diesem Moment wünschte er sich, sein zeichnerisches Talent reichte zu mehr als nur zu groben Bleistiftskizzen. Ihr Gesicht verlangte förmlich nach Öl auf Leinwand.
Er wunderte sich auch darüber, dass sie in so vielen Dingen übereinstimmten. Die gleichen Bücher mochten, die gleiche Musik genossen.
Andererseits hatten sie sich gegenseitig sehr aufmerksam zugehört und dadurch viel über die Vergangenheit des anderen erfahren. Er wusste nun, dass sie in diesem Haus als Einzelkind aufgewachsen war. Und dass ihre Eltern den Großteil ihrer Erziehung in Lulus Hände gelegt hatten. Sie war in Redcliffe aufs College gegangen und konnte diverse Abschlüsse in Literatur- und Wirtschaftswissenschaften vorlegen.
Ihre Eltern hatten die Insel verlassen, noch bevor Mia ihr Examen in der Tasche hatte, und kehrten nur noch sehr selten zurück.
Und sie kam, genau wie er, aus einer gut situierten Familie.
Mia gehörte keinerlei Hexenzirkel oder Gruppe oder Organisation an und lebte allein und zurückgezogen in ihrem Geburtshaus. Sie war nie verheiratet gewesen und hatte auch nie mit einem Mann zusammengelebt.
Mac wunderte sich, wie das möglich war bei einer Frau, deren sinnliche Ausstrahlung doch so elegant, so offenkundig war.
»Und Sie lieben also das Reisen«, sagte Mia.
»Es gibt dort draußen ungeheuer viel zu entdecken. Wobei ich denke, dass es mir in meinen Zwanzigern noch besser gefallen hat – der Kick, einfach seinen Rucksack zu packen und loszufahren, wann immer ich wollte oder musste.«
»Und in New York zu leben. Der prickelnde Reiz der Großstadt, die vielen Anregungen, das Tempo.«
»Die Stadt hat zweifellos ihre Vorzüge. Aber meine Arbeit kann ich von überall aus machen. Kommen Sie oft nach New York?«
»Nein.« Über ihre Augen glitt ein Schatten; sie senkte die Lider, hob sie wieder, und der Schatten war verschwunden. »Ich verlasse die Insel nur selten. Alles, was ich brauche oder wonach es mich verlangt, habe ich hier.«
»Museen, Theater, Galerien?«
»Danach habe ich kein großes Verlangen. Ich ziehe da meine Klippen, meinen Wald und meine Arbeit vor. Und meinen Garten«, fügte sie hinzu und lächelte wieder. »Es ist schade, dass wir jetzt Winter haben, sonst hätte ich Ihnen jetzt meinen Garten zeigen können. Stattdessen werden wir uns nun wohl mit Kaffee und Dessert im Salon begnügen müssen.«
Mia servierte Profiteroles, die Mac sehr genoss, und bot ihm einen Brandy an, den er aber ablehnte. Sie setzte sich wieder mit angezogenen Beinen neben ihn auf das Sofa, und von irgendwo tief im Inneren des Hauses schlug eine Uhr.
»Sie sind ein sehr beherrschter Mann mit einem sehr starken Willen, nicht wahr, Dr. Booke?«
»Das ist mir bisher noch gar nicht so aufgefallen. Warum?«
»Weil Sie
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