Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
Deinen Job bist du los.«
Meeks ging fest entschlossen zur Zellentür. »Wache!«, rief er und ließ seinen Sohn allein.
Am Sonntag beschloss Phoebe, die Armschlinge wegzulassen. Sie war es leid, damit rumzulaufen, und sie hatte genug von den Medikamenten und den blauen Flecken.
Heute ging es ihr auch schon etwas besser, als sie aus der Dusche kam, zumal sie es vermieden hatte, sich im Spiegel anzusehen. Es gelang ihr, sich ohne größere Schwierigkeiten den Bademantel überzuziehen. So, wie es aussah, würde sie es vielleicht nicht nur schaffen, mit den anderen zu Abend zu essen, sondern auch, bis zehn Uhr aufzubleiben, bevor sie ihre Kräfte wieder im Stich ließen.
Zurück in ihrem Zimmer, kam ihre Schwägerin herein. »Klopf, klopf«, sagte Josie mit einem herzlichen Lächeln. »Wie geht es denn unserer Patientin heute so?«
»Ich habe mich aus der Behindertenstatistik gelöscht, danke der Nachfrage.«
»Das lass mal lieber mich entscheiden. Zieh den Bademantel aus.«
»Ach, komm schon, Josie.«
Josies Lächeln wurde breiter. Sie war gerade mal 1,58 m groß und wog mit Kleidern höchstens knapp fünfzig Kilo. Aber hinter dem engelsgleichen Lächeln verbarg sich ein Sturkopf, der der schlimmsten Oberschwester Konkurrenz machte.
»Zieh den Bademantel aus, Süße, sonst sag ich’s deiner Mutter.«
»Das ist gemein.«
»Ich bin gemein.«
»Ich glaube, ich fliehe nach Atlanta und miete mir dort eine Wohnung, ohne eine Adresse zu hinterlassen.« Trotzdem ließ Phoebe den Bademantel fallen.
Mitleid leuchtete in Josies großen braunen Augen auf, aber ihre Stimme blieb sachlich. »Die blauen Flecken werden immer blasser. Auch die Hüfte sieht schon viel besser aus. Aber die Schulter muss nach wie vor ziemlich wehtun.«
»Es geht so.«
»Wie weit kannst du sie bewegen?«
»Ich bin immer noch froh, ein paar BHs zu haben, die vorne zugehakt werden, aber es wird langsam.«
Josie nahm Phoebes Hände und drehte sie um. Diese Verletzungen machten ihr seelisch mehr zu schaffen als alle anderen. »Die Schürfwunden an den Handgelenken sehen schon sehr gut aus.«
»Diese verdammten Krusten! Darf ich mich jetzt wieder anziehen?« Josie hob den Bademantel auf und half Phoebe hinein. »Hast du irgendwelche Probleme mit dem Auge?«
»Nein, alles bestens. Und auch die Kopfschmerzen sind nicht mehr so schlimm, falls es dich interessiert. Ich kann meinen Kiefer berühren, ohne das Gefühl zu haben, dass er und mein Gehirn von Nägeln durchbohrt werden. Im Großen und Ganzen geht es mir gar nicht so schlecht.«
»Deine Verletzungen verheilen gut. Du bist eben noch jung und körperlich topfit.«
»Wusst’ ich’s doch, dass diese Pilatesübungen zu irgendwas gut sind! Du hättest nicht extra herkommen brauchen, um mich zu untersuchen, Josie.«
»Du hast auch nur deshalb das Vergnügen, weil ich hergekommen bin, damit mir Ava zeigt, wie man die Zitronenbaisertorte backt. Die sie bekanntlich nur macht, weil es Daves Lieblingskuchen ist. Warum krallt sie sich den Mann nicht endlich und sieht zu, dass die Geschichte richtig in Gang kommt?«
»Ich wünschte, ich wüsste, warum.« Phoebe ging zur Kommode mit ihrer Unterwäsche. »In all den Jahren ist es das erste Mal, dass beide gleichzeitig Singles sind. Er ist jetzt schon seit zwei Jahren geschieden. Und trotzdem tun beide so, als wären sie nur gute Freunde.«
»Wir könnten ein Blind Date für sie arrangieren. Du erzählst ihm einfach, du kennst da jemanden, und ich erzähl ihr dasselbe, aber nicht, um wen es sich handelt. Und dann …«
»Wenn wir versuchen, sie zu verkuppeln, werden wir uns garantiert die Finger verbrennen.«
Josie schmollte. »Dasselbe hat Carter auch gesagt. Na gut, ich gebe ihnen noch ein halbes Jahr, aber dann geh ich das Risiko ein. Soll ich dir beim Anziehen helfen?«
»Ich komm schon klar.«
»Aber jetzt mal unter uns.« Josie beobachtete Phoebe, während diese in eine Bluse schlüpfte, und sah, dass sie wieder beweglicher war. »Wie geht es dir sonst so?«
»Gut. Ich kenne die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Ich hatte ein paar Albträume, aber das ist ganz normal.«
»Es ist auch normal, dass sich der Stress aufstaut, wenn man meint, ihn unterdrücken zu müssen, um die Familie nicht zu beunruhigen.«
»Wenn ich mich abreagieren muss, hab ich schon meine Methoden, keine Sorge. Nächste Woche fange ich wieder Vollzeit an zu arbeiten. Das wird mir helfen.«
»Gut. Ruf mich an, wenn du mich brauchst.«
Um
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