Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
ihr. Tori sprang hoch, schwang sich über den Kopf des Wesens und landete auf der Schulter der Kreatur.
Der Aufprall drückte das Geschöpf nach unten, und das zweite Vorderbein brach.
»Ha!« Tori lachte. »Weiß jeder Dummkopf, dass man solche Dinger nicht aus Sandstein klopft. Der trägt’s einfach nicht, wenn du so ’nen Fassleib an so ’nem dünnen Beinchen hin und her schwenken willst!«
Sie stand auf der kantigen Löwenmähne und sprach zu dem Steintier hinab, als wollte sie es belehren. Der Löwe schlug mit den Hinterbeinen aus und wälzte sich herum. Tori sprang ohne Hast von seinem Rücken und blieb gerade so weit von der Bestie entfernt stehen, dass das Maul ins Leere schnappte.
»Hejo, Hakenhand«, rief Mart. Der Kampf hatte ihn inzwischen fast bis an Toris Seite geführt. Er rannte vor dem Steindrachen davon, der ihn verfolgte, hieb mit dem Schwert nach den drei schnappenden Köpfen. »Zeig mir mal, wie dein Trick bei dem da funktioniert!«Er sprang vor einem Drachenkiefer zurück, der von oben auf ihn herabstieß.
Tori wandte sich ihrem Gefährten zu. Der Steindrache, mit dem er rang, war gewiss dreimal so groß wie ihr Löwe. Die Beine und die Schlangenhälse waren so dick wie Säulen. Kaum vorstellbar, dass ein Tritt von ihr oder das Gewicht ihres Körpers da etwas ausrichten konnten.
»Wart mal, du. Muss eben ’s Werkzeug aus’m Steinbruch holen.«
»Ha, witzig!« Mart schlug und sprang, er lief und er keuchte.
Tori sah eine Bewegung um seine Füße. Mindestens ein Dutzend steinerner Ratten umkreisten ihn und versuchten, Mart zu Fall zu bringen. Ab und zu sprang eine von ihnen aus dem dichteren Bodennebel hoch und schnappte nach seinen Knien. Mart trat eine Steinratte fort. Tori lief auf ihn zu und fing das Ding aus der Luft. Es war schwerer, als sie gedacht hatte, und es hätte sie fast von den Beinen gerissen. Der Steinbrocken, so groß wie ein Kopf, wand sich und kratzte mit winzigen Steinkrallen an Toris ledergeschütztem Unterarm.
»Eh, niedlich«, sagte sie. Sie wartete auf den nächsten Schritt des Riesenungeheuers und warf die Ratte unter dessen Pranken. Der Stein barst, kleine Brocken spritzten auf. »So wird man die kleine Pest los, du.«
Sie schlug nach den Steinratten, lockte sie hinter sich her. Dann lief sie seitlich an dem Drachen vorbei. Weitere Ratten wurden zerquetscht, und Tori suchte im Nebel nach anderen Gegnern. Überall im Tal dröhnte es, Schatten wankten durch die Dunstschleier, aber im Augenblick kam keine weitere Kreatur in ihre Nähe.
»Hey, wo ist ’n der Axtschwinger?«, rief sie.
Mart beschrieb einen weiten Bogen mit der Klinge, halb Schlag, halb Geste. Tori blickte in die Richtung und sah einen Steingiganten, der ziellos durch den Nebel stapfte. Er wirkte verwirrt.
Tori hatte eine Idee.
Sie lief auf den Riesen zu. Von Gontas war nichts zu sehen, er mochte zerschmettert in einem Nebelloch liegen, oder Mart hatte sich geirrt. Egal.
»Hey, du Brecher! Suchst ’n Gegner?« Sie wedelte mit der Sichel.
Der Koloss erstarrte und wandte sich dann in ihre Richtung. Tori hob einen Stein vom Boden auf, betrachtete ihn misstrauisch und schleuderte ihn dem Riesen an den Kopf. Ein knarzendes Brummen entrang sich dem Giganten, und er stampfte auf sie zu. Tori wich zurück. Sie führte Scheinangriffe gegen den Steinkoloss und lockte ihn in Marts Richtung.
»Was tust du, Frau?«, stieß der keuchend hervor. Er schlug immer noch vergebens auf den Steindrachen ein. Funken stoben von der Klinge auf, wenn sie traf. Die Kerben, die sie hinterließ, waren bedeutungslos zwischen all den natürlichen Rissen und Schrunden im Stein. »Such dir ’n eigenen Kampfplatz. Ich hab grad genug Gegner hier!«
Tori warf immer wieder einen hastigen Blick über die Schulter auf Marts Steindrachen. Sie versuchte, von schräg hinten an ihn heranzukommen.
»Halt ihn mal still, du«, rief sie.
»Tut – mir – leid«, gab Mart zurück. Die Worte flogen ihm stoßweise von den Lippen.
Tori wartete auf den rechten Augenblick. Sie wich den Füßen des Riesen aus und seinen Schlägen, und sie blieb außer Reichweite der Drachenmäuler.
Jetzt!
Tori duckte sich, holte Schwung und sprang rückwärts mit einem Überschlag auf den Drachen zu. Sie hakte die Spitze ihrer Sichel in einen Felsvorsprung und zog sich rasch auf den Rücken der Bestie. Dort richtete sie sich auf.
Der Riese stand gleich vor ihr. Tori reichte ihm fast bis zur Brust, während der Drachenrücken unter ihr bockte und
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