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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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räusperte sich. »Ich hatte mir überlegt, dass wir in diesem Jahr gar nicht dorthin reisen. Man hört beunruhigende Gerüchte aus der Hauptstadt …«
    »Vater!« Swetjana schlug erschrocken die Hände vors Gesicht. »Du weißt doch, die Königin mag es gar nicht, wenn einer ihrer Deveni nicht zum jährlichen Kronrat erscheint.«
    »Ja«, sagte Juvan. »Aber weißt du, wenn die Königin zornig ist, sind wir hier immer noch sehr weit weg von ihr. Wir denken uns eine hübsche Entschuldigung aus, und sie wird gewiss nicht hinter uns herlaufen, um uns zu bestrafen. Wir werden auch kaum die Einzigen sein, die verhindert sind.«
    Er betrachtete seine Tochter. Die starrte ihn entsetzt an. Er lachte traurig auf. »Ach, schau nicht so, Swetja. Es war nur so ein Gedanke. Aber weißt du was, meine Liebe? Wenn wir schon die Reise nach Wajdaka unternehmen, dann will ich auch, dass du ein wenig Spaß dabei hast. Du kannst mit den Astrologen reden. Aber versprich mir, dass du den Hofball darüber nicht vergisst!«
    Er stand auf und küsste seine Tochter auf die Stirn. »Denk an all die Lichter und die Kleider und die Junker beim Sommerfest und vernachlässige nicht die Welt, auf der du wandelst.«
    Mit diesen Worten verließ er das Observatorium. Swetjana war wieder allein. Unschlüssig stand sie da, dann ging sie zu ihrem Pult und zog ein abgegriffenes kleines Buch mit einem Einband aus braunem Leder unter einem Stapel hervor. Sie schlug die Stelle auf, wo ein grünes Band als Lesezeichen steckte.
    Der Styx ist nicht wie die übrigen Monde. Er ist ein Tor zur Unterwelt, auch wenn er über unseren Köpfen schwebt. Er ist ein finsterer Brunnenschacht. Und wenn die Wasser darin zur Ruhe kommen und man die blutige Glut in der Tiefe sieht, dann wird das alte Volk hervorkommen und die Herrschaft über die Welt zurückverlangen. Die Menschheit wird ihnen bloß Vieh und Esel sein, so wie einst, und im Streit der alten Götter wird das Menschenblut fließen.
    Noch eine von den alten Prophezeiungen um den Kataklysmus. Sie mochte so gut oder so schlecht sein wie alle anderen, aber sie war es, die Swetjanas Aufmerksamkeit ganz besonders fesselte – vermutlich wegen des Bildes vom Brunnen und dem aufgewühlten Wasser darin, das so gut zur ihrer eigenen Vorstellung passte. Die Beschreibung des Styx fühlte sich einfach richtig an, auf eine Weise, die Swetjana frösteln ließ.
    War es möglich, dass vor langer Zeit schon einmal ein anderer Sterndeuter dieselben Gedanken zum Wesen des Styx gehabt hatte wie sie, verschlüsselt niedergeschrieben in dieser mystischen Prophezeiung? Der Gedanke berührte sie wie eine Hand, die sich über den Abgrund der Zeit ihr entgegenstreckte.
    Swetjana erschauerte und klappte das Buch wieder zu.
    Ihr Vater hatte recht: Sie war dumm, wenn sie ihre Gedanken auf so etwas verschwendete.
    Der Sommeranfang in Wajdaka war das größte gesellschaftliche Ereignis in ganz Modwinja. Der gesamte Adel des Landes kam in der Hauptstadt zusammen. Bei Tage trafen sich die Großen im Rat der Königin. Gegen Abend feierten die Deveni und deren Familien im kristallstrahlenden Königspalast.
    Es gab Speisen und Tanz bis spät in die Nacht; schneidige Offiziere und die jungen Kavaliere aus den besten Familien. In diesem Jahr würde sie womöglich ihren Bräutigam kennenlernen. Als Erbtochter ihres Vaters musste sie nicht befürchten, Güter und Heimat zu verlieren und mit der Heirat in der Fremde neu anzufangen. Ihr künftiger Galan würde hierherkommen müssen, und so konnte sie Aufmerksamkeiten und die Tändeleien beim Hofball ohne Bitterkeit genießen und Ausschau halten nach dem, was sich bot.

6.
    »Verflucht.« Mart fuhr mit der Hand über die weiße Oberfläche. Sie erinnerte an Elfenbein, doch sie fühlte sich härter an und kälter. So glatt wie Glas, mit einem schwachen Muster aus geometrischen Linien, die unter einer klaren Oberfläche lagen. »Das dürfte hier gar nicht sein.«
    Tori legte den Kopf in den Nacken. »Hm, auch hinter der Mauer sieht’s nich so aus, wie du uns erzählt hast!«
    Mart hatte in Apis einen Handwerker ausfindig gemacht, der als Kind auf dem Gut von Tarukans Familie gelebt hatte. Von diesem Mann hatte er sich beschreiben lassen, was sie finden würden. Aber jetzt, nachdem sie drei Tage lang nach Süden gewandert waren, sah der Ort ganz anders aus.
    Die weiße Mauer aus dem eigentümlichen Material war mehr als mannshoch und erstreckte sich fugenlos so weit sie sehen konnten. Dahinter gab es

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