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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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hier festgehalten wird. Aber ihr habt offenbar andere Probleme, und wir bedauern es, daß wir euch jetzt auch noch zur Last fallen und womöglich die junge Dame beunruhigen - nach allem, was sie durchmachen mußte.«
    »Mein Kind«, sagte Prior Robert höflich, aber im Befehlston, »du sprichst mit dem Amtmann von Rhos, und wie du weißt, bin ich der Prior des Shrewsbury-Klosters. Ihr habt einen Mönch aus dieser Abtei in eurem Gewahrsam, und der Amtmann ist gekommen, um euch von dieser Sorge zu befreien.«
    Pflichtbewußt und ernsthaft übersetzte Cadfael diese Worte für Annest, deren Gesicht ebenso arglos war wie das seine.
    »Oh, meine Herren!« Sie machte einen tiefen Knicks vor dem Amtmann und einen weniger tiefen vor dem Prior, unterschied geflissentlich zwischen der Autorität ihres Landes und der fremden. »Es stimmt, wir hatten einen Gefangenen... «
    »Ihr hattet einen Gefangenen?« rief der Prior mit scharfer Stimme, nachdem Cadfael Annests Antwort übersetzt hatte.
    »Ihr hattet einen Gefangenen?« wiederholte Griffith nachdenklich.
    »Er ist verschwunden, mein Herr. Du siehst ja, welche Verwirrung er verursacht hat. Als ihm sein Bewacher heute abend das Essen brachte, schlug ihn dieser Mönch mit einem Brett nieder. Er hatte es aus einem Futtertrog in der Scheune gerissen, in der wir ihn gefangenhielten. Danach lief er davon, und es dauerte eine ganze Weile, bis wir merkten, was geschehen war. Er muß über den Zaun geklettert sein. Ihr seht ja, daß der nicht besonders hoch ist. Jetzt suchen die Männer in den Wäldern nach ihm. Aber ich fürchte, er ist weg.«
    Cais Auftritt erfolgte genau zum richtigen Zeitpunkt. Mit unsicheren Schritten kam er aus einer Scheune, ein Tuch mit roten Flecken um den Kopf gewunden.
    »Das ist der arme Mann, den der Schurke niedergeschlagen hat«, erklärte Annest. »Es dauerte ziemlich lange, bis er sich zur Haustür schleppen und dagegen hämmern konnte. Wir wissen nicht, wie weit der Bursche gekommen ist, aber der ganze Haushalt macht Jagd auf ihn.«
    Der Amtmann tat seine Pflicht und verhörte Cai. Er befragte auch die anderen Dienstboten, die umherrannten, um sich nützlich zu machen, mit dem Erfolg, daß die allgemeine Verwirrung noch wuchs. Prior Robert, von wütender Rachsucht ergriffen, hätte sie etwas strenger ins Verhör genommen, doch dazu war er in Gegenwart des Amtmanns nicht befugt. Außerdem hatte er nicht mehr viel Zeit, denn die Komplet würde bald beginnen. Jedenfalls stand es fest, daß Bruder John nicht mehr da war. Bereitwillig zeigten die Leute den hohen Besuchern die Scheune, in der sie Bruder John gefangengehalten hatten, und das Brett, mit dem er seinen Bewacher ausgeschaltet hatte - ein Brett, das kunstvoll mit Cais Blut bespritzt war, vermutlich mit roter Farbe.
    »Offensichtlich hat uns der junge Mann hereingelegt«, meinte Griffith mit bewundernswerter Gelassenheit, denn immerhin hatte sich ein Übeltäter dem Zugriff des Gesetzes entzogen. »Wir können hier nichts mehr tun. Den Leuten dürfen wir keinen Vorwurf machen, denn sie konnten nicht damit rechnen, daß ein Benediktinermönch gewalttätig werden würde.«
    Genüßlich übersetzte Cadfael diese spitze Bemerkung, die den Blick des hübschen Mädchens in Grün aufleuchten ließ - was dem Amtmann nicht entging. Doch ein neuerlicher Versuch, der Sache auf den Grund zu gehen, wäre töricht gewesen. Die klaren braunen Augen hätten sich weit geöffnet, um gekränkte Unschuld auszudrükken, mit einer Überzeugungskraft, der Griffith nichts entgegensetzen könnte. »Lassen wir sie in Ruhe«, schlug er vor, »damit sie ihre zerbrochenen Futtertröge und Köpfe reparieren können, und suchen wir anderswo nach dem Flüchtling.«
    »Der Schurke hat seinem Verbrechen ein zweites hinzugefügt«, stieß Robert wütend hervor. »Aber meine Mission darf nicht von seinen Missetaten gestört werden. Morgen muß ich heimreisen und es dir überlassen, ihn gefangenzunehmen.«
    »Du kannst dich darauf verlassen, daß er bestraft wird, wie er es verdient«, erwiderte Griffith trocken, »falls wir ihn schnappen.« Wenn er das Wort >falls< mit einer besonderen Betonung aussprach, so bemerkte es niemand außer Cadfael und Annest. Mittlerweile hatte Annest festgestellt, daß ihr der prinzliche Beamte ausnehmend sympathisch war. Sie wußte, daß er sich vernünftig verhalten und keine unnötigen Schwierigkeiten machen würde.
    »Wirst du ihn zu uns schicken, wenn er sein Vergehen nach dem walisischen Gesetz

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