Im Licht des Blutmondes
können und war regelrecht in Panik verfallen. Lucia hatte so lange nachgehakt, bis Joleen ihr gestand, was damals in dem Keller geschehen war. Lucia hatte ihr geduldig zugehört und sie niemals gedrängt weiterzusprechen, wenn Joleen ins Stocken geraten war. Nachdem Joleen fertig erzählt hatte, nahm Lucia sich die Zeit, um ihr zu erklären, dass solche Dinge durchaus mit Lust zu tun haben konnten, wenn es in beiderseitigem Einverständnis geschah und es klare Regeln für beide Parteien gab. Joleen versuchte immer noch es zu verstehen. Allerdings hatte sie es inzwischen akzeptiert, obwohl es ihr nicht danach gelüstete, es selbst auszuprobieren.
„Und wie hast du es geschafft?“, fragte Joleen, als sie sich aus ihrer Erinnerung losreißen konnte.
„Bist du sicher, dass du das verkraftest?“, fragte Lucia zurück und musterte sie besorgt. Joleen nickte mit ernstem Blick und Lucia seufzte.
„Ich war damals bereits schon nicht mehr glücklich bei dem Vampirclan, weil kurz zuvor eine der wenigen Bluthuren, die ich mochte, gestorben war. Ich hatte eine gesunde Angst vor den Vampiren entwickelt, war aber abhängig von der Blutlust und schaffte es nicht, mich von ihnen zu lösen. Irgendwann hörte ich auf einem Fest, wie sich zwei Bluthuren über diesen Clan hier unterhalten haben und erst da wurde mir klar, dass es auch anders ging.
Ich war fest entschlossen zu gehen und suchte das Oberhaupt des Vampirclans auf, um es ihm mitzuteilen. Er hatte gerade zwei befreundete Vampire zu Besuch und dachte gar nicht daran, mir zuzuhören, sondern fiel stattdessen gleich über mich her. Er zerriss mein Kleid und biss mich sofort, noch ehe ich ein Wort sagen konnte. Seine Freunde kamen ebenfalls auf mich zu. Sobald sie alle drei angefangen haben, von mir zu trinken, habe ich mich gewehrt und versucht ihnen zu entkommen. Natürlich hatte ich keine Chance.“ Lucia lachte hart und zynisch. „Mir war klar, dass sie mich nicht würden gehen lassen, ehe sie nicht ihre Lust an mir gestillt hatten oder die Sonne aufging. Ich habe beschlossen, wenigstens meinen Geist und meinen Verstand zu schützen, wenn es mir schon nicht möglich war, sie daran zu hindern, mit meinem Körper zu machen, was sie wollten. Ganz tief in meinem Körper, habe ich mir einen Punkt gesucht, an dem ich mich verstecken konnte. Ich habe mir vorgestellt, wie viel besser mein Leben wäre, wenn ich es schaffte, fortzugehen und einen anderen, humaneren Vampirclan zu finden, um dort zu leben. Plötzlich spürte ich meinen Körper und das, was die Vampire damit machten, nicht mehr. Ich war an einem vollkommen anderen Ort und bekam das, was mit mir geschah nur ganz außen, am Rande meines Bewusstseins, mit.“ Lucia lächelte traurig und Joleen streckte zögernd ihre Hand aus, um sie auf die ihrer Freundin zu legen. „Sie haben bis Sonnenaufgang weitergemacht und erst ihre Starre konnte sie stoppen. Ich hatte viel Blut verloren und war kurz davor, auch mein Bewusstsein zu verlieren. Ich bin zum Schreibtisch getorkelt, habe mir das Jackett des Clanoberhauptes geschnappt. Ich hatte glück. Als ich die Taschen durchsucht habe, habe ich gemerkt, dass ein Geldbündel darin war. Ich habe es als Bezahlung gesehen. Nach dem was sie in der Nacht mit mir gemacht haben, fand ich es nur berechtigt, das Geld zu behalten. Ich bin nur mit dem Jackett am Körper aus dem Haus gewankt und auf der Straße gelandet. Irgendwann hat, Gott sei Dank, ein Autofahrer angehalten und sich meiner erbarmt. Ich sagte ihm, wo ich hin will und er hat mich hier vor diesem Haus abgesetzt, nachdem er die gesamte Fahrt über versucht hatte, mich davon zu überzeugen, mich in ein Krankenhaus bringen zu lassen. Als ich hier ankam, war ich kaum noch bei Bewusstsein und brach auf der Türschwelle zusammen. Einer der Vampire, ich glaube sogar, dass es Sir Nikolas war, fand mich und sorgte dafür, dass man sich um mich kümmerte.“ Lucias Stimme klang nun wieder etwas heiterer und sie drückte Joleens Hand. „Als ich wieder zu mir gekommen bin, war Lady Fayn bei mir. Ich habe ihr die ganze Geschichte erzählt, und sie war so … so verständnisvoll. Sie hat mir angeboten, dass ich als Bluthure bei ihnen leben kann, und dass es den Bluthuren hier frei steht, welchem Vampir sie sich hingeben. Wenn ich das nicht gewollt hätte, hätten sie mir einen Dienstbotenposten gegeben.
Aber ich war immer noch süchtig nach der Blutlust und habe mich deswegen dazu entschieden, weiter den Weg als Bluthure zu gehen.
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