Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
insgesamt an Köpfen zählte, und für jeden Schuss einer Armbrust schaffte ein Bogen der Buschleute fünf.
Der Pfeilhagel traf die Dragoner wie eine Brandungswelle und drängte den Angriff zurück. Die Reiter entfernten sich. Zwei Pferde blieben, von Pfeilen gespickt, auf dem Hang liegen. Sonst schien der Beschuss keinen Schaden angerichtet zu haben.
Die Dragoner wendeten und griffen erneut an. Wieder flogen die Geschosse in Schwärmen zwischen den Heeren. »Vorrücken, verflucht«, hörte Gontas einen Krieger rufen. »Zeigen wir denen, was es heißt, einen Buschläufer mit Pfeilen zu piken!«
»Nein!« Gontas hob die Stimme, sodass sie laut über das Schlachtfeld hallte. »Keiner bewegt sich! Haltet die Stellung!«
In dem Augenblick, da er den Krieger gehört hatte, erkannte Gontas auch, was der Angriff der Feinde bezweckte: Die Buschläufer sollten vorrücken! Und er wusste, dass das ein Fehler wäre.
Wenn die Buschläufer sich jetzt in Bewegung setzten, würden sie das Flankenmanöver ihrer Verbündeten behindern. Gontas erinnerte sich zudem an die verbrannten Leichen der Kundschafter, die Tarukan zuerst hinter den magischen Schutzwall der Zitadelle geschickt hatte. Er durfte nicht zulassen, dass sein Heer in die Nähe dieser Linie gelockt wurde.
Eine dritte Angriffswelle folgte und eine vierte. Die Antwort der Buschläufer fiel dürftiger aus. Sie schossen schon Armbrustbolzen mit dem Kurzbogen zurück, da ihnen die Pfeile ausgingen. Die ungeeigneten Projektile trudelten und flogen ohne Kraft.
So oder so, die Geschosse richteten auf beiden Seiten wenig aus. Der Bolzenhagel der Modwinjer zerschellte am Schildwall. Im Gegensatz dazu hätte bereits die erste Salve der Buschläufer die Gegner vernichten sollen. Die Dragoner ritten in einem dichten Haufen, man konnte sie kaum verfehlen, und sie hatten keinerlei Schutz durch Schild oder Rüstung.
Doch die Kraft der alten Götter steckte in ihnen.
Gontas sah Reiter, die von Dutzenden Pfeilen gespickt waren und die nur dann beiläufig die Schäfte abstreiften, wenn ihr Arm darin hängen blieb. Auch ihre Pferde schienen verwandelt zu sein, denn sie wurden getroffen und liefen weiter.
Manche fielen dennoch und blieben als Hindernisse auf dem Schlachtfeld liegen, Rösser und eine Hand voll Reiter dazu. Nicht alle der alten Götter waren gleichermaßen zäh.
Und dann, beim nächsten Anritt, bemerkte Gontas eine Veränderung in der Formation. Die Reihen der Dragoner lockerten auf. Sie ließen die Abstände in der Tiefe größer werden. Die vordersten Linien fielen in Galopp.
»Achtung!«, rief Gontas. »Den Schildwall zusammen!«
Er duckte sich unwillkürlich, als das Donnern der Hufe lauter wurde. Die Buschläufer hoben die Speere. Die Dragoner hatten weder Rüstung noch Lanze. Es war ein selbstmörderischer Angriff, die leichte Reiterei geradewegs in die Reihen gerüsteten Fußvolks zu lenken.
Aber die alten Götter hatten den Schrecken auf ihrer Seite.
Je näher die Reiter kamen, umso deutlicher traten die Einzelheiten zutage. Selbst die Pferde wirkten besessen. Ihre Augen waren dunkel. Die Haut hing den Tieren in schmierig schimmernden Lappen am Leib. Die Köpfe waren unnatürlich groß, Schaum stand ihnen vor dem riesigen Maul mit einem Gebiss aus messerscharfen Sägezähnen. Die Läufe der verzerrten Rösser waren gedrungen und mit Klauen versehen. Es war eine Horde Raubtiere, Drachen, die blutrünstig gegen die Buschläufer stürmten.
»Haltet stand!«, brüllte Gontas.
Wenige Schritt vor der Schlachtreihe sprangen die vordersten Dragoner aus dem Sattel und ließen die Tiere allein galoppieren. Die Dämonenpferde prallten gegen den Schildwall. Sie rannten in die Spieße hinein oder sprangen darüber hinweg. Sie fielen auf die Schäfte und zerbrachen sie, sie schnappten mit den Zähnen nach den Schilden.
Einzelne Tiere rissen mit der Masse ihrer Leiber Krieger aus dem Schildwall heraus. Lücken klafften in den vordersten Reihen. Manch ein Dragoner war sitzen geblieben und trieb sein Pferd zu einem Sprung, der es hoch über den Schildwall hinwegtrug und mitten unter die Krieger krachen ließ. Gleich über Gontas senkte sich ein Schatten herab, ausgestreckte Krallen an einem räudig wirkenden Drachenleib fuhren auf ihn zu. Gontas’ Nebenmänner streckten die Speere in die Luft. Die Kreatur landete auf einem Spieß, der sie mitsamt Reiter pfählte. Gontas wich zur Seite aus und hob die Äxte.
Der Dragoner, dem die Speerspitze zum Nacken wieder
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