Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
Nachdenklich ließ Ma ihren Blick über den Garten schweifen. »Ich wüsste nicht, was ich tun würde, wenn ich nicht dahin gehen könnte, wohin ich will und wann ich das will. Die Nachbarn besuchen, auf den Markt fahren. Angst ist eine schlimme Last. Und Verantwortung ebenfalls. Das ist alles ziemlich kompliziert, Duncan, von dieser furchtbaren Sache einmal ganz abgesehen.«
»Sie scheinen einen Weg gefunden zu haben, sich damit zu arrangieren, und meist funktioniert es auch. Aber Phoebe – sie ist diejenige, die das alles aufrechterhält, verstehst du? Sie weiß, was sie tun muss. Das habe ich gleich gesehen, als sie an jenem Tag in Joes Wohnung gekommen ist. Das … das hat mich regelrecht hypnotisiert.«
»Du bist völlig vernarrt in sie, was?«
Er lächelte unmerklich, als er das Glas hob. »Ich denke schon. Schlechtes Timing, würde ich sagen. Es ist nicht gerade leicht, einer Frau unter diesen Umständen den Hof zu machen.« Er zuckte die Achseln. »Aber das kann warten. Doch das Arschloch, das es auf sie abgesehen hat, muss so schnell wie möglich gefasst werden.«
»Es ist ihre Aufgabe, ihn zu finden.« Sie fächelte sich mit ihrem Hut Luft zu und musterte ihn. »Es fällt dir schwer, dich zurückzuhalten und sie ihren Job machen zu lassen.«
»Ja. Ja, du hast ja recht. Vor allem unter den gegebenen Umständen. Ich meine, Himmelherrgott noch mal – entschuldige«, verbesserte er sich, als sie die Augen schmal zog. »Dieser Typ will sie tot sehen. Und nicht nur das, vorher will er sie so richtig leiden sehen. Wenn einem jemand wichtig ist – soll man sich dann zurückhalten, wenn andere ihn bedrohen?«
Ma brach einen Keks entzwei und gab ihm eine Hälfte. »Bist du deswegen zu mir gekommen? Damit ich dir sage, was du tun sollst?«
»Nein. Nicht direkt. Sie hat viel Ähnlichkeit mit dir. Sie tut, was getan werden muss. Sie kümmert sich um ihre Familie. Und sie kann es überhaupt nicht leiden, wenn man ihr sagt, was sie tun oder lassen soll. Ich versuche nur herauszufinden, wie ich ihr helfen kann, ohne sie zu nerven und ohne, dass sie mich aus verletztem Stolz oder Wut absägt. Die Frau hat nämlich ein ziemliches Temperament.«
»Hm-hm. So wie heute, als du fandest, dass Ma Bee lange genug in der Sonne war. Sie sollte sich lieber mal hinsetzen und etwas Kaltes trinken. Deshalb richtest du schon mal alles her, damit du mir das nicht so direkt sagen musst und wir streiten.«
Er grinste und biss in einen weiteren Keks. »So was in der Art.«
»Du bist äußerst raffiniert, mein Junge, ich hab das immer an dir bewundert. Dir wird schon was einfallen. Und jetzt geh Unkraut jäten, während ich mir noch ein Glas Tee genehmige.«
»Jawoll, Ma’am.«
Als er aufstand, klingelte sein Handy. »Es ist Phoebe«, sagte er, als er die Nummer auf dem Display sah. »Stell dir vor, ich bin gerade …«
Während sie sich noch einen Tee einschenkte, musterte Ma Duncans Gesicht. Sie kannte ihn gut genug, um die Gereiztheit in seinen Augen zu sehen. Nicht nur Phoebe besaß ein ziemliches Temperament, dachte sie.
»Ich hab heute noch ein paar Dinge zu erledigen. Nein, ich werde meine Pläne nicht über den Haufen werfen, nur weil … Phoebe, hör auf. Hör auf damit. Lass mich eines ein für alle Mal klarstellen: Du kannst mir keine Befehle erteilen, ganz einfach weil ich nicht für dich arbeite. Nein, jetzt sei du mal eine Minute ruhig, verdammt noch mal. Ich werde meine Pläne nicht ändern, nur weil mir vielleicht irgendein Geisteskranker auf den Fersen sitzt und vielleicht beschließt, mir irgendwas anzutun. Und ich werde auch ganz bestimmt nicht nach Hause fahren und mich wie eine hysterische Kuh daheim einsperren. Ich bin schon von genug Hysterikerinnen umgeben.«
Ma senkte nur den Kopf und seufzte.
»Ich und sexistisch? Schutzhaft? Du spinnst ja! Versuch’s doch, du wirst dich noch wundern! Ganz genau, wir werden schon noch sehen, wer den längeren Atem hat. Wenn du darüber reden willst, können wir das gerne tun. Aber von Angesicht zu Angesicht. Später. Im Moment bin ich nämlich beschäftigt, Lieutenant MacNamara. Auf Wiederhören.«
Er legte auf und schob das Handy in seine Hosentasche. »Sie will, dass ich alles abblase, nach Hause fahre und mich verstecke wie eine Memme. Sie droht mir, mich in Schutzhaft nehmen zu lassen, zu meiner eigenen Sicherheit. Aber das kann sie vergessen!«
»Wen rufst du jetzt an?«, fragte Ma, als er erneut das Handy herausriss.
»Deinen Sohn, meinen Anwalt. Mal
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