Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
…«
    Sie verstummte, weil der Chief die Hand hob. »Lieutenant, wir versuchen hier eine tickende Bombe zu entschärfen. Wir haben eine ganze Reihe von Fragen zu beantworten. Die wichtigsten kreisen darum, inwieweit wir für diese Sache verantwortlich sind. Die Protokolle, Berichte, Aussagen und Mitschnitte beweisen, dass Sie Ihrer Verantwortung korrekt nachgekommen sind.« Er wandte sich wieder an den Commander. »Als dann geschossen wurde …«
    Nach der Besprechung ging Phoebe zum Schießstand, um ihren Frust abzulassen. Sie setzte ihre Ohrenschützer auf und schoss einen Clip.
    Angesichts ihrer Ergebnisse konnte sie nur laut aufseufzen. Sie versuchte es erneut.
    »Du warst schon immer eine katastrophale Schützin«, sagte Dave, der zu ihr gekommen war.
    Phoebe setzte die Ohrenschützer wieder ab, musterte die Zielscheibe und zuckte nur mit den Schultern. »Total katastrophal. Ich übe auch viel zu selten.«
    »Eine gute Verhandlerin wird nur selten die Waffe ziehen, geschweige denn schießen müssen. Nicht, wenn sie so gut zuhören und reden kann wie du. Was wolltest du vorhin in der Besprechung eigentlich bezwecken?«
    »Ich habe Fragen gestellt, so, wie es mir beigebracht wurde. Ich will nicht das Wesentliche übersehen, die Erklärung ist mir zu einfach.«
    »Phoebe, du machst den Job eigentlich schon lange genug, um zu wissen, was für Folgen es für die Psyche hat, wenn man jemanden verliert.«
    Während er sprach, visierte er ein neues Ziel an. Nachdem er seinen Clip abgefeuert hatte, betrachteten Phoebe und er seine Ergebnisse. »Du bist ebenfalls ein katastrophaler Schütze.«
    »Ja, aber nicht so katastrophal wie du. Wie hast du heute Nacht geschlafen?«
    »Schlecht. Ich kenne die Symptome, Dave. Ich fühle mich betrogen, gestresst, unruhig, gereizt. Aber das ist mir bewusst , und ich kenne auch den Grund dafür. Aber was ich nach wie vor nicht verstehe, ist, warum dieser Junge tot ist. Deswegen habe ich in der Besprechung meinen Mund aufgemacht.«
    »Phoebe, der Chief ist nicht gerade ein besonders kreativer Denker. Er ist mehr Politiker als Polizist …«
    »Dasselbe habe ich mir auch schon gedacht. Ich glaube, wir haben noch mehr gemeinsam, als nur schlechte Schützen zu sein.«
    Er lachte kurz auf und klopfte ihr auf die Schulter. »Glaub mir, der macht sich Sorgen um den Ruf. Er will den Fall nicht hochkochen lassen. Es ist nun mal so, Phoebe, dass sowohl der gesunde Menschenverstand als auch die Umstände dafür sprechen, dass ein Gangmitglied für die Sache verantwortlich ist. Revierstreitigkeiten. Und genau dieser Spur wird nachgegangen.«
    »Vielleicht sollte man sich mal nach anderen Spuren umsehen.« Sie hob die Waffe und schoss erneut.
    Wie dumm sie doch gewesen war, dachte Phoebe später. Es war dumm gewesen, Salz in die Wunde zu streuen und alle Beteiligten nur noch mehr zu verärgern. Jetzt waren politisches Kalkül und eine gute Pressearbeit gefragt, ermahnte sie sich, während sie in ein graues Kostüm schlüpfte – Schwarz kam ihr dann doch zu übertrieben vor.
    Sie hatte dem Fall nichts hinzuzufügen, was nicht bereits offiziell bekannt war, wenn man von den wenigen Minuten, bevor sie mit dem Geiselnehmer verhandelte, und der schrecklichen Katastrophe, die sich anschließend im Diner abgespielt hatte, einmal absah.
    Niemand mag Besserwisser, ermahnte sie sich.
    Sie würde Charles Johnson die letzte Ehre erweisen und dann mit der Sache abschließen. Kein Kommentar, befahl sie sich, außer sie erhielt andere Anweisungen. Was hätte sie auch sagen sollen?
     
    Sie betrat das Wohnzimmer. Ihre Mutter häkelte vor dem Fernseher, und Carly lag auf dem Boden und blätterte in einem Buch.
    »Ich bin kurz weg, aber in einer Stunde wieder da.«
    »Mama, warte mal. Mama, schau! Sind die nicht süß?«
    Carly rappelte sich auf und streckte ihr das Buch entgegen. Die Seite zeigte ein paar drollige Hunde. »Und ob, mein Schatz. Sie könnten gar nicht süßer sein. Aber sie müssen auch Fressen und Wasser bekommen und ausgeführt werden. Ihre Häufchen müssen entsorgt, und sie müssen erzogen werden, außerdem …«
    »Aber du hast doch selbst gesagt, dass wir uns irgendwann einen Hund anschaffen.«
    »Ich hab gesagt, ›vielleicht irgendwann‹.« Und auch das nur, weil sie den großen blauen flehenden Augen nicht hatte widerstehen können. »Aber ob dieses ›irgendwann‹ schon sehr bald ist, wage ich doch zu bezweifeln. Lass uns ein andermal weiterreden, denn ich muss jetzt los. Außerdem kann

Weitere Kostenlose Bücher