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Im Namen Caesars

Im Namen Caesars

Titel: Im Namen Caesars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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etwas in der Richtung. Wenn man das richtige Buch hat und das System der Buchstabenersetzung kennt, ist die Entschlüsselung des Textes ein Kinderspiel, auch wenn es etwas mühselig ist.«
    Ich konnte ihr zwar nicht ganz folgen, aber ich vertraute darauf, dass sie wusste, wovon sie sprach.
    »Wo du mich jetzt fragst«, sagte ich, »fällt mir ein, dass ich neben dem Schreibpult, auf dem wir diese Briefe gefunden haben, in der Tat ein paar Schriftrollen gesehen habe, und zwar auf einem Ständer. Eine Schriftrolle lag sogar direkt auf dem Pult.« Ich zermarterte mein Hirn, was mir an diesem turbulenten Nachmittag noch alles aufgefallen war. »Die Schriftrolle auf dem Pult war teilweise entrollt, und sie sah ziemlich oft gelesen aus. Du weißt schon, eben so, wie eine Lieblingslektüre häufig aussieht - das Papyrus war nur noch ein Lappen mit zerfledderten Ecken. Aber es war kein berühmtes Werk wie die Ilias.«
    »Das ist auch gar nicht nötig«, klärte Callista mich auf. »Es muss lediglich sichergestellt sein, dass Absender und Empfänger des verschlüsselten Textes im Besitz des entsprechenden Schriftstücks sind, das den Schlüssel enthält. Ferner muss es sich um identische Versionen handeln. Sie sollten also keine Fehler enthalten, die beim Kopieren entstanden sind.
    Idealerweise fängt zudem jede Zeile eines jeden Absatzes mit dem gleichen Wort an. Manchmal beruht das Verschlüsselungssystem durch Buchstabenaustausch nämlich darauf, dass man, beginnend mit dem ersten Schriftzeichen einer Zeile, die Buchstaben abzählen muss.«
    Ich konnte ihr schon wieder nicht mehr folgen. »Dann sollten die Bücher also eigentlich vom gleichen Kopisten stammen.«
    »Das wäre auf jeden Fall am besten. Um was für ein Buch handelte es sich denn?«
    »Es war eine Art Redensammlung«, erwiderte ich. »Ein Standardlehrbuch für Rhetorikschulen, die sich auf die Ausbildung von Anwälten spezialisiert haben. In derartigen Werken werden berühmte Plädoyers - oder manchmal auch hypothetische Plädoyers für jeweils konstruierte hypothetische Fälle - aufgeführt, anhand derer die Schüler lernen sollen, wie man für oder gegen bestimmte Positionen eine logische Argumentation aufbaut. In dem Buch, das auf dem Pult lag, ging es offenbar um spezielle Rechtsfragen - um die Art juristischer Haarspalterei eben, mit deren Hilfe Juristen sich ihre Existenzberechtigung sichern.«
    »Vom Rechtswesen verstehe ich leider nicht viel«, entgegnete Callista. »Gibt es ein Standardwerk für dieses Gebiet?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Aber ich weiß zufällig, wer den fraglichen Mann ausgebildet hat: Sulpicius Galba, der jetzige Duumvir von Baiae.« »Und hat dieser Sulpicius Galba womöglich auch einen juristischen Text verfasst?«, fragte Callista. »Man kann nämlich beinahe jedes Buch zur Verschlüsselung verwenden, und es macht durchaus einen Sinn, dass jemand ein Werk benutzt, mit dem er besonders vertraut ist.«
    »Auf jeden Fall«, erwiderte ich. »Galba ist schließlich Rechtsdozent. Eigentlich müsste ich problemlos an ein Exemplar seines Fachbuchs herankommen. Vielleicht kann ich sogar das Original besorgen, das ich gestern gesehen habe.«
    »Untersteh dich, Decius!«, schaltete Julia sich ein. »Du bist viel zu alt, um in Häuser einzubrechen. Wenn es schon sein muss, lass Hermes das Buch stehlen!«
    Callista starrte uns an, als ob wir zwei exotische Tiere wären.
    Julia sah ihren verwirrten Blick und beruhigte sie: »Das ist schon in Ordnung. Der Mann, um den es geht, ist tot.«
    »Wenn wir Pech haben, handelt es sich natürlich gar nicht um den Dekodierungsschlüssel «, gab Callista zu bedenken. »Aber die Chancen stehen nicht schlecht, und ohne das Buch beziehungsweise den Schlüssel habe ich wenig Hoffnung, eine schnelle Übersetzung liefern zu können.« »Dann besorge ich das Buch«, versprach ich und sah mich um. »Wo ist Hermes eigentlich?«
    »Wie ich ihn kenne, treibt er sich da rum, wo die hübschesten Frauen in diesem Haus zu finden sind«, erwiderte Julia.
    »Die hübschesten sitzen doch hier im Innenhof«, ertönte es dreist aus der Türöffnung, die zum Speisezimmer führte und von wo Hermes unser Gespräch mitgehört hatte. Aber Julia hatte natürlich richtig gelegen; er hatte sich an ein niedliches Sklavenmädchen herangemacht.
    »Halt deine Zunge im Zaum!«, wies Julia ihn zurecht.
    »Glaubst du, du kannst uns dieses Buch unauffällig besorgen?«
    Er überlegte ein paar Sekunden und vergegenwärtigte sich die Lage

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