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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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stellte sich mit dem Rücken gegen die Hauswand, sodass er die beiden Fremden links und rechts von sich hatte und beide im Auge behalten konnte.
    Der Neuankömmling war eine Frau. Sie war kräftig gebaut; unter den eng anliegenden schwarzen Ledersachen war kaum eine weibliche Rundung zu sehen, und die braunen Haare waren so kurz geschoren, dass sie in Stoppeln vom Kopf abstanden. Trotzdem, die Stimme, die Hüften, die Andeutung von Brüsten zwischen den Gurten und Riemen, die überall über ihre Kleidung liefen, all das ließ kaum einen Zweifel zu.
    Gontas entspannte sich. Wer brachte eine Frau mit, wenn er ernsthaft kämpfen wollte? Also meinte der Einäugige es doch ehrlich mit seinen friedlichen Worten, oder er war kein so ernst zu nehmender Krieger, wie Gontas geglaubt hatte.
    Die Frau trat vor Gontas hin und zeigte ein schmales Lächeln. Sie trug einen Mantel über dem rechten Arm. Mit der Linken fasste sie nach Gontas’ Unterarm, folgte mit der Fingerspitze einem Muskelstrang und sagte mit kokettem Augenaufschlag: »Is ’ne Schande, das zu verhüllen. Aber wer weiß, hm. Wenn du deine Reize nicht ständig zeigst, sondern zur rechten Zeit auspackst, macht’s das vielleicht noch wertvoller.«
    Sie hielt ihm den Mantel hin.
    »Er ist schon wertvoll genug«, knurrte der Einäugige. »Mit dem Gold, das auf seinen Kopf ausgesetzt ist, kann man in der Straße des Südens ein ganzes Dutzend kräftiger Jünglinge kaufen. Mit glatter Haut.«
    Gontas’ Kopf fuhr herum. Fast hätte er den Mann vergessen. Er durfte sich nicht ablenken lassen!
    Dabei waren die Reize dieser Frau kaum geeignet, seine Aufmerksamkeit zu fesseln. Sie war nicht mehr jung, vielleicht sogar älter als er selbst. Auch sie hatte Narben im Gesicht, wenn auch nicht so tiefe wie ihr Gefährte. Ihre Züge waren hart, und in ihren braunen Augen lag, als sie ihm so nah kam, die Andeutung eines grünen, kalten Schimmers, der ihn frösteln machte. Er fühlte sich unbehaglich in ihrer Nähe.
    »Hm, Mart.« Sie lächelte Gontas immer noch an. »Weiß nicht, du. Klang nach ’ner schweren Miete für ’n einzelnen Mann, is wahr. Aber wenn ich den Mann jetzt sehe … Da ist schon mehr dran, als ich sonst so gewohnt bin.«
    Bei diesen Worten blickte sie jedoch nicht auf Gontas, sondern an ihm vorbei. Gontas blinzelte verwirrt, dann ging ihm auf, dass sie auf den Einäugigen seitlich neben ihm starrte. Mit einem Mal war er sich nicht mehr so sicher, ob der zufriedene Zug um ihren Mund tatsächlich dem galt, was sie bei Gontas sah – oder ob es ihr nicht vor allem um das ging, was die Worte ihrem Begleiter antaten.
    »Du lässt den Scheiß sein, Tori«, fuhr der Einäugige sie an. »Sofort. Ich hab diesen Wil … diesen Buschläufer nicht von der Hauptstraße geholt, damit du in der Seitengasse mit ihm turtelst.
    Und du, Mann, zieh dir endlich den Kapuzenmantel über und hör nicht auf die Schlampe. Dann können wir uns ’ne ruhige Kneipe suchen und ernsthaft reden.«
    Zögernd griff Gontas nach dem Umhang. Als er den Stoff vom Arm der Frau herunterzog, kam keine Hand zum Vorschein, sondern eine schmale, fast unterarmlange Klinge. Sie war gebogen wie ein Haken und an der Innenseite scharf geschliffen.
    »Sardik, was …« Gontas zuckte erschrocken zurück. Dann machte er einen Satz und wich auf die andere Seite der Gasse aus.
    Keuchend blieb er stehen.
    Die Frau hob die bläulich glänzende Sichel an ihr Kinn. Sie grinste.
    Der Einäugige schüttelte den Kopf. »Sie mag solche Spielchen. Beachte sie gar nicht. Komm.«
    Er wies die Gasse entlang. Gontas traf eine Entscheidung.
    Wenn das tatsächlich ein Hinterhalt war, dann wäre eben der beste Zeitpunkt für einen Angriff gewesen. Der Einäugige hätte ihm eine seiner vielen Klingen in den Rücken stoßen können, aber er hatte es nicht versucht.
    »Gut«, sagte Gontas. »Ich gehe mit. Und du wirst meine Fragen beantworten.«
    Er warf sich den Mantel über und zog sich die Kapuze ins Gesicht. Als er dem Einäugigen folgte, sah er nicht, wie das Grinsen aus Toris Gesicht verschwand. Sie senkte den Arm mit der Klinge, sah darauf hinab, und ein trauriger Zug erschien um ihre Augen. Dann schüttelte sie wütend den Kopf, ballte die Linke zur Faust und folgte den beiden Männern.
    »Wie ist das also mit dem Gold, das auf meinen Kopf ausgesetzt ist?«, fragte Gontas.
    Sie saßen in einer winzigen finsteren Kaschemme, die um diese Stunde so gut wie leer war. Das einzige Licht sickerte durch Mauerritzen von außen

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