Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
eine Affäre haben?
Die Antwort auf diese Frage lautete selbstverständlich nein. Nicht, wenn sie mit ihrer Tochter, ihrer Mutter und einer Art älterer Schwester unter einem Dach lebte.
»Iss das auf, Carly, wir wollen schließlich nicht zu spät kommen. Außerdem habe ich ganz vergessen euch zu fragen, ob jemand Neues in die Nachbarschaft gezogen ist.«
»Lissette und Morgan Fryes Tochter Mirri ist auf Besuch …«
»Nein, ich dachte eher an einen Mann.«
»Falls es mit Duncan nicht klappt?«, fragte Ava lachend.
»Nein, nein, das nicht.« Phoebe schüttelte amüsiert den Kopf. »Ich dachte, ich hätte hier ein neues Gesicht gesehen, mehr nicht.« Dabei hatte sie sein Gesicht gar nicht richtig gesehen, fiel Phoebe auf. »Jemand, der pfeift. Was ist das nur für eine Melodie? Sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf, ohne dass ich sie richtig zuordnen kann.«
Sobald sie zu summen begann, schaltete sich Essie ein. » High Noon – Zwölf Uhr mittags . Du weißt ja, wie sehr ich diese alten Streifen liebe. Das ist die Titelmelodie des Films mit Gary Cooper und Grace Kelly. Ach, war das eine Schönheit! Und er erst, das war ein Mann nach meinem Geschmack! ›Do not forsake me, oh, my darlin’‹ «, sang sie mit ihrer hohen, hübschen Stimme.
»Stimmt, genau das ist es. Ein komisches Lied zum Pfeifen. Na ja.«
Zumindest dieses Rätsel war gelöst. »Carly, jetzt aber schnell.«
Sobald sie im Auto saßen, drehte Phoebe sich zu Carly um. »Stört es dich, wenn ich mit Duncan ausgehe? Oder überhaupt mit einem Mann?«
»Nein. Aber wenn du zu alt für einen Freund bist, warum machst du’s dann?«
Ertappt. »Damit meinte ich nur, dass das Wort Freund etwas albern klingt bei einer erwachsenen Frau.« Bei einer geschiedenen Frau mit Kind, dachte Phoebe.
»Celenes Mutter gibt richtig an mit ihren Freunden. Davor hatte sie drei und …«
»Ich bin aber nicht Celenes Mutter. Und ich weiß auch nicht, ob ich es gut finden soll, dass sie vor euch so viel von ihren Freunden spricht.«
»Sie redet hauptsächlich mit ihren Freundinnen darüber, aber Celene belauscht sie. Und dann reden wir darüber.«
»Oh.« Phoebe atmete hörbar aus und ließ den Motor an. »Stört es Celene, dass ihre Mutter so oft ausgeht?«
»Sie mag den Babysitter. Terri ist fünfzehn, sie schminken sich zusammen und sehen fern. Außerdem bringen die Freunde Celene manchmal Geschenke mit oder nehmen sie irgendwo mit hin.«
»Ich weiß genau , was du jetzt denkst«, sagte Phoebe lachend. »Du bist so was von berechnend.«
Phoebe kehrte von einem Selbstmordversuch zurück, der nichts weiter war als ein trauriger, lächerlicher Schrei nach Aufmerksamkeit, und traf Sykes, der sie aus dem Aufenthaltsraum winkte.
»Ich will Sie nur kurz vorwarnen, Lieutenant. Sie haben das rat squad im Büro.«
»Das Büro für interne Angelegenheiten ist hier?«
»Einer davon. Er ist seit fünf Minuten da.«
»Danke.« Das musste ja kommen.
Lieutenant Blackman war ein angegrauter Mann um die fünfzig. Er hatte einen Bierbauch, ein rotes Gesicht und knochige, trockene Hände.
»Es tut mir leid, dass ich Sie warten ließ, Lieutenant. Hatten wir heute Nachmittag einen Termin?«
»Sie haben mich nicht warten lassen. Ich dachte, wir könnten ein paar Worte wechseln, anstatt ein offizielles Gespräch zu führen. Aber wenn Sie Letzteres bevorzugen, lässt sich das natürlich auch einrichten.«
Wie in ein modisches Kostüm schlüpfte Phoebe in die Rolle der höflichen Südstaatenfrau. »Ich glaube, Letzteres wäre mir lieber, bis ich weiß, was für eine Art Unterhaltung Sie sich vorstellen.«
»Es geht um die Aussagen und Anschuldigungen von Officer Arnold Meeks gegen Sie.«
»Wie Sie sicherlich wissen, ist Arnold Meeks kein Officer mehr.«
»Aber wie Sie sicherlich wissen, war er einer, als er diese Aussagen und Anschuldigungen vorbrachte. Ich hoffe, Sie erholen sich gut von Ihren Verletzungen.«
»Ja, das tue ich, vielen Dank. Lieutenant Blackman, wenn wir ein inoffizielles Gespräch führen – möchten Sie dann einen Kaffee?«
»Nein, danke, ich will nichts. Bevor Sie angegriffen wurden, haben Sie da Officer Arnold Meeks vom Dienst suspendiert?«
»Ja.«
»Und aus welchem Grund?«
»Das wurde alles ausführlich in den Akten vermerkt.« Sie schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln. »Brauchen Sie eine Kopie?«
»Ich habe eine.«
Ein harter Brocken, dachte Phoebe, lächelte aber ungerührt weiter und legte den Kopf schräg. »Na dann.«
»Officer
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