Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen Caesars

Im Namen Caesars

Titel: Im Namen Caesars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
die erste Streifenschicht gelegt und die so entstandene mattenähnliche Struktur angefeuchtet und zwischen zwei Bretter gepresst, wobei das obere Brett mit einem massiven Gewicht beschwert wird. Das durch diesen Prozess entstandene Blatt, welches durch den natürlichen Klebstoff der Pflanze zusammen gehalten wird, wird schließlich zum Trocknen und Bleichen in die Sonne gelegt, bis es beinahe weiß ist.
    Aus den größten Pflanzen lässt sich natürlich der beste Papyrus herstellen, da man für die obere Schicht, die ja beschrieben werden soll, weniger Streifen benötigt. Zudem verlaufen die Streifen auf dieser oberen Schicht in der gleichen Richtung wie der spätere Schriftzug. Doch so sehr man die fertigen Papyrusseiten auch mit Bimsstein bearbeitet, um Unebenheiten zu beseitigen - man bleibt trotzdem ständig mit der Spitze der Feder an den Nahtstellen zwischen den Streifen hängen.
    Julia und Callista hatten bereits ein paar Papyri entrollt. »Hier ist einer von Cicero«, teilte Julia uns mit. »Und einer von Hortalus. Außerdem eine Studie über die Zwölf-Tafel-Gesetze mit allen möglichen Kommentaren und Disputen über deren Auslegung.«
    »Und dies hier«, erklärte Callista, »scheint ein Werk über die Anwendung der Sibyllinischen Bücher nach römischem Recht zu sein, das vor knapp zweihundert Jahren von einem gewissen Valgus aus Lanuvium verfasst worden ist.«
    »Ein größenwahnsinniger Kerl, nicht wahr?«, warf ich ein.
    »Klingt doch fast so, als ob er sich zum alleinigen Ausleger des römischen Rechts hätte aufschwingen wollen.«
    »Zeig mal, was du da hast!«, wandte Callista sich an mich und machte sich daran, die ersten Streifen der Schriftrolle aufmerksam zu lesen. Zunächst waren der Titel des Buches und der Autor genannt: Spezielle Fragen des Rechts von Aulus Sulpicius Galba.
    Es folgte die übliche Widmung: »Ich widme dieses Buch den unsterblichen Göttern und den Musen sowie meinen verehrten Vorfahren und meinen hoch geschätzten Freunden und Patronen Publius Fulvius Flaccus und Sextus Manilius.«
    »Manilius!«, rief ich. »Hatte ich es mir doch gedacht, dass ich früher oder später über diesen Namen stolpern würde.«
    »Vielleicht ist es nur ein Zufall«, wandte Julia ein.
    »Schließlich ist Manilius nicht gerade ein seltener Name.«
    »Seit wann glaubst du denn an Zufälle?«, entgegnete ich.
    »Fulvius und Manilius - und beide auf demselben Streifen verewigt! Für mich riecht das nach Verschwörung. Um was wollt ihr wetten, dass wir es bei den beiden mit niemand anderem zu tun haben als mit den Vätern unseres mysteriösen Mordopfers und dieses jungen geltungssüchtigen Volkstribuns? «
    »Von so einer Wette lasse ich lieber die Finger«, winkte Julia ab.
    Callista schien sich nicht im Geringsten für die Widmung zu interessieren und überflog stattdessen mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit den nachfolgenden Text. Sie gehörte zu den Menschen, die ganz leise für sich selbst zu lesen imstande waren - ein Talent, das ich schon immer bewundert habe.
    »Wonach suchst du?«, fragte ich sie.
    »Nach dem ersten Streifen, auf dem sämtliche Buchstaben des lateinischen Alphabets vorkommen«, erwiderte sie.
    »Normalerweise enthält er den gesuchten Schlüssel.«
    Das war schon wieder zu hoch für mich. Ich erhob mich und gab Hermes ein Zeichen. »Verehrte Damen, wir werden euch jetzt allein lassen.« »Ich bleibe noch ein bisschen hier und helfe Callista«, sagte Julia. »Was hast du jetzt vor?«
    »Ich werde schauen, was ich über den jungen Manilius in Erfahrung bringen kann. Komm, Hermes!«
    Als wir gingen, hatten die beiden sich schon wieder in ihre Arbeit vertieft und steckten die Köpfe zusammen wie zwei Freundinnen, die sich seit ihrer frühesten Jugend kannten.

VII
    Wenn es im Rom der späten Republik irgendeinen Ort gab, den man als das Herz der Regierung bezeichnen konnte, war es nicht etwa, wie viele wahrscheinlich vermuten, die Curia. Die Curia war lediglich der Ort, an dem die Senatoren zusammentraten, um ihre mehr oder weniger bedeutenden Reden zu halten oder sich gegenseitig zu beschimpfen. Genauso wenig stellten die Saepta auf dem Marsfeld, wo die Wahlen abgehalten wurden, das Zentrum römischer Politik dar. In jenen Tagen war das Marsfeld im Grunde nicht mehr als ein ödes Feld mit etlichen Barrieren, die die Wähler nach der Zugehörigkeit zu ihren jeweiligen Tribus von einander trennten, und der gebräuchlich gewordene Name »Schafspferch« beschrieb diesen Ort

Weitere Kostenlose Bücher