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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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geschehen, und was bildete er sich ein? Es fiel ihm schwer, das auseinanderzuhalten. Vielleicht hatte er schon Fieber, in jedem Fall vermischten sich seine Wahrnehmungen mit Träumen, wie er sie nie zuvor gehabt hatte.
    »Schau an«, sagte eine Stimme voll bitterem Spott. »Er ist wach. Dann hat sich’s ja gelohnt, eh, Tori?«
    Gontas fuhr herum. Die beiden Söldner Mart und Tori hockten neben ihm im verblassenden Schein der leuchtenden Wände. Also waren wirklich sie es gewesen, die sich von hinten auf die Graubärte gestürzt hatten. Ein Befreiungsversuch, nachdem sie ihn in den Hügeln verraten hatten?
    »Habt ihr euren Mut wiedergefunden?«, fragte er. »Oder seid ihr bis hier oben geflohen und dann doch gefangen worden?«
    »He!«, rief Tori aufgebracht. »Was mehr Dankbarkeit, Großer. Immerhin hocken wir nur deshalb hier in der Kute, du, weil ich versucht hab, dich rauszuplotzen.«
    »Allerdings, Weib«, fügte Mart hinzu. »Wenn du’s nur zugibst.«
    »Und ich sitze hier«, sagte Gontas, »weil ich zwei Gefährten hatte, die mir den Rücken freihalten sollten und die plötzlich verschwunden sind, als es drauf ankam. Jetzt brauche ich eure Hilfe auch nicht mehr. Tarukan hat dafür gesorgt, dass ich nur als Krüppel heimkomme. Und das werde ich gewiss nicht!«
    »Wenn du meinst«, erwiderte Mart. »In den Hügeln hätten wir nichts tun können außer uns mit dir einkassieren lassen. ’s war ein verlorener Kampf, und nur ein Schniegel oder ein Grünling kann so dumm sein, das nicht zu merken.
    Hier in der Zitadelle allerdings, gegen diese grauen Gesellen ohne Rüstung und in dem Durcheinander mit ihren Gefangenen, das hätt was werden können. Den Kampf hätten wir gewinnen können, oder dich wenigstens raushauen und das Weite suchen.«
    »Sag ich doch«, warf Tori ein.
    »Und was ist schiefgelaufen?«, fragte Gontas.
    »Na, erst mal hast du dich keulen lassen. Da saßen wir fest.«
    »Mart!«, rief Tori empört. »Tu nich so, du, als hätt er dran schuld! Wir haben den Kampf ohne ihn angefangen, wir hätten’s auch ohne ihn zu Ende gebracht.«
    »Nein«, knurrte Mart. »Seine Schuld war’s nicht. Wenn jemand die Schuld hatte, dann du, weil du losgestürmt bist, ohne dich umzuschauen. Wie ’ne verrückte Henne, die sich für ’n Kampfhahn hält! Wir hatten nämlich«, erklärte er Gontas, »noch ein paar wackere Mitstreiter aus Modwinja hinter uns. Die haben uns aber sauber stehen lassen und sind ihren eigenen Geschäften nachgegangen, anstatt uns zu helfen. Sonst wär der Kampf anders ausgegangen!«
    »Ha!«, rief Gontas. »Eure Kampfgefährten haben euch im Stich gelassen? Die Gerechtigkeit der Geister!«
    Tori verzog das Gesicht. »Hm, weiß nich, ob’s überhaupt was ausgemacht hat am Ende. Erst ha’n alle mächtig dreingeplotzt und sich die Köppe eingehaun, die Grauen und Tarukans Pack und wir. Und dann, plötzlich, han se alle stillgehalten und gestöhnt und sich irgendwie verändert. Wir fragen uns noch, was soll das, hm? Da sind sie schon alle auf uns los und haben uns festgemacht.«
    »Verändert?«, fragte Gontas.
    Tori zuckte die Achseln. »Weiß nich. Warn von einem Moment zum andern alle gut Freund miteinander, Tarukan und die Grauen. Schauten irgendwie hässlicher aus. Und stärker warn se auch, du. Haben uns hierher geschleppt, und seitdem sitzen wir im Loch.«
    »Die alten Götter sind zurückgekehrt«, sagte eine Stimme vom anderen Ende des Kerkers. »Sie haben Besitz ergriffen von diesen Söldnern, von diesem Tarukan, und von den Graubärten. Sie wollen von der ganzen Welt Besitz ergreifen.«
    Gontas schaute dorthin, wo die Stimme herkam. Die Wände schimmerten mittlerweile so schwach, dass sie kaum noch etwas erhellten. An der entfernten Wand gab es einen Fleck, der ganz dunkel blieb, der Umriss einer Tür. Und in deren Schatten, kaum zu sehen, wenn man nicht genau hinsah, saß zusammengekauert ein Mädchen. Sie hob den Kopf, und ihr blasses Gesicht war ein heller Fleck in der Dämmerung. Ein Schimmer des Mauerwerks drang durch ihre Haarsträhnen und ließ sie aussehen wie Nebelschleier.
    Ihre Stimme klang jung, aber müde. »Borija hat uns verraten. Er hat uns alle nur als Opfergabe mitgebracht. Die Götter haben sich genommen, was für sie bestimmt war. Und wir leben nur noch, weil sie wissen wollen, weswegen sie manche Menschen nicht lenken können wie Puppen.«
    Die Hallen der Zitadelle füllten sich. Die alten Götter ergriffen Besitz von den Kriegern im Hügelland und führten

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