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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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legte es sich über die Schulter. »Das hoff ich für dich«, knurrte er. »Das hoff ich sehr. Wenn du uns nur als Schlagfänger mitnehmen willst und da oben nichts für uns rausspringt …« Er ließ die Drohung unausgesprochen in der Luft hängen.
    Sie waren schon weit in den Palast mit seinen glasartigen, golden glühenden Mauern vorgedrungen, dennoch wurde es nicht dunkler. Das Material verteilte das Tageslicht gleichmäßig im ganzen Gebäude. Es war hell, aber alles blieb still. Mitunter erhaschte Swetja durch einen offenen Durchgang einen Blick in die angrenzenden Räume. In manchen sah sie eine zerwühlte Decke liegen, ein Werkzeug, einen Becher – die Anzeichen eines kargen Lebens.
    Doch je weiter sie in die Zitadelle vordrangen, desto unruhiger wurde sie. Da war Licht in den Wänden, aber auch Schatten. Und die Schatten bewegten sich! Swetja sah Umrisse, Gliedmaßen, Krallenhände, die nach den Besuchern zu greifen schienen und wieder zerflossen, als hätte das strudelnde Licht in den Wänden sie fortgerissen.
    Swetja schaute von den Erscheinungen zu ihren Begleitern, aber niemand außer ihr bemerkte etwas. Sie fragte sich, ob sie sich das alles nur einbildete. Dann aber dachte sie an die Albtraumgestalt in Wajdaka, die auch niemand wahrgenommen hatte außer ihr und die doch allzu wirklich gewesen war. Sie fasste sich ein Herz.
    »Hauptmann Borija, bemerkt Ihr das? Ich glaube, da sind Geister in den Wänden. Vielleicht sollten wir … vorsichtiger weitergehen?«
    »Unsinn«, sagte Borija. »Wir sind gleich da, dann hat der Spuk ohnehin ein Ende.«
    Eine Schattenhand griff aus der Wand nach Borijas Kinn. Dürre Finger kräuselten sich vor seinem Gesicht und zogen sich wieder zurück. Doch Borija ging nicht langsamer. Weitere Schatten tasteten zaghaft nach den Söldnern. Dann sah Swetja, dass die Schatten sich um Anisja sammelten und nicht zurückwichen. Sie spannen ein Netz aus Dunst um die Magd.
    Swetjas Herz setzte einen Schlag aus vor Furcht. Sie trat dazwischen und wedelte mit den Armen um ihre Begleiterin. »Ksch«, rief sie. »Verschwindet!«
    Tori packte sie am Arm und riss sie grob zurück. »Pst! Willste uns alle verraten, hm?«
    »Was hat das Gör?« Mart wandte sich an Borija. »Mondsüchtig oder was?«
    Anisja schaute verwirrt und erschrocken von einem zum anderen. Aber Swetjas Vorstoß hatte die Schatten vertrieben.
    Die Zitadelle bestand nicht aus einzelnen Gebäuden und Höfen wie eine Stadt oder wie eine gewöhnliche Festung. Es war ein einziges gewaltiges Bauwerk. Seit sie eingetreten waren, hatten die sechs Menschen nie den Himmel gesehen, sie waren an keine freie Stelle gekommen und hatten auch keine weiteren Fenster oder Türen nach draußen gefunden. Stattdessen mündete der breite Gang in einen kreisrunden Saal. Galerien säumten die Wände, Treppen führten von einer Ebene zur nächsten. Pfeiler ragten empor und stützten Strebebögen und Gewölberippen, die hoch oben die Decke trugen.
    Swetja trat an das Geländer der Galerie, auf der sie herauskamen, und sah nach unten. Der Boden der Halle lag noch mindestens zwanzig Schritt unter ihnen und war mit einem schwarzen und roten Mosaik ausgelegt. Am Rand wirkte das Muster wirr, wie feurige Funken in der Finsternis. Doch zur Mitte hin lief das Rot zu einem glühenden Wirbel zusammen, der in der Unendlichkeit zu versinken schien.
    »Das könnte die Mitte der Zitadelle sein«, befand Borija. »Dann muss der Turm gleich darüberliegen. Wir nehmen die Treppen über die Ränge und sehen, wie es von der obersten Galerie aus weitergeht.«
    »Wenn Ihr meint«, sagte Mart.
    Die Männer gingen auf die nächsten Stufen zu. Swetja blieb am Geländer stehen, sie konnte den Blick nicht abwenden. Anisja trat zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Was ist, Herrin? Wollt Ihr lieber hinunter?«
    Swetja hatte das Gefühl, als würde der Wirbel am Grund der Halle sich langsam bewegen. Doch die Bewegung kam nicht von dem Mosaik; es war mehr ein blasser roter Nebel, der langsam über den Boden wallte und den sie nur wahrnahm, wenn sie ihren Blick unscharf werden ließ.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist gut, dass wir nach oben gehen.«
    Auf der letzten Galerie führte die Treppe durch eine kleine Pforte und dann oberhalb der Kuppel entlang. Der Gang war schmal und ohne Fenster, aber genauso hell wie alle Räume hinter den kristallglänzenden Wänden. Am Ende der Treppe gab es eine Bodenluke, und sie standen im untersten Geschoss des

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