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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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sie auf eine treue Dienerin Rücksicht nehmen würden?«
    Anisja schüttelte den Kopf. »Ich weiß. Ich weiß.« Ihr Blick huschte durch die Gänge auf der Suche nach einem Ausweg.
    »Für Kirus und seine Gräfin sind wir alle nur Jagdwild, von dem sie zehren wollen. Wir müssen sie aufhalten, ein für alle Mal, wenn wir jemals sicher sein wollen.«
    Während sie das sagte, ging Swetja etwas anderes durch den Sinn. Walaren . So hatte Kirus sie genannt. Swetja kannte diesen Ausdruck. So nannten die Völker im Süden eine Gattung von mystischen Dämonen, die zu Anbeginn der Welt aus der Hölle emporgestiegen sein sollten, um mit den Menschen um die Vorherrschaft über die Welt zu ringen.
    Aber es war widersinnig, sie mit einem Dämon aus dem Süden zu vergleichen! Im Gegenteil, je länger dieser Wahnsinn andauerte, umso mehr gewann Swetja den Eindruck, dass sie der einzige normale Mensch war in einer Welt voller dämonischer Kräfte.
    Sie stürmten die Kellertreppe hinauf, doch nach wenigen Stufen konnte Swetja nicht mehr. Ihre Beine zitterten. Was auch immer Kirus getan hatte, um das kurze Wegstück in dem Vorratsraum für sie länger zu machen, Swetja spürte jeden Schritt dieser verzweifelten Jagd.
    »Ist er noch hinter uns?«, fragte sie Anisja. »Haben wir einen Vorsprung?«
    »Ich weiß nicht. Die letzten Räume waren so verwinkelt. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er auf den Erbsen ausgeglitten ist.«
    Die Furcht trieb Swetja weiter. Wenn Kirus sie hier auf der Treppe einholte und erneut mit seinem Zauber lähmte, war alles verloren. Sie stolperten in den Flur im Erdgeschoss und erreichten die zweite schmale Treppe, die noch höher hinaufführte. Anisja zögerte, als sie den kristallenen Minotaurus auf dem obersten Absatz erblickte.
    »Keine Sorge«, stieß Swetja hervor. »Lauf weiter. Ich weiß, was ich tue.« Hoffentlich.
    Sie zwängten sich an dem stierköpfigen Ungetüm vorbei, dann blieben sie stehen. Sie atmeten schwer. Swetja sank auf die Knie und hockte entkräftet auf dem Boden.
    »Was nun?«, fragte Anisja. Ihr Blick suchte besorgt am Fuß der Treppe nach Anzeichen von ihrem Verfolger. »Hier oben gibt es Räume für die Bediensteten. Da können wir uns verstecken.«
    »Wir warten hier.« Swetja stand langsam wieder auf und stützte sich an der Wand ab. Einige Augenblicke vergingen.
    »Wenn es stimmt, was Ihr sagt, und ich versteinert war wie all die anderen, dann wünschte ich, ich wäre nicht aufgewacht.« Eine Träne rollte über Anisjas Wange.
    »Ich bin froh, dass du hier bist«, sagte Swetja. »Denn irgendwer muss den Stein ins Rollen bringen, wenn es jemals besser werden soll.«
    Unten im Erdgeschoss trat Kirus um die Ecke und setzte den Fuß auf die Treppe. Er hob den Kopf und schaute die beiden Mädchen an. »Ihr macht mir viel Arbeit«, ließ er sich mit dumpfer Stimme vernehmen. »Das wird meiner schönen Gräfin gar nicht gefallen.«
    Er stieg die Stufen hinauf.
    Anisja stieß einen erstickten Schrei aus und wollte loslaufen, doch Swetja hielt sie fest. »Nein. Der Stier!«
    Sie wies auf die Kristallfigur, die vornübergebeugt an der Treppe stand und die beiden Frauen dennoch überragte. Swetja hatte sich von Anfang an gefragt, wie all diese Kristallfiguren, mitten in der Bewegung erstarrt, im Gleichgewicht blieben. Dennoch, sie waren nicht unerschütterlich. Die Lampe auf dem Flur, der Schrank vor der geheimen Türe oder Anisjas Erbsensäckchen, all diese Dinge hatten bewiesen, dass die versteinerten Objekte sich sehr wohl bewegen ließen.
    Und der Minotaurus stand so weit vorgebeugt da, dass er sich mühelos die Treppe hinabrollen lassen sollte, in einen Treppenschacht, der so eng war, dass es keine Ausweichmöglichkeit gab.
    Swetja stemmte sich gegen das Hinterteil des Stiermannes. »Drücken, Anisja!«, rief sie.
    An der schimmernden Gestalt vorbei sah sie, dass Kirus auf der Treppe innehielt. Er starrte zu ihnen herauf, die versteinerten Augen ohne Ausdruck. Verharrte er unschlüssig, oder wirkte er einen Zauber?
    »Fester, Anisja«, sagte sie. »Wir müssen das Ding umkippen!«
    Das ging schwerer, als sie erwartet hatte. Der Kristallbrocken schien ihre Anstrengungen einfach zu schlucken. Anisja stemmte neben ihr beide Hände gegen den Rücken des gehörnten Riesen und ächzte. Kirus setzte sich wieder in Bewegung und stapfte auf sie zu. Es war nicht auszumachen, ob er sich schneller bewegte als zuvor. Den Schritten des steinernen Zauberers war keine Eile und keine Sorge

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