Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
der kümmerlichen Büsche. Er hörte und er spürte ein Dröhnen hinter seiner Stirn.
Benommen richtete er sich auf. Er sah alles nur noch verschwommen! Ihm war zumute, als hätte der Riese ihm ein Loch in den Kopf geschlagen und den Nebel dort hineingelassen.
Gontas hörte Toris hellen Schrei, als die Söldnerin sich in den Kampf stürzte. Es klang seltsam fern und verzerrt. Wieder klirrte Metall auf Stein, der Kampf ging weiter. Gontas kam taumelnd auf die Beine und versuchte immer noch, seinen Gegner wiederzufinden.
Eine Axt hatte er verloren, die zweite hielt er immer noch umklammert, wie er erst jetzt merkte. Dunkle Flecken tanzten vor seinen Augen.
Am Boden glänzte etwas. Gontas bückte sich danach und tastete mit den Fingern … ein wenig Wasser in einer Mulde, in dem sich das Licht brach. Für Gontas sah es aus wie ein schimmernder Kristall, der über der Pfütze in der Luft schwebte. Auch sonst nahm er nur noch verzerrte Schatten und verstreuten Lichtglanz um sich herum wahr.
Er schaute hoch und bemerkte eine tiefere Dunkelheit, die sich über ihm wölbte. Der steinerne Bogen, unter dem sie die erste Hälfte der Nacht verbracht hatten!
Der Bogen bewegte sich. Die schmale Steinformation richtete sich auf und zischte wie eine Schlange. Sie wand sich, verdrehte sich, und ein steinernes Schlangenmaul stieß auf Gontas herab.
Der schlug mit der Axt zu. Die Waffe prallte an der Steinschlange ab und wurde ihm aus der Hand geschleudert. Gontas klammerte sich an der Kreatur fest, und die bäumte sich wieder auf und riss ihn mit sich. Hoch in der Luft verlor Gontas den Halt und flog. Er prallte gegen eine Felswand, ruderte mit den Armen, rutschte ab, fiel tiefer …
Er schlug am Boden auf und blieb liegen. Gontas kämpfte gegen die Schwärze an, die seinen Geist verschlingen wollte. Immer noch drangen die Geräusche eines Kampfes zu ihm, aber in seiner Nähe regte sich nichts. Auch Gontas bewegte sich nicht. Er dachte nach.
Sie hatten die ganze Nacht in dem Tal verbracht, ohne dass die Steine erwacht waren. Sie hatten sogar unter ebendiesem Bogen geruht, der Gontas zuletzt angegriffen hatte! Warum jetzt, warum nicht vorher?
Gontas fiel nur eine Erklärung ein: Die Steine waren nicht von selbst erwacht. Etwas war erst am Morgen von außen dazugekommen und hatte sie geweckt – etwas oder jemand! Jemand wie dieser Zauberer, den sie in den Landen der Khâl erschlagen hatten.
Tori zog die Schnallen an dem Geschirr fest, das den langen Sichelhaken mit ihrem Armstumpf verband. Sie hörte ihre Gefährten draußen vor dem Felsspalt schreien, aber sie erlaubte sich keine Hast. Ohne ihren Haken war sie kaum mehr als ein Krüppel, der Skorpion hatte sie daran erinnert. Eine Nachlässigkeit konnte ihren Tod bedeuten.
Dann war sie fertig und stürmte hinaus. Sie sah nichts von dem Kampf, nur verschwommene Schatten im Nebel. Aber sie hörte das Klirren von Waffen.
Sie nahm einen Umriss wahr, wie von einem Hund oder von einer Raubkatze. Das Geschöpf war so groß wie ein Kalb, und es pirschte sich von der Seite an sie heran. Tori erstarrte. Angst perlte ihr den Rücken hinab.
Das Wesen bemerkte, dass sie es entdeckt hatte. Mit einem Satz sprang es auf Tori zu. Die wich geschmeidig aus und hob die Klinge. Stahl stieß auf Stein und prallte ab. Die Sichel blieb kurz an einem Vorsprung hängen, und der Ruck hätte Tori fast den Arm ausgerenkt.
Dann glitt die Spitze klirrend ab, und Tori war wieder frei. Sie fuhr herum.
Die grob gehauene Kreatur lief eine Armlänge entfernt an ihr vorüber. Die Form erinnerte an einen Löwen, und auch das Maul, als das Wesen den Kopf wandte und drohend seine Steinzackenzähne zeigte. Es sah aus wie ein Löwe, aber es war größer und viel, viel schwerer. Und härter.
Mit ihrer dünnen Klinge richtete Tori nichts aus.
Das Ding machte kehrt und wollte sich erneut auf sie stürzen. Tori straffte sich, mit dem Schwung einer stählernen Feder. Mit einem gellenden Schrei trat sie zu und traf das angewinkelte Vorderbein des Steinlöwen, das dieser gerade auf dem Boden aufgesetzt hatte, um sich zu drehen.
Sie stieß das Kniegelenk zur Seite, und das ganze Bein drehte sich unter dem Leib des Ungetüms. Es krachte und splitterte, dann brach es ab. Tori hatte das Bein ausgehebelt, bis der Sandstein das Gewicht des massigen Leibes nicht mehr tragen konnte.
Mit einem hohlen Winseln ging der Löwe zu Boden. Er rappelte sich auf drei Gliedmaßen wieder auf, humpelte auf Tori zu und schnappte nach
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