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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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immer einhergingen. Nichts regte sich.
    Jane kratzte sich im Baum an der Wade. Sie waren beide sehr hungrig und sehr enttäuscht wegen des Essens. Aber das war es wert. Nun wusste er, dass sie aufpassten.

    Und dann war da eine merkwürdige Bewegung tief in Dellas Innerem, eine Art Drehen.
    Es war Morgen. Jane, die hinter das Klohäuschen beim Schuppen gegangen war, um sich zu übergeben, kam gerade zu Della zurück. Beim Anblick ihrer Schwester, die offenbar Schmerzen hatte, wurde ihr selbst wieder übel, und in dem Glauben, auch Della sei schlecht – was nicht der Fall war –, nahm Jane ihr die Haare, die ihr über eine Schulter hingen, zusammen, drehte sie ein und beugte sich leicht vor, um Della beizustehen, falls sie spucken musste. Diese Geste – das Eindrehen der Haare und das Vorbeugen – erinnerte Della an ihre Mutter, die es genauso gemacht hatte, wenn sie als kleine Kinder krank gewesen waren.
    Ein wenig früher, vor Sonnenaufgang – vielleicht war es auch noch Nacht, denn die Sterne standen am Himmel –, war Della auf dem Rücken liegend aufgewacht und hatte gespürt, wie sich etwas in ihrem Bauch zusammenzog und schrecklich hart wurde. Sie atmete flach, bis der Schmerz zu groß wurde, und versuchte, sich auf die Seite zu drehen, schaffte es aber nicht. Sie trat nach Jane, bis ihre Schwester endlich aufstand und merkte, dass mit Della etwas nicht stimmte. Janes Gesicht über ihrem, besorgt.
    Was ist los?
    Ich weiß nicht …
    Anstatt stärker zu werden, klang der Schmerz im Laufe des Tages ab. Am Abend ging es ihr so gut wie schon lange nicht mehr, sie hatte einen klaren Kopf, war fast ein bisschen euphorisch, und ihr Körper war locker und beweglich, als wäre sie ein großes Rennen gelaufen.
    Die Frau, Caroline Middey, kam am Nachmittag auf die Plantage. Jetzt saßen sie und der Mann auf der Veranda. Es war noch nicht dunkel genug, um die Laternen anzünden zu müssen.
    Caroline Middey war schon einmal da gewesen. Sie war auf der Plantage herumgelaufen, während der Mann arbeitete, und hatte versucht, die Mädchen zu sich zu locken. Hatte nach ihnen gerufen, obwohl sie sie nicht sehen konnte. Sie spürte, dass sie nicht weit waren. Mit langsamen Schritten, ihre Rocksäume aus dem Gras haltend, durchstreifte sie die Plantage.
    Kommt zur Hütte, rief sie, damit ich mir euch ansehen kann. Ich möchte mir eure Babys ansehen. Niemand tut euch etwas, kommt, ihr braucht keine Angst zu haben …
    Sie kamen nicht zu ihr, aber das hatte sie vorausgesehen, und schließlich holte sie aus ihren Rocktaschen in Papier gewickeltes Karamell heraus und rief: Ich habe hier was Süßes für euch, Karamell, mal sehen – ich hab die harten, die man lutschen kann, und dann die weichen, so was wie Butterkaramell. Als sie das hörte, brach Della der Schweiß aus – Karamell! –, und sie wollte schon hinlaufen, aber Jane packte sie am Arm. Von dort, wo sie saßen, konnten sie die Frau sehen. Schließlich riss Della sich los und ging zu ihr, leise, bis sie direkt hinter ihr stand, sodass Caroline Middey sich jäh umdrehte und sagte: Oh! Da bist du ja …
    Die beiden Mädchen wollten sich nicht in der Hütte untersuchen lassen, also sagte Caroline Middey ihnen, sie sollten sich auf den Tisch legen, der an einer Seite der Hütte im Schatten stand, mit einer riesigen Rolle Schnur an einem Ende. Der Mann nutzte ihn manchmal für seine Baumarbeiten. Dort lag Della dann auf dem Rücken, das Kleid bis unter die Achseln hochgezogen, lutschte ein Karamellbonbon und blickte abwesend in den Himmel.
    Die meisten ihrer Peiniger waren Männer gewesen, aber es hatte auch Frauen darunter gegeben. Vor Michaelson war es Louisa Glassley, »Miss Weeza«, die Vorsteherin der Mädchen in dem Camp in Tacoma – dem ersten Ort, wo sie hingeschickt wurden, nachdem ihre Mutter gestorben war –, die, als Jane sich am Anfang einmal beschwerte, lachend gesagt hatte: Ihr werdet euch dran gewöhnen. Sie war die Einzige, die in dem Camp etwas zu sagen hatte, doch es gab dort noch andere, ältere Frauen, die den jüngeren übel gesonnen waren und sie bei jeder Gelegenheit schikanierten und quälten. Jane, die ein Liebling der Männer war, wollte einmal für einen bunten Abend ein Paar gute Stiefel anziehen und trat mit dem Fuß in Scheiße. Sie zuckte zurück, und die Frauen, die sie durch einen Türspalt beobachteten und nur darauf gewartet hatten, schrien vor Lachen. Oder es gab beiläufig Schläge, getarnt als Gerangel, Frotzelei und

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