Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
Dann bestelle ich eine große, mit allem. Was wir nicht schaffen, nehme ich mit für Zack. Er wird die Zwiebeln und die Pilze abpulen und dankbar sein.«
Sie glitt wieder aus der Nische. »Möchten Sie ein Bier?«
»Nein. Nein danke. Nur Wasser.«
»Kommt sofort.«
Ripley wartete nicht auf die Bedienung, sondern marschierte an den Tresen und bestellte dort. Nell beobachtete, wie sie mit dem langen, dünnen Mann dahinter rumalberte. Wie sie ihre Sonnenbrille in ihre Hemdtasche steckte. Wie sie nach den Getränken griff – wundervoll geformte und gebräunte Arme. Wie ihr dunkles Haar wippte, als sie zurückkam in die Nische.
Der Lärm wich zurück, verflüchtigte sich wie das Echo in einem Traum, verdichtete sich auf einen einzigen hellen Klang unter einem zunehmenden Tosen. Wie brechende Wellen. Als Ripley ihr gegenüber saß, sah Nell, wie sich ihr Mund bewegte, hörte aber nichts. Absolut nichts.
Dann, als würde sich plötzlich eine Tür öffnen, war es wie eine Überschwemmung.
»… bis zum Labor Day«, beendete Ripley gerade ihren Satz und griff nach ihrem Bier.
»Sie sind die Dritte.« Nell verschränkte ihre zitternden Finger auf dem Tisch.
»Häh?«
»Die Dritte. Sie sind die dritte Schwester.«
Ripley öffnete ihren Mund – und schloss ihn wieder. Ihr Mund war jetzt ein langer, schmaler Strich. »Mia.« Sie spuckte die beiden Silben aus, dann trank sie ihr halbes Bier ex. »Fangen Sie mir bloß nicht damit an.«
»Ich verstehe nicht.«
»Da ist nichts zu verstehen. Lassen Sie es einfach.« Sie knallte das Glas auf den Tisch, beugte sich vor. »Ich sage Ihnen, wie es läuft: Mia kann denken und glauben, was immer sie will. Sie kann sich betragen, wie immer sie will, solange sie kein Gesetz bricht. Das geht mich absolut nichts an. Wenn es Sie etwas angeht, ist das Ihre Sache. Aber ich bin nur hier, weil ich eine Pizza und ein Bier möchte.«
»Ich weiß nicht, inwiefern es mich etwas angeht. Es macht Sie wütend. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll.«
»Schauen Sie, Sie wirken auf mich wie eine vernünftige Frau. Eine vernünftige Frau geht schlicht herum und erklärt sich für eine Hexe, die von einem Hexentrio abstammt, das eine Insel aus einem Stück von Massachusetts geschaffen hat?«
»Ja, aber …«
»Kein Aber. Es gibt die Realität, und es gibt Fantasien. Lassen Sie uns bei der Realität bleiben, weil alles andere mir meine Pizza verdirbt. Also, werden Sie sich nun mit meinem Bruder treffen?«
»Tref…« Völlig durcheinander, fuhr Nell sich durch ihre Haare. »Können Sie diese Frage noch einmal wiederholen?«
»Zack beabsichtigt, Sie zu fragen, ob Sie mit ihm ausgehen. Sind Sie interessiert? Bevor Sie antworten, kann ich Ihnen versichern, dass er alle wesentlichen Kinderkrankheiten hinter sich hat, dass er sich regelmäßig wäscht und trotz einiger nervtötender Angewohnheiten ganz gute Manieren hat. Denken Sie drüber nach. Ich hole uns die Pizza.«
Nell stieß einen tiefen Seufzer aus und lehnte sich zurück. Sie hatte für ihren Geschmack deutlich zu viel zu bedenken für einen einzigen Abend.
6
Ripley hatte Recht mit dem Andrang zur Sonnenwendfeier. Das Buch-Café hatte so viel zu tun, dass Mia zwei Halbtagskräfte für den Laden und eine weitere für das Café einstellen musste.
Die starke Nachfrage nach ihren vegetarischen Gerichten, die seit zwei Tagen nicht abriss, versetzte Nell in Panik.
»Die Auberginen sind fast alle, und unsere Alfalfavorräte gehen auch zur Neige«, teilte sie Peg mit, als die zu ihrer Schicht kam. »Ich dachte, ich hätte genug … Verdammt.« Sie riss sich die Schürze ab. »Ich flitze mal eben in den Supermarkt und hole Nachschub. Möglicherweise muss ich einiges austauschen, die Speisekarte für den Rest des Tages ändern.«
»Hey, was auch immer: nur nicht nervös werden.«
Du hast gut reden, dachte Nell, als sie die Treppen runtersauste. Schon mittags würden die Haselnuss-Muffins wahrscheinlich alle sein, und die Schokoladenkekse reichten nie und nimmer bis abends, wenn sie weiter in dem Tempo bestellt wurden. Es war ihre Verantwortung, dass im Café alles reibungslos lief, wie Mia es erwartete. Wenn sie einen Fehler machte …
In ihrer Hast, die Hintertür zu erreichen, rannte sie Lulu fast über den Haufen.
»Es tut mir Leid. Es tut mir so Leid. Ich bin schrecklich ungeschickt. Ist alles in Ordnung?«
»Ich werde es überleben.« Lulu zupfte an ihrem Hemd herum. Nur weil das Mädel inzwischen seit drei Wochen
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