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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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merkwürdiger war: dass er sie das gefragt oder dass sie zugestimmt hatte.
     
    Am selben Abend beim Essen auf der Veranda fragte sie ihn, wann er fahren wolle. Er sagte, er habe sich noch nicht entschieden. Sie nickte, doch ihr Gesicht drückte Enttäuschung oder Ärger aus, eins von beiden. Er fragte sie, ob sie eine Präferenz habe. Sie zögerte, schüttelte dann den Kopf.
    Es ist nur …, sagte sie.
    Er wartete ab.
    Also … ich brauche einen Hut.
    Er stutzte. Einen Hut?
    Sie nickte. Ich möchte bloß sichergehen, dass ich vor der Abreise noch Zeit genug habe, in die Stadt zu fahren und mir einen Hut zu kaufen.
    Er nickte, als leuchtete ihm das ein. Doch dann fragte er:
    Im Haushaltswarenladen? Meinst du einen Arbeitshut? Er überlegte, was an ihrem Hut, dem guten, robusten Strohhut, den sie im Jahr zuvor auf dem Markt in Malaga gekauft hatten, auszusetzen sein mochte.
    Sie schüttelte den Kopf. Nein, so einen Hut, wie ich ihn haben möchte, gibt es im … Damenbekleidungsgeschäft.
    Er musste einen Moment nachdenken, wo das überhaupt war. Wenn er sich recht erinnerte, hatte er noch nie Anlass gehabt, dort hineinzugehen. Er fragte sich, ob Angelene wohl schon einmal da gewesen war und falls ja, wann und zu welchem Zweck. Er spürte leise Neugier.
    Im Damenbekleidungsgeschäft?
    Angelene nickte. Wir nehmen den Zug, oder? Wenn wir mit dem Zug fahren, dann … dann brauche ich einen Hut.
    Er hatte sie noch nie so reden hören und wusste nicht, was er davon halten sollte. Aber wenn sie einen Hut haben wollte, nun gut, dann sollte sie einen haben. Sie war vermutlich nervös, und ein Hut würde ihr vielleicht Sicherheit geben. Sie war kein Kind gewesen, das je um irgendetwas bat: Wenn sie in die Stadt gingen, bettelte sie nie um Bonbons oder Kinkerlitzchen, wie er es andere Kinder tun hörte, schon gar nicht in diesem weinerlichen Ton; nein, sie war immer ein Muster an Bravheit und Gehorsam gewesen. Oder vielleicht war Gehorsam nicht das richtige Wort, denn er stellte ja keine Regeln auf, denen sie gehorchen sollte. Aber sie gehorchte ihm trotzdem; sie gehorchte seinem unausgesprochenen Willen. Er hatte Glück gehabt, dachte er. Wenn sie einen Hut haben wollte, dann sollte sie ihn haben.
    Und wenn sie zwei Hüte haben wollte, dürften es auch zwei sein.

    Am nächsten Tag in der Stadt setzte Talmadge mithilfe des Richters ein Schreiben an den Amtsrichter von Chelan auf, in dem er ihm ankündigte, dass er Della in drei Tagen noch einmal zu besuchen beabsichtige; falls der Zeitpunkt nicht passe, bitte er um unverzügliche Nachricht. Er schickte den Brief ab und ging dann ins Wirtshaus, um auf Angelene zu warten, von der er sich am Morgen vor dem Damenbekleidungsgeschäft verabschiedet hatte. Er hatte ihr nicht angeboten, mit hineinzugehen, und sie hatte ihn nicht dazu aufgefordert. Sie schien schon vorher genau zu wissen, was sie wollte, doch sobald sie die Tür zu dem Geschäft öffnete, sobald sie draußen auf dem Gehweg seine Hand losließ, kam ein verlorener Ausdruck in ihr Gesicht. Eine Dame würde dort sein, dachte er zu seiner Beruhigung, und ihr helfen. Eine Frau, die genau wüsste, wie sie ihr helfen könnte, und dafür weit besser geeignet wäre als er.
    Er bestellte sich eine Tasse Kaffee. Er saß am Tresen. Ein paar Männer in der Ecke unterhielten sich aufgeregt. Einer von ihnen rief ihm zu: Sie wollen doch heute nicht mit dem Zug fahren, oder? Talmadge schüttelte den Kopf und fragte, was denn los sei. Der Mann sagte, auf dem Pass sei ein Teil der Gleise früh am Morgen von einem Bergrutsch beschädigt worden und die ganze Strecke daraufhin womöglich für den Rest des Sommers stillgelegt. Der Mann schüttelte ungläubig den Kopf, entsetzt, aber auch freudig erregt, so wie es vielen Menschen mit schlechten Nachrichten geht oder zumindest mit der Möglichkeit, über schlechte Nachrichten, die sie nicht unmittelbar selbst betreffen, zu diskutieren. Ein anderer meinte, es würde bestimmt alles schon früher wieder funktionieren, man sage das jetzt nur so, damit die Leute nachher überrascht und froh seien, wenn es viel schneller ginge. Die Männer waren sich alle einig, dass es so kommen würde.
    Talmadge fragte sich beim Verlassen des Wirtshauses, warum sie die ganze Strecke stilllegten, wenn doch nur ein Teil davon beschädigt war – warum nicht den Zugverkehr bis zu dem Bahnhof vor der betroffenen Stelle aufrechterhalten? Aber er war kein Ingenieur; diese Männer hatten zweifellos ihre Gründe.
    Als

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