Im Licht von Apfelbäumen | Roman
anderem Geschirr und Krimskrams im Schuppen. Dinge, die er im Laufe seines Lebens auf etlichen Märkten und in Gebrauchtwarenläden gefunden hatte. Die Leute brachten ihm manchmal Schätze von Haushaltsauflösungen in anderen Landkreisen mit.
Dachte, dies könnte dich interessieren, Talmadge.
Er besaß eine Sammlung Postkarten, kleine Porzellanglöckchen und Löffel mit Emblemen der fünfundvierzig Staaten auf den Griffen. Er bestellte nicht aus dem Katalog, sondern interessierte sich für die Produktion der Sachen und suchte sie dann in Gebrauchtwarenläden. Der Ladenbesitzer in ihrer Stadt kannte seine Vorlieben.
Auch Gegenstände konnten, wie die Landschaft, schließlich bisweilen etwas bedeuten – sie nahm jetzt den ersten heraus – und einem Trost spenden.
Diese Dinge hatte Angelene noch nie gesehen. Zwei Ambrotypien: eine von einer dunkelhaarigen Frau, die hinter zwei kleinen Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, auf einem Hügel stand und ihnen schützend die Hände auf die Brust legte. Die andere zeigte die Kinder allein, Hand in Hand vor einer Art Spalier in die Sonne blinzelnd. Außerdem waren da ein Paar sehr alter Kinderlederstiefel mit einer Krause vorne; ein weißes, vergilbtes Taufkleid und ein Paar Babyschuhe.
Talmadge hatte Angelene nichts von seiner Familie oder seiner Geschichte auf der Plantage erzählt. Was also dachte sie angesichts dieser Bilder? Wusste sie, dass die Frau Talmadges Mutter war und das kleine Mädchen neben ihm seine Schwester? Und dass der Junge Talmadge war? Verstand sie überhaupt, dass Talmadge einmal ein Junge gewesen war? Es war schwer vorstellbar, wie sie diese Bilder einordnete, doch sie musste von ihnen beeindruckt gewesen sein, denn sie kehrte wieder und wieder zu ihnen zurück.
Einmal war sie besonders selbstbewusst und nahm eine Tasse Tee mit in das Zimmer. Sie hatte die Kiste schon hervorgezogen, um sie zu inspizieren, und war dann den Tee holen gegangen; als sie nun wieder ins Zimmer kam, stolperte sie über eine leicht erhöhte Holzdiele und fiel hin, und die Tasse landete, wie bei einem schlechten Scherz, in der Kiste. Entsetzt fischte sie sie heraus und sah, dass die Stiefel zwar kaum etwas abbekommen hatten, das Taufkleid aber befleckt war und die Ambrotypien ruiniert. Sie säuberte die Sachen, so gut sie konnte, zu bestürzt und ängstlich, um zu weinen. Ihre Hände zitterten. Sie wickelte eine der Ambrotypien, die zerbrochen war, in ein Taschentuch und legte sie wieder in die Kiste. Vielleicht, dachte sie, würde er nicht merken, dass sie das gewesen war. Oh nein, würde sie sagen, wenn er die Kiste herauszog und sie fragte, ob sie irgendetwas darüber wisse. Was ist passiert?
Doch später beim Abendessen konnte sie sich nicht beherrschen, brach in Tränen aus und erzählte ihm, was sie getan hatte. Er stand auf, ging ins Schlafzimmer und kam ein paar Minuten später wieder. Sie wusste nicht, was für ein Gesicht er machte, denn sie sah nicht auf. Er setzte sich nicht wieder an den Tisch, sondern blieb stehen.
Das sind nicht deine Sachen, sagte er, und als sie nicht antwortete, schickte er sie in ihr Zimmer. Sie gehorchte, erleichtert, aber auch verwirrt. Er hatte sie noch nie in ihr Zimmer geschickt.
Am nächsten Tag war er kalt zu ihr, fand sie, und sie schmollte und litt. Sie versteckte sich im Gras des Pflaumengartens und nahm sich vor, dort zu bleiben, selbst wenn er sie zum Essen rief. Aber er rief sie nicht, noch kam er sie suchen. Sie hatte Hunger. Der schlimmer wurde, als ihr – wie war das möglich? – aus der Hütte der Duft von Pfannkuchen in die Nase stieg. Er hatte die Tür offen gelassen. Und dann, dem Pfannkuchenduft dicht auf den Fersen, drang Speckgeruch bis zu ihr. Talmadge war da drinnen und pfiff vor sich hin. Schließlich stand sie auf und ging um die Hütte herum. Als sie im Türrahmen stand, blickte er auf, als wäre er überrascht, sie zu sehen. Ach, da bist du ja, sagte er. Ich dachte schon, ich müsste das alles ganz allein essen.
Nach dem Essen auf der Veranda setzte sie sich ihm auf den Schoß und weinte und sagte ihm, es tue ihr leid. Er strich ihr über den Kopf.
Nächstes Mal fragst du mich, sagte er. Ich kann dir die Sachen ja zeigen.
Ja, sagte sie. Es tut mir leid.
In Ordnung.
Und was sollte er ihr über die Ambrotypien erzählen? Dieses Gespräch wäre eine Einladung, ihn über die Gegenstände zu befragen, doch er fürchtete so ein Gespräch. Warum hatte er sie in dem Schrank gelassen, warum
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