Im Namen der Engel
ungefähr so relevant wie der Bananenpreis in Brasilien.«
»Eine üble Familie, diese Pendergasts«, insistierte Lavinia. »Vor denen muss man sich in Acht nehmen.«
»Es scheint in derr Tat einigen Grund zur Sorrge zu geben«, sagte Petru. »Die Pendergasts haben eine schlimme Familiengeschichte.«
»Gehören zu dieser schlimmen Familiengeschichte irgendwelche noch lebenden Pendergasts, die etwas mit Benjamin Skinner zu tun hatten? Außer Jennifer, meine ich«, wollte Bree wissen. »Gab es vielleicht irgendwelche Prozesse? Mordmotive?«
»Noch lebende Pendergasts, nein«, gab Petru zu. »Aber wir können die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Josiah selbst seine Hand im Spiel hat. Diese Jennifer ist eine dirrekte Nachfahrin von ihm.«
Bree verzog das Gesicht. »Sie glauben doch wohl nicht allen Ernstes, Josiah sei aus dem Grab gekrochen und habe Mr. Skinner ins Meer geschubst?«, fragte sie, wobei ihr vor der Antwort, die ihre durchgeknallten Angestellten ihr gleich geben mochten, fast ein wenig bange war.
»Nein, nein. Selbstverständlich nicht!«, sagte Lavinia in tadelndem Ton. »Die Toten holen die Lebenden nicht zu sich. Von so etwas habe ich noch nie gehört.«
»Oder dass er in meine alte Schulfreundin Jennifer gefahren ist und sie dazu gebracht hat, ihren Schwiegervater umzubringen?«
»Ein verderrblicher Einfluss«, stellte Petru fest, »ist allerrdings durchaus denkbar. Es gibt immerr jemanden, der auf die Einflüsterungen der Toten hört.«
»Ich bekomme allmählich Kopfschmerzen«, sagte Bree. »Ganz im Ernst. Für diese Sachen können wir ja einen Extraordner anlegen, okay? Und gegebenenfalls darauf zurückgreifen.« Am Sankt-Nimmerleins-Tag, fügte sie im Geiste hinzu. »Ansonsten würde ich es vorziehen, wenn wir uns auf die Lebenden konzentrieren und die Toten in Frieden ruhen lassen.«
»Einige Tote«, meinte Ron, »sind aber alles andere als friedlich. Das sollten Sie nicht vergessen.«
»Ich bin eigentlich aus einem anderen Grund nach unten gekommen«, warf Lavinia ein. »Ihr redet alle so viel, dass ich’s fast vergessen hätte. Während Sie bei dieser Liz waren, haben Sie einen Anruf bekommen, Bree.« Sie kramte in ihrer Schürzentasche herum und holte einen pinkfarbenen Zettel heraus. »Von diesem Payton.«
Bree verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
»Der für seinen Boss angerufen hat«, fuhr Lavinia fort. »Mr. John Stubblefield. Er möchte, dass Sie sich gegen sechs mit den beiden bei Molly McPherson’s treffen.«
Bree lächelte. »Wunderbar. Rufen Sie sie zurück, um die Verabredung zu bestätigen, ja, Ron? Stubblefield steht ganz oben auf Liz Overshaws Liste von Verdächtigen. Das dürfte die Dinge schnellstens ins Rollen bringen.«
Die Gräber standen leer, verhüllte Tote schrien
Und wimmerten die römschen Gassen durch.
Shakespeare, Hamlet
Als Bree die Bürotür hinter sich schloss und auf die Angelus Street trat, frischte der Wind auf. Von irgendwoher zog ein Unwetter heran – im Oktober erreichte die Hurrikansaison ihren Höhepunkt, doch zumindest bisher hatten sie in diesem Jahr Glück gehabt. Mitte September hatte es ein tropisches Unwetter gegeben, danach war alles ruhig geblieben.
Bree blickte nach oben. Im Westen ging allmählich die Sonne unter und färbte den Horizont orange und rot. Am südöstlichen Himmel war eine Formation weißer Federwolken zu sehen.
»Was meinst du, Sascha? Ob es bald regnen wird?«
Der Hund blickte ängstlich zu ihr hoch und winselte. Er brauchte nicht mehr zum Auto getragen zu werden und kam auch trotz seines Verbands bemerkenswert gut voran. Sein Verhalten musste also einen anderen Grund haben.
»Hungrig kannst du eigentlich auch nicht sein«, stellte Bree fest. »Schließlich hat Lavinia dich mit Hühnchen und Reis vollgestopft.«
Sascha knurrte die Gräber auf dem Friedhof an. Seine Augen hatten sich zu gelben Schlitzen zusammengezogen. Dann warf er den Kopf zurück und heulte. Bree bekam eine Gänsehaut.
Komm her .
Bree fuhr herum. Die Stimme – wenn es eine war – kam von der Eiche her.
Ahhh, Bree. Komm her .
Sie spähte in das nachlassende Licht. Zwischen den vom Baum hängenden Bartflechten bewegte sich etwas – etwas Großes und Dunkles. Unruhig drehte und wendete die Figur sich hin und her – wie Rauch, der von einem schwelenden Feuer aufsteigt.
Sie bewegte sich gegen den Wind, was bei Rauch unmöglich war, und schillerte in düsteren Farben – ungesundes Purpur, fauliges Grün, öliges
Weitere Kostenlose Bücher