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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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kannte.
    Gontas horchte auf. Er erinnerte sich an Halimes Flüstern, an ihr gedrücktes Schweigen und an ihre leisen Klagelaute auf dem Weg durch die Röhre. Etwas war mit ihr geschehen auf diesem letzten Stück des Weges, und er glaubte nicht, dass es der Einfluss dieser alten Männer war, die sich »Bewahrer« nannten.
    Tarukan wechselte einen Blick mit Uz und Isme, den beiden treuesten unter seinen Gefolgsleuten. Die übrigen Söldner erholten sich allmählich. Nur Makri, der dürre Zauberer, wand sich weiterhin auf dem Boden, und er kicherte unaufhörlich. Ob er noch unter der Wirkung der Stangenwaffe litt oder nur unter seinem ganz eigenen Wahnsinn, wer wusste das schon?
    »Ich verstehe Euer Anliegen.« Tarukan trat mit ehrerbietiger Geste auf den Greis zu. »Aber wir müssen keine Feinde sein, die Bewahrer der Zitadelle und ich. Wir könnten uns gegenseitig nützen! Ich komme nicht zum Plündern und Brandschatzen. Ich habe größere Pläne, und Eure Aufgabe könnte ein Teil davon sein.
    Ich will genauso wenig wie Ihr, dass irgendwelche alten Götter zurückkehren. Ich will die Geheimnisse dieses Ortes für meine eigenen Zwecke gebrauchen, das ist wahr. Doch alle Mittel, über die ich gebiete und in Zukunft gebieten werde, stünden auch Euch zur Verfügung, um die Maschine instand zu halten. Wenn Ihr einem Bündnis zustimmt, würden meine Soldaten, die in diesem Augenblick vor der Zitadelle lagern, gleichfalls zu den Wächtern dieses Ortes werden, und das wäre erst der Anfang der Hilfe, auf die Ihr zählen könntet.«
    Tarukans Worte waren wie Honig, der ihm über die Lippen floss. Er sprach mit der Gewandtheit eines Edlen von Khâl. Der Sprecher der Bewahrer musterte ihn aus seinen farblos grauen Augen und schien das Angebot ernsthaft zu erwägen.
    »Ein falscher Schritt kann alles zunichtemachen«, sagte er schließlich. »Es ist die schlimmste aller Zeiten. Gerade jetzt steht die Pforte weit offen, und die Maschine entfaltet nicht ihre höchste Kraft. Uns fehlt ein Fokus, ein magischer Stein, für den wir nach all den Jahrhunderten keinen Ersatz gefunden haben.«
    Der Alte wies durch den Raum. Dort, zwischen dem Ende der gewaltigen Röhre und dem fetten roten Mond vor dem Fenster, ragte ein einzelner Messingstab aus dem Boden. Er teilte sich oben in zwei Zinken wie eine Stimmgabel, und daran konnte man die Schrauben einer leeren Fassung sehen.
    »In dieser Stunde«, fuhr der Alte fort, »zählt Sorgfalt mehr als jede Hilfe, die unwissende Fremde uns bringen könnten.« Er nickte seinen Männern zu. »Schafft sie fort.«
    Da gab Tarukan seinen Söldnern ein verstohlenes Zeichen. Einige von ihnen hatten sich in Stellung gebracht, während der Alte sprach. Unauffällig waren sie an ihre Bewacher herangerückt oder hatten sich so hingehockt, dass sie rasch aufspringen konnten. Jetzt stürmten sie los. Einige griffen nach den Stäben der Bewahrer, andere sprangen zu ihren eigenen Waffen, die in einem Winkel zu einem Haufen gestapelt lagen.
    Die Bewahrer mochten grauhaarige Männer sein, aber sie bewegten sich nicht wie Greise. Sie wichen gewandt aus oder schlugen mit ihren Stäben zu. Der Mann vor Tarukan ließ seine Waffe wirbeln und rammte dem Söldnerhauptmann das doppelte Ende unter das Kinn.
    Tarukan kippte auf den Rücken und blieb mit zuckenden Gliedern liegen. Auch die übrigen Söldner waren rasch wieder überwältigt.
    Gontas lachte erneut auf, als er sah, wie Tarukan sich in Krämpfen wand. Er fühlte sich seltsam unbeteiligt an dem Kampf. Er tippte den Söldner mit dem Fuß an. »Du winselst wie ein Mädchen«, sagte er.
    Wäre er stark und beweglich genug gewesen, um die Wachen anzugreifen und einen Stab zu erbeuten, er hätte die Waffe nur in den Leib des Söldnerhauptmanns gestoßen. Er hatte kein anderes Ziel mehr hier, jetzt, da Halime wieder sicher bei den Ihren war …
    Der Sprecher der Bewahrer sah auf seine Gefangenen hinab. Gontas überlegte, ob er noch etwas sagen, ob er zu Halime sprechen sollte. Aber es gab nichts zu sagen. Tarukan leiden zu sehen, das war alles, worauf er noch hoffen konnte, seit der Hauptmann ihm im Lager die Glieder zerschnitten hatte. Er lebte nur noch, um seine Rache zu bekommen, und wie es aussah, würden andere sie für ihn vollstrecken. Er wollte mitgehen und zusehen, und dann würde er in Frieden sterben.
    Der Alte nickte seinen Leuten zu. »Ihr werdet diesen Ort nie mehr verlassen«, sagte er zu den Eindringlingen.

VII. T EIL :
    F REMDE G ÖTTER

30.
    »Es ist

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