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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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Show nicht abgezogen.“
    „ Ich kann nicht … ich kann nicht, weil ich weiß, dass ich dir wehtun werde.“
    „ Das ist vollkommen absurd. Mach dich nicht lächerlich. Natürlich hat jede Beziehung ihre Schattenseiten und am Ende tut es meistens weh, aber was ist mit den vielen schönen Momenten, die man zusammen erleben kann? Du willst etwas zerstören, was noch nicht einmal richtig angefangen hat.“
    „ Du verstehst mich nicht. Darum geht es nicht. Ich habe geträumt, dass dir meinetwegen etwas Schlimmes passiert.“
    Meine Stimme zitterte und Tränen stiegen auf. Er ließ meine Hände los, fasste mich im Nacken und drückte mich zärtlich gegen seine Brust.
    „ Scht, beruhige dich. Vergiss diesen Traum, vergiss deine Erklärungen. Es ist weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt. Wenn du willst, können wir nach der Schule darüber reden.“
    Als er merkte, dass ich am ganzen Körper zitterte, fragte er, ob ich fror.
    „ Ja. Nein! Doch.“
    Ich konnte selbst nicht mit Sicherheit sagen, woher das Frösteln kam.
    „ Ja, nein, doch“, wiederholte er amüsiert. „Du kannst nicht einmal eine so simple Frage beantworten.“
    Er rieb mir dabei den Rücken, als wollte er mich wärmen.
    „ Die Antwort ist nicht leicht.“
    „ Wieso? Bekommst du meinetwegen Gänsehaut?“
    Er lockerte seine Umarmung, um mich anzuschauen. Mein errötetes Gesicht war Antwort genug.
    „ Lilly, ich sehe zwei Personen, die sich lieben.“
    „ N…“
    „ Unterbrich mich bitte nicht. Anscheinend bist du gerne mit mir zusammen. Du kriegst Gänsehaut, wenn ich dich anfasse, du hast niemanden zurzeit. Bis auf die Schule und das Reiten hast du sogar Hausarrest. In einer Woche reist du ab. Wieso können wir nicht die paar Tage einfach genießen, ohne uns Fragen zu stellen? Wieso musst du alles so kompliziert machen?“
    Er fuhr fort, ohne mir Gelegenheit zu geben, Stellung zu nehmen: „Du sagst, du hast Angst, mir wehzutun. Ist dir überhaupt klar, wie schmerzlich es für mich ist, wenn du so unerreichbar bist? Was glaubst du, was ich in den letzten Monaten durchgemacht habe? Gestern sagte ich, ich könnte warten. Ich kann das immer noch. Ganz auf dich verzichten kann ich aber nicht. Ich möchte dich in die Arme nehmen dürfen, wenn ich es brauche, und vor allem, wenn ich meine, dass du es brauchst. Ich möchte deinen Kopf, deine Stirn, deine Wange, deine Hand küssen, ohne deine Reaktion fürchten zu müssen. Ich möchte es tun dürfen, weil ich dein bester Freund bin, nicht mehr und nicht weniger. Meinst du, mit einem solchen Kompromiss leben zu können?“
    „ Ich kann dir nichts versprechen, aber ich kann es versuchen.“
    Er blickte in den Himmel und stieß ein „Gracias!“ aus, küsste mich auf die Stirn und flüsterte mit seinem unwiderstehlichsten Lächeln: „Danke Lilly.“ Ich fragte mich, worauf ich mich da eingelassen hatte. „Übrigens, mit wem isst du zurzeit in der Kantine?“
    „ Mit niemand Besonderem, seit Melanie mit Antoine geht.“
    Er guckte mich verdutzt an, ich hatte es ihm ja noch gar nicht erzählt.
    „ Wenn du willst, kann ich dir Gesellschaft leisten. Meine Mutter ist heute nicht da, sie muss ein Pferd abholen. Ich kann also genauso gut die Mittagspause hier verbringen.“
    „ Gerne!“ Ich freute mich wirklich darauf.
    Wir liefen bereits zum Gebäude, als die Klingel ertönte. Jeder von uns ging zu seinem Klassenzimmer. Die Stunden, die folgten, gingen viel schneller vorbei, auch wenn ich mich nach wie vor nicht auf den Stoff konzentrieren konnte. Ich dachte weiterhin an Manuel und kam zu dem Schluss, dass ich mich glücklich schätzen konnte, ihn als Freund zu haben. Wann immer ich ihn brauchte, war er da. Er stellte keine indiskreten Fragen, weder über mein Weglaufen noch über Antoine oder Melanie. Nicht zu vergessen, dass er unheimlich viel Geduld mit mir hatte.
     

    Als ich zur Mensa lief, sah ich ihn schon neben dem Eingang stehen. Er lehnte an der Wand und strahlte mich verführerisch an. Zwei Mädchen aus seiner Klasse drehten sich um, um zu sehen, wem dieses Lächeln galt. Im Speisesaal nahm er mir die Tasche ab und lief nach hinten. Währenddessen holte ich mein Essen. Manuel hatte seinen Stuhl in meine Richtung gedreht und sich zurückgelehnt, die Arme auf seiner Brust gekreuzt und seine langen Beine ausgestreckt. Strahlend beobachtete er, wie ich mich näherte. Einerseits dachte ich, dass er umwerfend aussah, andererseits erschien er mir fast arrogant. Als ich mich hinsetzte,

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