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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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Gestaltwandler hatten wir jedes Wort von Jeremy vernehmen können. Obwohl ich nickte, fuhr Yannick fort: „Zirka zehn Wölfe haben sich hinter dem Haus versammelt. Eine Frage: Inwieweit können sie miteinander kommunizieren?“
    Seine Augen waren auf meine Großmutter gerichtet.
    „ Sie können sich mit Geräuschen, Gesten und Blicken verständigen, sie sind aber keine Telepathen. Eine völlig neue Strategie unter Zeitdruck zu entwickeln kann sich durchaus als schwierig erweisen. Es sei denn, sie wurde im Vorfeld in Betracht gezogen.“
    „ Hallo, schon vergessen?! Sie sind da!“, drängte Manuel. „Wie wäre es, wenn wir mal unsere eigene Taktik besprechen würden?“
    „ Du hast Recht“, stimmte Yannick zu und stoppte jeden weiteren Kommentar mit einer Handbewegung, um seinen Ansprechpartner am Telefon zuzuhören. „Hast du alles mitgekriegt?“, wollte er wissen. „… Es macht das Ganze natürlich nicht einfacher“, meinte er nach einer kurzen Pause und wandte sich dann wieder uns zu: „Einer von ihnen hat seine menschliche Gestalt beibehalten. Das bedeutet, er kann auf jeden Fall Befehle geben, um den Plan kurzfristig zu ändern, falls nötig. Ihr müsst euch schnell verwandeln, sie haben sich gerade in zwei Gruppen aufgeteilt und laufen am Haus entlang. Sobald sie sich vorne befinden, gehen wir durch die Fenster raus und überraschen sie … Und Jeremy, vergiss nicht, was du mir versprochen hast: kein Blutbad. Wir geben ihnen die Gelegenheit, sich zurückzuziehen.“
    Ich zog mich zurück, um meine Gestalt zu wechseln. Dank der Angst und der Anspannung ging die Transformation rasch über die Bühne. Es war zwar keine Blitzmetamorphose wie am Wasserfall, aber immerhin geschah das Ganze so schnell, dass ich nur wenige Mutationen wahrnahm. Als ich zu Yannick zurückkehrte, kraulte er mich am Hals und schaute mich mit leuchtenden Augen an. Es war das erste Mal, dass er mich als Löwin sah, und er strahlte mich regelrecht an. Obwohl die Zeit drängte, bückte er sich, um meinen Kopf zu küssen und zu flüstern: „Ich liebe dich.“
    Jeremys Stimme drang zu uns: „Sie sind jetzt alle vorm Haus.“
    „ Okay, wir kommen raus, also nicht erschrecken“, sagte Yannick, ehe er auflegte und sein Handy einsteckte. „Ich habe Euch das Wohnzimmerfenster aufgemacht“, meinte er zu Manuel und meiner Großmutter, die sich in der Zwischenzeit auch verwandelt hatten. „Zwei Leute werden draußen sein. Lilly und ich gehen auf der anderen Seite raus. Loïc wird da stehen“, warnte er mich.
    Mit großen Schritten lief er zum Esszimmer, öffnete das Fenster, setzte sich auf das Sims und zwinkerte mir mit dem rechten Auge zu, eher er mit einer Waffe in der Hand sprang.
    Ein Satz und ich landete vier Meter vom Haus entfernt. Yannick hatte jetzt Loïcs Telefon in der Hand. Mit einem Handzeichen bedeutete er uns, ihm zu folgen. Er hatte sich vergewissert, dass die anderen auch nach vorne liefen. Loïc ließ mich nicht aus den Augen. Ich erkannte Furcht in seinem Blick und sah ihn vor mir, wie er lachend meine Kleidung im Wald entdeckte. Damals hatte er sich gewünscht, ich würde mich vor ihm verwandeln, und jetzt musste er zittern, weil ich in der Haut einer Löwin an seiner Seite schlich. Am liebsten hätte ich ihn kurz angefaucht. Hätte ich selber keine Angst davor gehabt, was uns erwartete, wäre mir die Situation zum Brüllen vorgekommen. Ich fürchtete mich nicht mehr vor ihm, selbst wenn er eine Waffe trug.
    „ Okay, wir verteilen uns“, sagte Yannick leise ins Handy, bevor er es seinem Besitzer zurückgab und lief los. Wir folgten ihm. Vor dem Haus angekommen flüsterte er Loïc zu: „Bleib stehen.“
    Ich machte noch ein paar Schritte, Yannick tat es mir nach, sodass wir mit Loïc eine Linie bildeten. Ein Mann klopfte an die Tür. Ein Wolf, der uns den Rücken zudrehte, versuchte seine Aufmerksamkeit auf die vier Gestalten, die uns gegenüberstanden, zu lenken. Sie bestanden natürlich aus Jeremy, seinem Freund, einem großen Wolf und einer Löwin, die ich zum ersten Mal als meine Oma wahrnahm. Ich hatte sie zwar zwei Sekunden lang in dieser Gestalt im Haus gesehen, alles war aber so schnell geschehen, ich hatte nicht wirklich begriffen, dass es sich bei der Raubkatze tatsächlich um meine Großmutter handelte. Der Mann an der Tür entdeckte uns, bevor er überhaupt merkte, was sich zu seiner Rechten abspielte. Die Tiere, die sich bis dahin ganz nah am Haus aufgehalten hatten, verteilten sich langsam. So sah

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