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Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Waffe und nahm einen großen Schluck. »Warum hat man Sie hier rausgeschickt?«
    »Mich hat niemand geschickt, ich bin freiwillig gekommen. Das ist mein Job.«
    »Wie bitte? Sind Sie Psychologin oder so was?« Er schnaubte verächtlich und nahm noch einen Schluck.
    »Nicht ganz. Ich rede mit den Leuten, vor allem, wenn sie in Schwierigkeiten sind oder es zumindest glauben. Was ist mit Ihnen, Joe?«
    »Ich bin ein Versager, das ist alles.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Meine Frau hat mich verlassen. Wir waren nicht mal ein halbes Jahr verheiratet, und schon ist sie weg. Dabei hat sie’s mir mehrfach gesagt. Wenn ich wieder mit dem Spielen anfange, ist sie weg. Ich hab nicht auf sie gehört, ich hab ihr einfach nicht geglaubt.«
    »Das scheint Sie wirklich wahnsinnig traurig zu machen.«
    »Sie war das Beste, was mir je passiert ist, und ich hab’s’s versaut. Ich dachte, ich würde gewinnen – ich wollte noch ein paarmal gewinnen und dann endgültig aufhören. Aber es hat nicht geklappt.« Er zuckte die Achseln. »Es klappt nie.«
    »Aber das ist doch noch lange kein Grund, sich umzubringen. Von einem geliebten Menschen verlassen zu werden ist schlimm, und es tut weh. Aber wenn Sie sich jetzt umbringen, können Sie’s nie wiedergutmachen. Wie heißt denn Ihre Frau?«
    »Lori«, murmelte er, während ihm wieder die Tränen kamen.
    »Ich glaube nicht, dass Sie Lori wehtun wollen. Wie glauben Sie, wird sie sich erst fühlen, wenn Sie das tun?«
    »Warum sollte ihr das jetzt noch was ausmachen?«
    »Sie hat Sie immerhin so sehr geliebt, dass sie Sie geheiratet hat. Macht es Ihnen was aus, wenn ich mich hierher setze?« Sie klopfte wenige Meter von ihm entfernt auf den Dachvorsprung. Da er nur mit den Achseln zuckte, setzte sie sich und nippte an ihrem Getränk. »Ich glaube, wir finden eine Lösung, Joe. Wir finden eine Möglichkeit, Ihnen und Lori zu helfen. Sie klingen wie jemand, der eine Lösung finden möchte.«
    »Ich bin meinen Job los.«
    »Das ist schlimm. Was war das für ein Job?«
    »Ich war an der Bar in dem Laden da unten. Lori wollte nicht, dass ich in einer Sportsbar arbeite, aber ich hab ihr gesagt, dass ich das im Griff habe. Aber das stimmte leider nicht. Ich hab angefangen, heimlich mitzuwetten. Und als ich anfing zu verlieren, hab ich in die Kasse gegriffen, damit sie nichts merkt. Je mehr ich gewettet habe, desto mehr habe ich verloren und desto mehr habe ich gestohlen. Dann wurde ich erwischt und gefeuert. Mit der Miete war ich auch schon im Rückstand.«
    Er griff nach der Waffe und drehte sie in seiner Hand. Phoebe konnte sich gerade noch beherrschen, nicht instinktiv in Deckung zu gehen. »Wozu das alles? Ich hab doch nichts mehr.«
    »Ich kann gut verstehen, dass Sie das derzeit so sehen. Aber es ist nun mal so, dass Ihnen noch viele Möglichkeiten offenstehen, Joe. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Wenn Sie sich jetzt umbringen, ist es vorbei, und zwar endgültig. Dann gibt es kein Zurück mehr, dann können Sie sich weder mit Lori noch mit sich selbst aussöhnen. Wie würden Sie sich denn mit ihr versöhnen, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?«
    »Keine Ahnung.« Er sah über die Stadt hinweg. »Ich kann Musik hören. Die muss von der Parade stammen.«
    »Das Leben ist lebenswert, auch für Sie. Welche Musik hören Sie denn gern?«
    Drinnen in der Wohnung wandte sich Duncan an Dave. »Musik? Was für Musik er mag? Was zum Teufel macht die Frau da draußen?«
    »Sie verwickelt ihn in ein Gespräch. Sie überredet ihn, wieder runterzukommen. Jetzt antwortet er.« Dave wies mit dem Kinn auf den Mann auf dem Dach. »Solange er über Coldplay redet, stürzt er sich nicht vom Dach.«
    Duncan hörte zu, während sie sich die nächsten zehn Minuten über Musik unterhielten. Eine Unterhaltung, die er in jeder Bar oder jedem Restaurant der Stadt hätte hören können. Als er sich klarmachte, dass Joe auf dem Dach saß, kam ihm die ganze Szene völlig irreal vor. Als er sich klarmachte, dass die zierliche, durchtrainierte Rothaarige mit den Katzenaugen Small Talk mit einem halb nackten, bewaffneten Barmann mit Selbstmordabsichten machte, kam ihm das vor wie ein Ding der Unmöglichkeit.
     
    »Meinen Sie, ich sollte Lori anrufen?«, fragte Joe unsicher.
    »Möchten Sie das denn?« Sie wusste schon, dass man versucht hatte, Joes Ehefrau zu erreichen, leider ohne Erfolg.
    »Ich möchte ihr sagen, dass es mir leidtut.«
     
    »Schauen Sie mich an, Joe.« Als er ihr den Kopf zuwandte, sah sie

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