Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
Gedanken, ins Dorf zu gehen und sich irgendetwas Läppisches und Unnötiges zu kaufen. Die Tatsache, dass sie überhaupt mit diesem Gedanken spielen konnte, war eines der Wunder in ihrem neuen Leben, über die sie täglich von neuem staunte.
Vorläufig war sie jedoch vollauf mit dem Strand, dem Meer und der Gesellschaft des großen schwarzen Hundes zufrieden. Während Lucy sich damit vergnügte, Möwen zu jagen, saß Nell im Sand und betrachtete die Wellen.
»Du hast Glück, dass ich heute gute Laune habe, sonst würde ich dich nämlich aufschreiben müssen, weil du den Hund nicht angeleint hast.«
Nell drehte den Kopf, als Ripley sich neben ihr im Sand niederließ. »Dann würdest du dich selbst aber auch aufschreiben müssen. Ich habe nämlich keine Leine gesehen, als ihr beide heute Morgen zum Joggen gegangen seid.«
»Ich habe heute Morgen die unsichtbare Leine benutzt.« Ripley schlang die Arme um ihre Knie. »Was für ein Tag! Ich könnte ein paar hundert von dieser Sorte brauchen.«
»Ich weiß. Ich hab’s im Haus einfach nicht mehr ausgehalten. Meine Liste von all den Dingen, die ich erledigen muss, ist ellenlang, aber ich bin einfach weggelaufen.«
»Deine Liste kann warten.«
»Sie wird warten müssen.«
Als Nell sie weiterhin anstarrte, schob Ripley ihre Sonnenbrille ein Stück die Nase hinunter und spähte über den Rand hinweg. »Was ist los?«
»Nichts. Du siehst nur so … selbstzufrieden aus«, erklärte Nell. »Ich habe in den letzten beiden Wochen nicht allzu viel von dir gesehen, aber wenn ich dich gesehen habe, hattest du jedes Mal diesen selbstgefälligen Ausdruck in den Augen.«
»Tatsächlich? Na ja, das Leben ist im Moment recht angenehm.«
»Ja. Du verbringst neuerdings eine Menge Zeit mit MacAllister Booke.«
Ripley ließ ihre Finger durch den Sand gleiten, zog kleine Schnörkel und Kreise. »Ist das deine höfliche Art zu fragen, ob wir’s miteinander treiben?«
»Nein.« Nell wartete einen Moment, atmete aus. »Äh … habt ihr denn Sex?«
»Nein, noch nicht.« Zufrieden lehnte sich Ripley zurück und stützte die Ellenbogen in den Sand. »Ich genieße diese Phase vor dem Miteinanderschlafen mehr, als ich jemals gedacht hätte. Meistens habe ich immer gedacht, wenn du tanzen willst, dann steh einfach auf und tanze. Aber …«
»Eine Romanze ist ein Tanz ganz eigener Art.«
Ripley warf ihr einen scharfen Blick zu. »Ich habe nichts davon gesagt, dass wir eine Romanze hätten. So mit Herzen und Blumen und schmachtenden Blicken. Mac ist ein interessanter Mann, und es macht Spaß, mit ihm zusammen zu sein, das ist alles – wenn er nicht gerade auf Gespensterjagd ist. Er ist schon überall auf der Welt gewesen. Ich meine, an Orten, die ich noch nicht mal dem Namen nach kannte.«
Mac kannte sogar die Hauptstadt von Liechtenstein, wie sie sich erinnerte. Das musste man sich mal vorstellen!
»Hast du gewusst, dass er schon mit sechzehn Jahren seinen Collegeabschluss gemacht hat?«, fuhr sie fort. »Ist das nun genial, oder was? Aber obwohl er unheimlich intelligent und gebildet ist, interessiert er sich auch für ganz gewöhnliche Dinge wie zum Beispiel Filme oder Baseball. Ich meine, er blickt nicht hochnäsig auf – wie nennt man so was? – auf die volkstümliche Kultur herab.«
»Kein intellektueller Snobismus«, erwiderte Nell amüsiert.
»Ja, genau, das ist es. Er steht auf Rocky und Bullwinkle, und er hört gerne Popmusik. Es ist, als hätte er diese enorme Gehirnkapazität, damit sein Hirn all dieses Zeug Marke ›Ypsilon Quadrat gleich X hoch was weiß ich‹ aufnehmen kann und trotzdem noch genug Platz für The Barenaked Ladys hat. Außerdem ist er ausgesprochen gut gebaut und ein erstklassiger Schwimmer aber manchmal stolpert er einfach über seine eigenen Füße. Es ist irgendwie süß.«
Nell öffnete den Mund, um abermals einen Kommentar abzugeben, aber Ripleys Redefluss war nicht zu stoppen. »Sicher, er ist ein totaler Technik-Freak, aber das ist auch irgendwie praktisch. Er hat meine Kopfhörer repariert, die ich eigentlich schon wegwerfen wollte. Und neulich …« Sie runzelte verwirrt die Stirn, als sie Nells breites Grinsen sah. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
»Dich hat’s ganz offensichtlich erwischt.«
»Also, ich muss doch sehr bitten. Was ist denn das für ein Wort!« Ripley schnaubte verächtlich und kreuzte die Beine. »Erwischt! Jesus!«
»Es ist meiner Ansicht nach das perfekte Wort und trifft den Nagel auf den Kopf. Und ich
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