Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
und eine ganze Armee trennte sie. Gontas fühlte, wie Zorn in ihm aufstieg und zu Raserei wurde.
Wie durch einen Tunnel nahm er nur die Feinde vor ihm wahr, und Tarukans Federn in der Ferne, von denen er wusste, dass nur sein Geist ihm das unerreichbare Ziel noch vorgaukelte.
Gontas hackte und hieb, und er brüllte, und bei jedem Schlag sah er Tarukan vor sich und hackte in blinder Wut ein weiteres Mal zu. Er hasste jeden, der zwischen ihm und seinem Feind stand. Und der Hass verlieh ihm Kraft. Er brach Knochen mit seinen Tritten, er zerschmetterte die Schädel der alten Götter mit seinen Äxten. »Tarukan!«, brüllte er bei jedem Hieb. Er wiederholte die Namen wie einen Schlachtruf:
»Für Halime!«
Der Staub legte sich. Der Kampf erstarb. Gontas blickte sich um und fand keinen Gegner mehr. Schwer atmend blieb er stehen. Ringsum ließen die Buschläufer ihre Waffen sinken. Sie waren alle mit dem schwarzen Blut der Götter besudelt, das selbst jetzt noch über ihre Haut kroch und versuchte, sich mit dem ursprünglichen Wirt zu vereinen.
Einige der Krieger standen erschöpft da, andere rissen die Arme hoch und jubelten über den Sieg. An manchen Stellen auf dem Schlachtfeld wurde weiterhin gekämpft. Es war nur das Gemetzel an den letzten überlebenden Dämonen. Gontas sah eine Hand voll Buschläufer, die mit langen Spießen einen zum Ungeheuer verzerrten Dragoner zu Boden drückten, während ihre Kameraden den Leib zerhackten.
Ein Reiter kam auf Gontas zu. Er sah beeindruckend aus in der schweren Rüstung, dem hohen Helm mit den Hörnern und mit dem Schwert, von dem Dämonenblut troff. Dann nahm Fürst Bârun Bar den Helm ab und dehnte den Nacken, mit einem schmerzerfüllten Ausdruck auf dem Gesicht. Eine Schar seiner getreuesten Kämpfer folgte ihm.
»Du bist beinahe zum rechten Zeitpunkt gekommen, Fürst.«
Bârun grinste. »Wer hätte ahnen können, dass die Schlachtreihe der Buschläufer so schnell aufbricht … gegen Dragoner!«
Gontas erwiderte das Grinsen. Er nickte dem Fürsten der Khâl anerkennend zu. »Aber Dragoner auf Höllendrachen!«
Eine Unruhe am Rande des Schlachtfelds lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Eine Gruppe von Kriegern schien dort in Streit zu geraten. Eben erst weggesteckte Waffen wurden erneut gezogen, Flüche hallten über die ruhig gewordene Walstatt.
Gontas schüttelte den Kopf. Städter ! »Ich glaub, das sind deine Männer.« Er wies mit der Axt dorthin.
Fürst Bârun wendete den Kopf. »Was zum …?«
Überall wurde es nun wieder lauter. Schreie ertönten, Kampfeslärm. Es kam so schnell und aus so vielen Richtungen zugleich, dass Gontas verwirrt hin und her schaute.
»Verrat!«, brüllte ein Buschläufer. »Die Städter …«
Seine Stimme ging unter im Getöse. Fürst Bârun schüttelte sich auf seinem Pferd. Der Helm, den er vor sich abgelegt hatte, fiel zu Boden. Der Korporal an Bâruns Seite sah seinen Herrn beunruhigt an.
Da erhob der Fürst sein Schwert und rammte es dem eigenen Gefolgsmann in die Brust. Er sah Gontas an. Die Farbe wich aus Bâruns Augen, als wäre sie fortgewischt worden. Der dunkle Ton seiner Haut wurde zu einem kränklichen Grau, seine Finger streckten sich.
Die Geister des Styx, die körperlos über dem Schlachtfeld schwebten, hatten neue Hüllen gefunden!
Der Dämon, der einst Bârun gewesen war, wies mit dem Schwert auf Gontas. »Erschlagt ihn«, rief er. »Erschlagt alle Buschläufer!«
Dann löste sich alles auf in einem wilden Getümmel.
Auf dem Schlachtfeld gab es längst keine Ordnung mehr. Die Linien hatten sich aufgelöst, die Verbündeten standen durcheinander, und jeder fiel über jeden her. Einige der Khâl folgten dem Befehl ihres Hauptmanns, solche, die besessen waren, aber auch einfache Söldner, die in gutem Glauben handelten und gar nicht wussten, was geschah.
Andere, die weiter entfernt standen und den Befehl nicht gehört hatten, kämpften trotzdem. Besessene Söldner griffen Buschläufer an, aber auch die eigenen, noch nicht befallenen Kameraden, die zufällig neben ihnen standen. Buschläufer verteidigten sich, oder sie fielen selbst über die verwirrten Khâl her, von denen sie sich verraten fühlten.
Gontas ließ die Axt fliegen. Er traf Bârun in die Stirn und spaltete ihm den Schädel. Sofort setzte er nach, sprang vor und zerschmetterte Bârun mit dem zweiten Beil das Knie. Das Pferd des Fürsten scheute und warf seinen Reiter ab.
Ein zweiter Söldner gab dem Ross die Sporen und stürmte auf Gontas zu.
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