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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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in demselben Maße ihr Innerstes zu Eis erstarrte. Erfüllte Kirus seine vormaligen Opfer mit Leben, um die Eindringlinge zu jagen?
    Swetja hörte ein Poltern gleich über sich auf dem Tisch. Kristallene Häppchen klirrten zu Boden. Dann schrie die Magd auf, lang und entsetzt und fassungslos. Die Beine vor dem Tisch taumelten rückwärts fort.
    Swetjas Grauen vor der belebten Statue wich. Die Angst, die in dem Schrei mitschwang, ließ ihre eigene Furcht bedeutungslos werden. Stattdessen machte sie sich Sorgen, dass der Schrei jemand anderen herbeilocken mochte – dass die wiederbelebte Magd sie an jemanden verriet, der wirklich gefährlich war.
    Hastig kam sie unter dem Tisch hervor. Als Swetja vor ihr auftauchte, wich die Magd noch weiter zurück. Sie schlug die Hände vor den Mund und verstummte sofort. Es war ein junges Mädchen, gewiss nicht älter als Swetja selbst, mit krausem roten Haar und Sommersprossen im Gesicht. Dieser Anblick wirkte so vertraut, dass Swetja jede Angst vor der Magd verlor. Sie sah gar nicht aus wie eine Fremde! Sie hätte aus jedem Dorf bei Swerjanja kommen können und wies alle Merkmale der Bewohner von Modwinja auf.
    Swetja fasste sie am Arm. »Still«, sagte sie. »Kirus ist dort draußen.«
    Das Mädchen sah sie verständnislos an, aber bei dem Wort »Kirus« glomm etwas in ihren Augen auf. Den Namen kannte sie also. »Kirus«, stieß die Magd hervor, und dann eine Reihe von Worten, denen Swetja nicht folgen konnte.
    Sie dachte darüber nach und erkannte schließlich einen frühen Dialekt ihres Volkes, der ihr schon einmal in alten Schriften untergekommen war. Sie würde sich mit dem Mädchen verständigen können, wenn auch langsam und stockend.
    »Du weißt, wer Kirus ist?«, fragte sie in derselben Sprache.
    Die Magd nickte. »Er ist der Favorit der Herrin. Er ist … fremd. Hat er das getan?« Sie wies auf die versteinerten Köche.
    Swetja nickte. »Dich hat er auch zu Stein gemacht. Und er sucht uns, und … er will uns etwas antun.«
    Die Magd schüttelte den Kopf und sah sich besorgt um. »Mich nicht! Ich wollte Happen auftragen für das Fest. Und dann war plötzlich alles verschwommen, einen Moment lang. Und dann waren die Köche aus Glas, und das Essen, und das silberne Tablett in meiner Hand war aus Stein. Und dann kamt Ihr unter dem Tisch hervor …« Sie musterte Swetja misstrauisch.
    Die lächelte so liebenswürdig, wie sie nur konnte. »Ich bin Swetja. Und wer bist du?«
    »Anisja«, sagte die Magd vorsichtig.
    »Hör zu, Anisja. Das alles ist nicht in einem Moment passiert, und dort draußen sieht vielleicht alles anders aus, als du es im Kopf hast.« Swetja fasste für die Magd zusammen, was sie hier vorgefunden hatten. Sie machte es so einfach wie möglich und schloss am Ende: »Und jetzt müssen wir uns überlegen, wie wir hier herauskommen. Kannst du mir mehr über diesen Kirus verraten?«
    Anisja schüttelte verstört den Kopf. »Das stimmt alles nicht«, rief sie. »Das Haus liegt nicht unter einem Berg, es steht auf einer Wiese am Rand des Waldes. Die Berge sind weit im Norden und im Osten. Und wir haben ein Fest heute. Die Frau Gräfin hat alle Großen des Landes eingeladen.«
    »Aber Kirus«, sagte Swetja, »ist ein Zauberer?«
    »Ja«, räumte Anisja ein. »So sagt man.« Sie flüsterte ängstlich, als könnten die erstarrten Köche verraten, was sie über den Günstling ihrer Herrin dachte. Swetja verstand sie kaum. »Und er hat einen Raum im Keller, wo er … Dinge macht. Sagt man.«
    »Also gut«, verkündete Swetja bestimmt. »Da gehen wir jetzt hin und schauen, ob wir herausfinden, wie man … Dinge ungeschehen macht. Unterwegs kannst du sehen, was dieser Mann aus dem Haus deiner Herrin gemacht hat.«
    Sie schob Anisja auf den Ausgang zu. Die Magd sträubte sich. »Das wird der Frau Gräfin nicht gefallen. Ich habe Pflichten!«
    Die Tür zur Küche flog auf. Eine weißhaarige Gestalt taumelte herein. Anisja kreischte und floh auf die andere Seite des Tisches. Swetja sah das runzlige, hohlwangige Antlitz und riss schützend die Arme hoch …
    Und im nächsten Moment erkannte sie die Uniform.
    »Fähnrich … Fejdor?«
    Der Fähnrich wankte ihr in die Arme und brach zusammen. Er zog Swetja mit sich zu Boden. Sie stützte ihn, so gut sie konnte, und schließlich saß sie da, den Kopf des jungen Fähnrichs auf dem Schoß. Sein weißes Haar war so spröde, dass es brach, als sie darüberstrich. Seine Haut war blass, aber gesprenkelt von dunklen Flecken. Sie

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