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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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muss aber sicher sein, dass du das auch willst.“
    „ Wie kannst du daran zweifeln?“
    „ Ich habe keine Zweifel, ich muss es spüren. Ich lerne gerade, deinem Herz zuzuhören. Das ist etwas Neues für mich.“ Er küsste meine Hand, seine Augen an meine geheftet. „Ich muss mich korrigieren: Du bist nicht machiavellistisch, ganz im Gegenteil, deine Offenheit ist entwaffnend. Wenn ich fühle, was du empfindest, geht mit mir alles durch. Wenn du sagst, dass du mich liebst, weiß ich, dass du es aufrichtig meinst. Wenn du es denkst, ohne es auszusprechen, kann ich es fühlen. Wenn ich dich will, spüre ich, dass dein Verlangen genauso groß ist wie meines. Ich nehme deinen Schmerz und deine Freude wahr. Ich habe einfach einen Tag allein mit dir gebraucht, abgeschirmt von allen anderen, vor allem von deinem Vater und Manuel. Ich musste dich ohne Zurückhaltung fühlen können. Ich bin fasziniert … fasziniert und verzaubert. Mag sein, dass solche Wahrnehmungen für dich ganz normal sind, für mich sind sie aber …“
    „ Da irrst du dich. Das, was zwischen uns ist, habe ich mit keinem anderen gespürt. Nicht so. Im Grunde genommen weiß ich selbst nicht, ob ich vor meiner ersten Verwandlung dazu in der Lage gewesen wäre. Nur mit Manuel habe ich etwas Ähnliches empfunden. Am Anfang dachte ich, es käme von ihm. Ich verstehe jetzt auch, warum er ständig das Bedürfnis hat, mich anzufassen. Wahrscheinlich muss er sich immer wieder vergewissern, dass er mir nach wie vor etwas bedeutet. Und trotzdem ist es nicht vergleichbar. Durch seine Herkunft müsste Manuel empfänglicher sein als du, trotzdem bin ich mir sicher, dass er nicht in mir lesen kann, wie du es tust. Aus einem ganz einfachen Grund: Ich habe mich ihm nie geöffnet. Als ich neulich sagte, du hättest etwas, das er nicht hat, meinte ich nicht den Sex, sondern das, was zwischen uns passiert, wenn wir uns berühren. Ich wusste nicht, wie ich es dir erklären sollte, weil mir gar nicht klar war, dass du mich derart fühlen kannst. Ich liebe dich so sehr.“
    Ich befreite mich von meinem Sicherheitsgurt, um ihm näher zu kommen. Der Kuss, der folgte, war berauschend wie keiner zuvor. Loslassen und Hingabe erlangten durch dieses neue Bewusstsein eine ganz neue Dimension.
    „ Ich liebe dich auch, Lilly. Du hast keine Ahnung … Doch natürlich …“
    Sein Mund näherte sich dem meinen und unsere Lippen verschmolzen.
    „ Fahren wir?“, fragte er leise, als wir uns wieder gefangen hatten.
    „ Worauf wartest du noch?“ Sein Blick schwebte über meine Schenkel, als er den Motor anmachte, sodass ich ergänzte: „Und möglichst ohne weitere Unterbrechung, wenn wir das Meer heute noch erreichen wollen.“
    Nach diesen ganzen Offenbarungen wollte er mehr über meine Fähigkeiten wissen: Was empfand ich, wenn ich fremde Leute anfasste, wie zum Beispiel seinen Bruder? War ich in der Lage, eine Art Schranke zu bauen? Ich war mir selbst nicht sicher, wie das Ganze ablief. Alles war neu, selbst für mich. Vieles geschah unbewusst. Ich war weiß Gott keine Expertin. Sein Bruder war die erste Person gewesen, die ich bewusst „sondiert“ hatte. Als ich es getan hatte, wusste ich nicht einmal, ob ich dazu in der Lage war, und dann hatte ich befürchtet, er wäre ebenfalls in mich eingedrungen. Ein Irrtum. Also musste mein Unterbewusstsein doch eine Barriere errichtet haben.
    Das stand aber in keinem Verhältnis zu dem, was geschah, wenn jemand mir nahestand. Ich musste nur jemanden mögen und schon floss die Energie automatisch. Bei Yannick ließ ich alle Barrieren fallen, wie bei keinem anderen sonst. Ich musste ihm versprechen, mich ihm immer zu öffnen.
     

    Endlich an der Küste angekommen, fanden wir einen Strand, der nicht überfüllt war. Ich kannte mich in der Gegend nicht besonders gut aus. Fast zweihundert Kilometer, nur um in den Ozean zu springen, fand ich ein bisschen viel.
    „ Einhundertundsiebzig“, verbesserte mich Yannick. „Fünfundachtzig hin, fünfundachtzig zurück. Trotzdem eine lange Strecke“ gab er zu. „Und immer diese Zwischenfälle und Ablenkungen … unmöglich!“
    Ich musste sein verschmitztes Lächeln einfach küssen.
    Wir aßen eine Kleinigkeit in einem nah gelegenen Restaurant. Yannick sprach viel über Paris. Seine Begeisterung war so groß, dass ich richtig Lust bekam hinzuziehen. Ich hatte die Stadt bereits als Touristin kennengelernt, im Laufe seiner Erzählungen musste ich jedoch feststellen, dass ich sie keineswegs

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