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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Weile zurückliegen, oder eine Stunde oder einen Tag. Wie sollte sie das erkennen? Nichts änderte sich in diesem Rohr. Selbst der Wechsel von Tag und Nacht drang nicht bis hierher. Dennoch stieg Unruhe in Swetja auf. Die Kälte, die sie spürte, kam aus ihrem Inneren. Sie fühlte sich beobachtet, und sie war nicht mehr allein!
    Ein Murmeln mischte sich in die pulsierenden Lichter. Sie nahm es plötzlich wahr und wusste nicht, ob es vorher schon dagewesen war, ob es überhaupt wirklich war. Doch es schwoll an und wurde immer klarer, bis Swetja einzelne Worte unterscheiden konnte.
    «Siehst du mich? Fühlst du mich? Oh ja, sie weiß, dass ich da bin, das unreine kleine Ding. Wie sie alle suchen. Aber du hast es, nicht wahr? Ja, sie hat es! Soll ich dich fragen, kleines Ding? Soll ich es in dir lesen? Oh ja, das kann ich …«
    Swetja wurde sich bewusst, dass sie unverwandt einen Punkt an der Außenwand anstarrte, dass sie etwas fixierte, obwohl dort gar nichts war. Und als sie sich dessen bewusst wurde, war dort plötzlich etwas!
    Linien zogen sich zusammen, eine Art Busch wuchs aus der Innenseite der Röhre heraus, mit so dünnen Ästen, dass die Umrisse verschwammen wie eine Wolke. Swetja blinzelte, und die Linien wurden klarer. Dornenranken wucherten an der Metallhülle. Sie zuckten und zogen sich zusammen, während Swetja zusah, und zeichneten die Form eines Menschen nach – eines dürren nackten Greises, dem die Ranken auf den Leib tätowiert waren und der kopfunter an der Außenhülle entlangkroch.
    Swetja schrie auf.
    Der Alte krabbelte auf sie zu. Er kicherte und streckte seine knotigen Greisenfinger nach ihr aus. »Hast mich gesehen, nicht wahr? So scharfsinnig! Der gute Makri hat dich gefunden, und du hast ihn gefunden. Wenn das nicht eine Liebe ist, die von den Göttern geschmiedet wurde.«
    Swetja wich zurück, bis sie mit der Schulter gegen die Rückwand stieß. Der alte Mann legte ihr die Finger um das Kinn. Die Ranken waren nur noch ein totes Bild auf seiner schmutzigen Haut, und Swetja wusste selbst nicht zu deuten, was sie soeben wahrgenommen hatte. Ein strenger Geruch stieg ihr in die Nase, ein Hauch von Fäulnis lag darin.
    Der namenlose Schrecken, den sie empfunden hatte, war zu einem bloßen alten Mann geworden, und doch war da mehr! Aus den Augenwinkeln sah Swetja einen Schatten, der den Greis umgab. Sie kannte diese Geisterbilder, auch wenn der Schemen sich diesmal so eng an den Leib schmiegte, dass es eine Weile dauerte, bis Swetja erkannte, was sie da sah.
    »Du … bist einer von ihnen«, stammelte sie. »Du bist einer von den Geistern des Styx, ein Besessener!«
    Der Alte lachte glucksend. Er ließ ihr Kinn los und tanzte einmal im Kreis, an der gläsernen Hülle empor, unter der Decke her, die Außenwand wieder hinab und bis auf den Steg. »Oh ja, oh ja«, sang er. »Einer von den Göttern ! Makri hat so lange auf ihre Rückkehr gewartet. Alle Priester von Kar Ombos haben gewartet und die Ankunft der Götter herbeigesehnt, haben versucht, sie herbeizuzwingen. Aber nur Makri hat es geschafft.
    Makri ist nun vollkommen und vereint mit seinen Göttern. Makri der Zauberer, der Priester, ich, ich bin zum Gott geworden, zum Gott! Ist das nicht wundervoll?«
    Er kam wieder auf Swetja zu. Er legte ihr die Hände auf die Wangen und starrte sie an. Seine Augen waren weiß, mit einem winzigen roten Punkt in der Mitte, umgeben von einem gelben Ring. Die beiden Farben zuckten und tanzten, während ihre Blicke sich trafen.
    »Du hast etwas, das uns gehört, nicht wahr, mein Kind? Deine Freunde sind durch den Keller entkommen, aber du bist im Turm gewesen, und im Turm ist es uns verloren gegangen. Also bist du die kleine Diebin, nicht wahr?«
    Swetja wand sich, als ihr der Atem des Greises ins Gesicht schlug. »Ich …«, stammelte sie. »Ich habe den Edelstein nicht mehr. Ich habe ihn weggeworfen. Ihr werdet ihn niemals finden!«, fügte sie trotzig hinzu.
    Makri schnaubte. Seine Hände wanderten an ihrem Körper hinab. »Oh ja, ich fühle ihn nicht. Deine Macht ist groß. Ist deine Macht groß genug, ihn vor uns zu verstecken, kleine Sterndeuterin? Ich glaube nicht.«
    Seine Finger liefen über ihren Körper wie Spinnenbeine. Plötzlich umfasste er ihren Kopf und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Swetja wehrte sich. Makri hielt sie fest, seine Lippen zwangen die ihren auseinander, und etwas sickerte in ihren Mund. Der Alte schnaufte wie vor Lust. Seine Linke glitt zu ihren Brüsten, und als sie

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