Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)
hätten, bewusst oder unbewusst, wie hoch, glauben Sie, würde die Strafe dafür sein? Verdammt«, fluchte er, als sie ihn ignorierte, und drehte das Wasser ab.
Sie fluchte zurück, wollte es wieder andrehen. Wütend umschloss er ihre Hand.
Licht, blau schimmernd, funkelte zwischen ihren ineinanderverkrallten Fingern.
Nell wurde ganz still, während ihr Ärger dem Schock wich. Sie ließ ihre Hand unter seiner und drehte sich um, bis sie sich gegenseitig in die Augen blicken konnten.
»Warum hat mir das niemand gesagt?«, fragte sie.
»Das weiß ich nicht.« Er lächelte, als das Licht überging in ein Glühen. »Schwester.«
Verblüfft schüttelte sie ihren Kopf. »Es sind nur drei, die den Kreis formen.«
»Drei, die von dreien abstammen. Aber es gibt vier Elemente. Deins ist die Luft, und sie hat dir deinen Mut gegeben. Meins ist das Wasser. Du glaubst an Bestimmung, an die Gabe. Wir sind verbunden, und das kannst du nicht ändern.«
»Nein.« Aber sie würde darüber nachdenken, lange und
intensiv. Langsam zog sie ihre Hand unter seiner weg. »Ich muss weder die Tatsache noch dich mögen.«
»Du glaubst an Schicksal, an die Macht, aber nicht an Vergebung.«
»Ich glaube an Vergebung. Wenn sie verdient ist.«
Er trat beiseite, rammte die Hände in seine Taschen. »Ich bin heute Abend hierhergekommen in der Absicht, dich zu umschmeicheln, um wenigstens ein paar Schichten deiner Ablehnung abzutragen. Zum Teil aus Stolz. Es ist hart, wenn die Frau deines besten Freundes dich hasst.«
Er griff nach der Weinflasche und schenkte sich nach in das Glas, das sie gerade abwaschen wollte. »Zum Teil aus strategischen Gründen.« Er trank. »Ich weiß sehr gut, dass du und Ripley euch vor Mia stellt.«
»Ich werde es nicht zulassen, dass sie noch einmal verletzt wird.«
»Und du bist davon überzeugt, dass ich das tun werde.« Er stellte sein Glas auf den Tresen. »Dann kam ich in dein Heim und erlebte dich zusammen mit Zack. Sah, was ihr füreinander seid. Ich saß an eurem Tisch, und du hast mir zu essen gegeben – obgleich du mich lieber an meinen Zehen aufgehängt hättest. Statt also dich zu umschmeicheln, wurde ich umschmeichelt.«
Er betrachtete die Küche. Es war von jeher schon ein warmer und freundlicher Raum, und früher war er hier willkommen gewesen. »Ich bewundere dich dafür, was du aus deinem Leben gemacht hast. Und ich beneide dich um deine klare Vorstellung und dein glückliches Zuhause. Zack ist mir wichtig.«
Sie erwiderte nichts. »Ich kann mir vorstellen, dass das für dich schwer zu verdauen ist, aber es ist eine Tatsache. Ich habe nicht die Absicht, auch nur das Geringste zu tun,
was eure Beziehung stören könnte. Ich verschwinde durch die Hintertür, solange er noch mit Lucy unterwegs ist.«
Nell trocknete sich die Hände. »Ich habe noch keinen Kaffee gemacht.«
Er drehte sich an der Tür um, sah sie nur an.
Und sie erkannte, warum Mia ihn geliebt hatte. Nicht nur wegen seines gefährlich guten Aussehens, sondern auch, weil in seinen Augen so viel Kraft, so viel Schmerz lag.
»Ich vergebe dir nicht«, sagte sie brüsk. »Aber wenn du Zacks Freund bist, musst du irgendwelche wertvollen Qualitäten haben. Welche auch immer. Setz dich. Es gibt noch eine Kleinigkeit zum Nachtisch.«
Sie hatte ihn kleingekriegt, dachte Sam später auf seinem Rückweg zum Cottage. Die hübsche blauäugige Blondine, die zuerst beißend höflich war und später brutal offen und noch später verständnisvoll – alles an einem einzigen Abend, hatte ihn auf die Knie gezwungen.
Selten war es ihm wichtig, dass jemand ihn respektierte, aber jetzt wünschte er sich – inständig –, Nell Todds Respekt zu erringen.
Er wanderte den Strand entlang, wie er es als Junge getan hatte. Rastlos. Und ging nach Hause, wie er es als Junge getan hatte. Ohne die geringste Lust.
Wie sollte er erklären, dass, obgleich er das Haus auf dem Kliff liebte, er sich dort niemals zu Hause gefühlt hatte? Er fühlte keinerlei Bedauern, als sein Vater es verkaufte.
Die Bucht, die Höhle hatten ihm einst viel bedeutet. Aber das Haus selbst war nichts weiter als Holz und Glas. Ihm fehlte jede Wärme. Ansprüche gab es dagegen reichlich: ein Logan zu sein, Erfolg zu haben und sich auszuzeichnen.
Nun, er hatte allen drei Ansprüchen genügt, fragte sich aber jetzt, was es ihn gekostet hatte.
Er dachte wieder an den Geist des Todd-Hauses. Er war fest davon überzeugt, dass Häuser Geister haben, und ihre strahlten
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