Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)
hinüber in ihre Träume.
Sie sah sich selbst, wie sie als Kind in dem Rosengarten saß, den ihre Eltern verkommen ließen. Schmetterlinge flatterten auf ihre erhobenen Hände, als wären ihre Handteller Blüten.
Sie und Ripley, so jung und so erwartungsvoll, entzündeten das Beltane-Feuer in der Lichtung.
Sie, ausgestreckt auf dem Boden vor dem Kamin, während Lulu im Sessel saß und strickte.
Sie, am Strand, zusammen mit Sam, in einer heißen innigen Sommernacht. Und ihr Herz klopfte, klopfte heftig, als er sie an sich zog, sich über sie beugte. Die Welt stand still, hielt ihren Atem an in diesem magischen Moment des ersten Kusses.
Sie fühlte den heißen Strom ihrer Tränen, den ihr zerbrochenes Herz fließen ließ. Er ging weg, sorglos, ließ sie zurück inmitten der ersten Frühlingsveilchen, zerbrochen und schmerzerfüllt.
Ich komme nicht zurück.
Mit diesem einen Satz hatte er sie in tausend Stücke zerschmettert.
Träume überfluteten sie. Sie sah sich in ihrem Sommergarten, wie sie Nell lehrte, die Luft zu bewegen. Sie fühlte die Freude wieder, als sie am Ende ihren beiden Schwestern die Hand reichte, sie vereint den Kreis der Macht bildeten.
Sie sah Nells Hochzeit, weich und rein, und Ripleys, stark und vertrauensvoll. Sie sah, wie sie einen weiteren Kreis bildeten, ohne sie, wie es bestimmt war.
Und sie war allein.
»Das Schicksal treibt uns, und wir müssen wählen.«
Sie stand jetzt auf den Klippen, mit der, die Feuer genannt wurde. Mia drehte sich um, sah in das Gesicht, das dem ihren so ähnlich war, und fragte sich, ob ihre eigenen Augen auch so gequält, so traurig aussahen.
»Ich bedaure keine meiner Entscheidungen«, sagte Mia.
»Auch ich nicht. Auch könnte ich sie nicht mehr ändern.«
»Aus Liebe zu sterben ist eine schlechte Wahl.«
Die, die man Feuer nannte, hob ihre Augenbrauen, und in dieser Geste lag eine angeborene Souveränität. In dem Nachtwind wehte ihr Haar wie ein Flammenmeer. »Dennoch habe ich sie getroffen. Hätte ich mich anders entschieden, Tochter, wärest du vielleicht jetzt nicht hier. Wärest nicht das, was du bist. Also fühle ich kein Bedauern. Wirst du am Ende das Gleiche von dir behaupten können?«
»Ich genieße meine Gabe und schade niemandem. Ich lebe mein Leben und lebe es gut.«
»Genau wie ich.« Sie breitete ihre Arme aus. »Wir halten stand an diesem Ort, aber die Zeit wird knapp. Sieh.« Sie wies auf den Nebel, der die Felsen heraufkroch. »Es verzehrt sich nach dem, was es nicht haben kann, und was es nicht haben kann, wird es am Ende besiegen.«
»Was gibt es, was ich noch nicht getan habe?«, fragte Mia. »Was bleibt mir?«
»Alles.« Mit einem leisen Lächeln entschwand sie.
Und Mia war allein.
11
Die Kerzen waren fast abgebrannt, und die Luft war von Düften und warmem Licht erfüllt, als sie erwachte. Sie spürte seine Anwesenheit schon, bevor sie sich selber wahrnehmen konnte. Die Wärme seiner Hand über ihrer, das Gewicht seiner Sorgen.
Für einen Augenblick war sie wieder ganz jung, und ihr Herz war von Liebe erfüllt.
Aber sie öffnete die Augen und sah ihn – einen Mann, keinen Jungen. Was sie früher gefühlt hatte und was sie jetzt fühlte, rieb sich aneinander.
»Hier, trink dies.« Wie schon Stunden zuvor, hob er ihren Kopf an und hielt ihr eine Tasse an die Lippen.
Aber dieses Mal schnupperte sie neugierig daran, bevor sie trank. »Tausendgüldenkraut. Gute Wahl.«
»Wie geht es dir?«
»Ganz gut. Besser als dir, würde ich sagen.« Er hatte müde Augen, wie sie bemerkte. Sein Haar war durcheinander. »Es gab keinen Grund, die ganze Nacht wach zu bleiben.« Die Katze, die neben ihr lag, stupste ihre Hand an, um sich ihre Streicheleinheit zu holen. »Wie spät ist es?«
»Die Sonne geht gerade auf.« Sam erhob sich und löschte die Kerzen. »Du hast nur neun Stunden geschlafen. Du könntest bestimmt noch ein paar mehr gebrauchen.«
»Nein.« Sie setzte sich auf, schüttelte ihr Haar zurück. »Ich bin jetzt wach. Und ich sterbe vor Hunger.«
Er sah sie an, wie sie in ihrem alten Bett saß, das Gesicht rosig vom Schlaf und die schwarze Katze in ihrer Armbeuge.
Er hatte große Lust, sich neben sie zu legen. Sie einfach nur im Arm zu halten, mit ihr zusammenzuliegen, einfach nur bei ihr zu sein. »Ich werde dir etwas machen.«
Sie machte ein zweifelndes Gesicht: »Du willst Frühstück machen?«
»Eier und Toast bekomme ich gerade noch hin«, grummelte er und stakste aus dem Raum.
»Verrückt«, sagte Mia
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