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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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meine Wange schoss, und fand mich albern.
    „ Keine Frau hat bisher eine solche Wirkung auf mich gehabt. Weißt du, dass du machiavellistisch bist. Ich muss dich nur anschauen, um dich zu wollen.“
    Zu gerne hätte ich ihm gesagt, dass ich das Gleiche empfand. Er ließ mir aber keine Gelegenheit dazu. Seine Lippen hinderten mich daran. Es spielte auch keine Rolle mehr: Worte waren überflüssig geworden …
     

    Als wir später im Wagen saßen, wollte ich wissen, wie der Rest des Abends verlaufen war. Blendend, wie er sagte. Sie hatten auf einer Wellenlänge gelegen. Mein Vater hatte ihn sogar gebeten, ihn Eric zu nennen. Eine gute Ausgangsposition für unsere Zukunftspläne.
    Ich wunderte mich, dass Yannick die Rockzeitschrift nicht früher erwähnt hatte. Er meinte schelmisch, ich wüsste mehr über ihn, wenn wir mehr sprechen und weniger rummachen würden. Das konnte gut sein. Ob das ein guter Tausch gewesen wäre, bezweifelte ich. Er wahrscheinlich auch. Ich fragte, wo er seine Prinzipien gelassen hatte. Für jemanden, der nicht mit einer Minderjährigen schlafen wollte, fand ich ihn sehr eifrig.
    „ Ich fürchte, in deiner Gegenwart verliere ich alle meine moralischen Grundsätze. Aber wie du es selber gesagt hast, du bist alt genug, also gibt es nichts Verwerfliches daran. Ich glaube sogar, dass ich mich ein paar Tage zurückhalten könnte, wenn du dich verhüllen würdest. Der Anblick deiner Beine lässt mich aber schwach werden. Im Moment würde ich am liebsten die Straße verlassen.“ Bei diesen Worten streiften seine Augen meine Schenkel.
    „ Wenn du dich ständig ablenken lässt, werden wir das Meer nie erreichen. Konzentriere dich lieber auf die Straße, bevor du einen Unfall baust.“
    Demonstrativ zog ich mein Kleid so gut es ging Richtung Knie. Schweigsam warfen wir uns hin und wieder schelmische Blicke zu.
    Irgendwann musste ich ihm doch eine Frage stellen, die mir seit dem Vortag keine Ruhe ließ. „Worüber hast du mit Jeremy an der Tankstelle geredet?“
    „ Von dir … Von euch.“
    „ Definiere euch.“
    „ Von dir und Manuel, um genauer zu sein.“
    „ Es hat mir nicht gefallen, wie dein Bruder mich angeschaut hat.“
    „ Wenn seine Blicke unheimlich waren, galten sie mit Sicherheit Manuel, nicht dir.“
    „ Falls du mich damit beruhigen wolltest, hat das nicht geklappt.“
    „ Keine Angst, er würde ihm nie etwas antun. Er weiß, dass ich es ihm nie verzeihen würde. Jeremy hat zwar etwas gegen die Wölfe und er mag nicht das, was du bist, du hast ihm aber imponiert … Und vor allem hat er begriffen, dass du mich glücklich machst. Dein Verhältnis zu Manuel gefällt ihm aber nicht. Er hält es für gefährlich und sorgt sich deswegen um mich. Vorhin sagte ich, du hättest Glück, eine solche Familie zu haben. Du hast keine Vorstellung, wie ernst ich das meinte. Unser Leben wäre ganz anders verlaufen, wenn wir mit einer Mutter aufgewachsen wären. Leider hat uns mein Vater seinen Hass eingeimpft. Jeremy mag viele Fehler haben, er hat aber auch viele Entschuldigungen – und er bleibt mein Bruder. Nach allem, was er für mich getan hat, weiß ich, dass ich mich auf ihn verlassen kann.“
    Konnte ich das auch? Ich versuchte, mich Jeremys Händedruck zu entsinnen, um mir das einzureden.
    Es folgte ein neues Schweigen, das diesmal von Yannick unterbrochen wurde.
    „ Gestern Abend war ich in einer Hinsicht nicht ganz ehrlich. Ich habe behauptet, ich hätte noch keine Arbeit gesucht, das stimmt nicht ganz. Ich habe mich ein wenig auf dem Arbeitsmarkt umgesehen und ich erwarte noch zwei Antworten. Da sich einer der Posten im Ausland befindet, wollte ich nicht vor deinem Vater darüber sprechen. Ich kann ihm schlecht erzählen, dass ich fort möchte, wenn du vorhast, mit mir zusammenzuziehen.“
    Plötzlich bog er auf einen Rastplatz.
    „ Was machst du?“, fragte ich verdutzt.
    „ Ich möchte dir eine wichtige Frage stellen, und ich will dir dabei in die Augen schauen.“
    Er parkte den Wagen auf dem erstbesten Parkplatz und nahm meine Hände in seine, sodass ich seinen Satz vervollständigte: „… und mich anfassen, wenn ich sie beantworte.“
    „ Und dich anfassen“, bestätigte er. „Lilly, ich liebe dich, wie ich noch nie jemanden geliebt habe. Es macht mich glücklich, daran zu denken, dass wir vielleicht bald zusammenleben werden, und ich würde keine Sekunde zögern, jeden Traumjob, der uns trennt, abzulehnen. Vor allem jetzt, wo ich weiß, dass du in Gefahr bist. Ich

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