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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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sich und setzte erneut an. Schließlich taumelte sie zurück und sank erschöpft auf der Felsplatte nieder. Ihre Robe breitete sich um sie aus wie eine teerige Lache.
    »Es ist getan«, krächzte sie. »Die Wächter schlafen.«
    »Die Wächter?«, fragte Gontas.
    »Die Wächter von Kar Ombos.« Die Hexe klang bitter. »Oh ja, sie haben uns gut beschützt, als Tarukan kam. Vor zwei Jahren schlich er im Morgengrauen am See entlang. Viele von uns hat er erschlagen, bevor wir ihn überhaupt bemerkt hatten. Verrat hat ihm den Weg gewiesen, und all unser Schutz war nutzlos.«
    Gontas setzte sich der Frau gegenüber. Er sah von ihr noch immer nicht mehr als den blassen Umriss eines Gesichts und die Robe, die um sie fiel wie ein Schatten. Er strich sich mit der Handfläche über die Schläfen. Ob er sich von dem Schlag je wieder erholen würde? Oder war sein Unterfangen womöglich schon gescheitert und er wusste es nur noch nicht?
    Drei Krüppel gegen Tarukan.
    Ein bitteres Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Kar Ombos«, sagte er. »Ist das der Ort, wo Tarukan jetzt seinen Unterschlupf hat?«
    Die Hexe zuckte die Achseln. »Mal ist er dort, mal anderswo. Aber wenn er das Mädchen hat, wird er weitergezogen sein.«
    »Was weißt du von dem Mädchen?«, fragte Gontas. »Du hast von einem Schlüssel gesprochen …«
    »Ha, du nennst dich ihren Beschützer und weißt von nichts?«
    »Ich weiß«, erwiderte Gontas, »dass Tarukans Männer sie entführt haben. Und dass ich sie zurückholen werde. Wenn du mir mehr verrätst, wird es mir leichter fallen. Aber wenn es nötig ist, schaffe ich es auch allein.«
    Die Hexe senkte den Kopf. Ihre Stimme, die unter der dunklen Kapuze hervordrang, klang dünn. »Also gut. Du sollst wissen, was ich weiß, denn du willst Tarukan töten. Wenn du das vollbringst, werde ich feiern. Ich werde seine Leiche aus dem Grab holen und sie zu meinem Sklaven machen, damit ich ihn jeden Tag aufs Neue foltern und töten kann für das, was er uns angetan hat. Wenn du aber scheiterst … dann stehe ich nicht schlechter da als jetzt. Aber sei gewarnt: Was ich über Tarukan weiß, habe ich erst nach meiner Flucht erfahren, erlauscht, oder es sind Gerüchte aus dritter Hand. Ich weiß nicht alles, und ich weiß nicht, was davon der Wahrheit entspricht.«
    »Ja, ja«, sagte Gontas ungeduldig. »Red schon, Hexe, und mache nicht so viel Umschweife.«
    Die Frau blickte auf. Gontas konnte das Grinsen auf ihrem Gesicht erkennen. »Geduld, mein wilder Freund«, sagte sie. »Wenn ich dir von Tarukans Plänen erzähle, so tue ich das auf meine Weise. Es war mein Volk, das diesem Söldnerschwein zum Opfer fiel.
    Unsere Vorfahren kamen vor Jahrtausenden an diesen Ort. Wir waren … wir sind Zauberer und Priester. Wir gründeten Kar Ombos an den Ufern des Lethe, wo einst die große Schlacht der Götter geschlagen wurde.«
    »Ich kenne diese alte Legende«, sagte Gontas. »Sardik, der große Geist des Krieges, führte die Krieger der Stämme und schlug die verfluchten Walaren zurück, die unsere Länder rauben wollten.«
    »Es ist keine Legende«, widersprach die Hexe. Sie hielt kurz inne. »Nun, womöglich doch, so wie ihr sie erzählt. Jedenfalls sind die Ufer des Lethe ein machtvoller Ort, getränkt von alter Magie. Wir kamen hierher, um seine Geheimnisse zu enträtseln, und um die alten Götter anzubeten, die hinter den Sternen wohnen und die eines Tages unsere Welt und unsere Seelen zurückfordern werden.«
    Gontas runzelte die Stirn. Die Hexe fügte rasch hinzu: »Das schweift in der Tat zu weit ab. Wichtig ist nur, dass wir lange Zeit abgeschieden hier lebten. Wir kümmerten uns nicht um das Treiben der Welt, und wir behielten unsere Geheimnisse für uns. Aber Tarukan hatte seine eigenen Pläne. Er kam hierher, weil er glaubte, dass unser Wissen ihm nützlich sein könnte.
    Denn wisse, Barbar: Tarukan strebt nach einer Macht, die ihn über alle Völker erhebt. Und leider ist er damit nicht allein. Einige unserer eigenen Leute waren es gleichfalls nicht zufrieden, friedlich in dieser Stadt zu leben, die von Generation zu Generation immer leerer geworden war. Sie verbündeten sich mit Tarukan, und gemeinsam mit ihm ermordeten sie ihre Brüder und Schwestern. Sie verfolgten uns, die wir fliehen konnten. Vielleicht bin ich heute die letzte Zauberin von Kar Ombos, die nicht Tarukan dient.
    Er mag derweil ein halbes Dutzend Zauberer an seiner Seite haben. Er versprach ihnen Opfer für ihre Rituale und ein großes

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