Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
ernst, Kamerad Hauptmann? Du kriegst eine Stellung hier, du kannst sogar General werden, wenn wir losziehen und die Welt erobern. Das ist, wenn ich es recht verstehe, mehr, als ein Mann deines Standes unter deinesgleichen hätte erwarten dürfen. Wir werden dir genug Güter zukommen lassen, dass du dein Leben in Überfluss beschließen kannst. Du kannst dich also nicht beklagen über deinen Lohn, oder?«
Borija neigte den Kopf. »Nein, gewiss nicht, Herr. Ihr haltet die Vereinbarung ein.«
»Mehr als das.« Das Tarukan-Wesen senkte die Stimme und klang nun fast ein wenig bedrohlich. »Wir beweisen dir unsere Dankbarkeit für das, was du für uns getan hast. Das müssen wir nicht tun, denn wir brauchen dich nicht mehr. Wir tun es trotzdem, weil wir auch keinen Grund haben, es nicht zu tun. Du hast uns treu gedient, und wir sind gnädige Götter. Achte darauf, dass du uns auch weiterhin keinen Grund gibst, dir unsere Dankbarkeit nicht zu zeigen, kleiner Mensch, dann kümmern wir uns um dein Wohlergehen.«
»Keine Sorge«, sagte Borija hastig. »Wir haben ein Geschäft. Ich halte mich daran. Ich dachte nur … Ich wollte nur fragen. Aber wenn Ihr Eure eigenen Pläne mit der Gefangenen habt, stehe ich Euch gewiss nicht im Weg.«
»Gut.« Tarukan lächelte Borija an. Er tätschelte ihm beiläufig den Kopf wie einem Haushund. »Dann sehen wir mal, wie wir dich trotzdem bei Laune halten können. Leider haben wir nicht viele Frauen an diesem Ort, aber was wir haben …« Er schnippte mit den Fingern.
Die kahlköpfige Söldnerin, die Borija schon vor der Verwandlung in Tarukans Nähe gehen hatte, trat heran. Sie war doppelt so breit wie Borija und nicht nur kräftig, sondern auch auf seltsame Weise unförmig, so als hätte ihr Leib die Rundungen an den falschen Stellen. Ihr Gesicht war groß und ließ Borija an Troll-Geschichten aus seiner Kindheit denken – und all das war die Beschreibung ihres Äußeren gewesen, bevor der Geist aus Gehenna, wie diese »Götter« ihre eigene Welt nannten, in ihren Körper gefahren war und ihn noch mehr verzerrt hatte.
Borija zuckte unwillkürlich zusammen und suchte nach einem Fluchtweg. Die Söldnerin beäugte ihn mürrisch.
»Isme«, sagte Tarukan, und Borija fragte sich, warum diese Kreaturen die Namen ihrer Opfer behielten. Gab es keine eigenen Namen dort, wo sie herkamen?
»Jetzt, wo wir alle in dieser Form auf dieser hübschen Welt leben werden«, fuhr Tarukan fort, »wird es da nicht Zeit, dass wir die Möglichkeiten unserer neuen Hülle erproben? Unser Freund Borija ist gewiss der beste Lehrmeister dafür, und er hat Interesse geäußert an einem Körper wie deinem. Ihr könntet beide etwas voneinander haben, was meinst du, Isme?«
»Klar, interessiert mich brennend «, knurrte die Söldnerin. »Könnt mir fast so gut gefallen wie die Rückkehr nach Gehenna oder wie Äonen in einem Feuerpfuhl.«
»Schön«, sagte Tarukan. »Jedenfalls haben wir diesem Menschen ein Kommando versprochen, und du bist nun seine erste Untergebene. Ich will, dass du seinen Befehlen folgst und ihm in allem zu Diensten bist. Macht das Beste draus.«
»Hmpf. Großartig. Danke, oh großer Feldherr.«
Sie starrte Borija an und öffnete und schloss die Faust. Ihre Iris war ein Kranz von verschwommenem Rot, wie ein Blutfleck in einem Meer von kränklichem Gelb. Borija wich einen Schritt zurück. Er versuchte, sich diesen Dämon als Frau vorzustellen, doch es gelang ihm nicht. Der Gedanke war so lustvoll wie ein Sprung in flüssigen Schwefel.
»Gut, gut, Kinder.« Tarukan winkte sie fort. »Dann habt Spaß. Ich lasse euch rufen, wenn ich eine richtige Aufgabe für euch habe.«
Borijas Gedanken rasten in Panik durch seinen Kopf, und plötzlich hatte er ein Bild vor Augen, einen Ausweg, an den er sich verzweifelt klammerte.
»Einen Augenblick, wenn Ihr erlaubt, Herr«, rief er. »Es gab ein zweites Mädchen hier. Die Magd der Dewa. Wenn ich richtig gesehen habe, gehört sie nun auch zu Euren Leuten. Wenn Ihr die unter mein Kommando stellen würdet …«
Er dachte an Anisja. Nur eine einfache Magd, gewiss, aber jung und auf ihre Weise hübsch. Das genaue Gegenbild zu der vierschrötigen Söldnerin. Sie wäre ein Zeitvertreib, eine Ablenkung und ein Trost, solange er hier in der Zitadelle festsaß. Er brauchte diese zierliche Magd, um sich abzureagieren!
Tarukan hob eine Augenbraue. »Noch eine Frau? Ist es das, was euch Menschen bewegt? Nun, ich werde es gewiss verstehen, sobald ich mich besser an
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