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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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keine Zeit mehr blieb, denn er mußte erwachen und sie loswerden.
    Er richtete sich auf, streckte die steifen Arme und lauschte mit angehaltenem Atem. Sein Blick irrte umher, doch da war nur das warme Dunkel, das ihn wie zuvor einhüllte, und da stand das Reliquiar, schwärzer als vorher, oder es erschien ihm nur so, weil die Flamme der Öllampe schwächer geworden war und sich hinter dem Sarg verbarg. Er hatte vergessen, nach dem Öl zu schauen. Und doch wußte er, daß die Lampe voll gewesen war, als er sie zuletzt gesehen hatte, nach Rhisiarts Begräbnis, und das war noch nicht lange her.
    Von allen seinen Sinnen schien das Gehör der letzte zu sein, der wieder funktionierte, denn nun merkte er - schaudernd vor Angst -, daß die Stimme aus seinem Traum immer noch seinen Namen rief, die ganze Zeit nach ihm gerufen und sich übergangslos vom Traum in die Wirklichkeit begeben hatte. Es war eine sanfte, leise, unbeirrbare Stimme - kein Flüstern, sondern ein klarer, deutlicher Ruf, der mal aus der Ferne, dann wieder aus nächster Nähe zu ihm drang. »Columbanus... Columbanus... Was hast du getan?«
    Sie kam aus dem Reliquiar, aus jenem Licht, das zu verlöschen schien, während er es in ungläubigem Entsetzen anstarrte.
    »Columbanus, Columbanus, mein falscher Diener, der gegen meinen Willen Sakrilege begeht und meine treuesten Diener ermordet... Was willst du Winifred sagen, um dich zu verteidigen? Glaubst du, daß du mich ebenso täuschen kannst wie deinen Prior und deine Brüder?« Leidenschaftslos sprach die Stimme weiter, tönte aus der dunklen Apsis des Altars herab und hallte unheimlich wider in der kleinen Kapelle. »Du, der du behauptest, mein Anbeter zu sein, hast mir einen üblen Streich gespielt wie der böse Cradoc. Nie wollte ich meinen Ruheplatz in Gwytherin verlassen. Wer, außer dem Teufel deines persönlichen Ehrgeizes, hat dir etwas anderes erzählt? Ich wandte mich an einen guten Mann und beauftragte ihn, sich für meine Wünsche einzusetzen. An diesem Tag wurde er hier begraben, ein Märtyrer um meinetwillen. Diese Sünde ist im Buch des Himmels verzeichnet, und es gibt keinen Ort, wo du dich verstecken kannst. Warum«, sagte die Stimme kalt, herrisch und drohend, »hast du meinen Diener Rhisiart getötet?«
    Er versuchte sich von seinen Knien zu erheben, doch die schienen am Holz des Betstuhles festgenagelt zu sein. Er versuchte zu sprechen, doch aus seiner engen Kehle kam nur ein schwaches Krächzen. Sie konnte nicht hier sein - hier war niemand! Aber die Heiligen gehen überallhin, so wie es ihnen gefällt, zeigen sich, wann immer es ihnen beliebt, und manchmal auf schreckliche Weise. Seine kalten Finger klammerten sich an den Betstuhl, seine Zunge preßte sich wie ein harter Splitter an seine Mundhöhle. Vergeblich bemühte er sich zu sprechen, zu protestieren.
    »Es gibt keine Hoffnung für dich - es sei denn, du legst ein Geständnis ab, Columbanus, du Mörder! Sprich! Gestehe!«
    »Nein!« Schmerzhaft rangen sich die Worte aus seiner Kehle. »Ich habe Rhisiart nicht angerührt. Ich war hier in deiner Kapelle, heilige Jungfrau, den ganzen Nachmittag. Wie hätte ich ihm etwas antun können? Ich habe mich gegen dich versündigt, weil ich einschlief - das gebe ich zu. Bürde mir keine größere Schuld auf...«
    »Nicht du hast geschlafen«, entgegnete die Stimme, um eine Tonlage höher als zuvor, um eine Nuance erregter. »Lügner, der du bist! Wer hat den Wein getragen! Wer hat den Wein vergiftet, um auch den Unschuldigen zur Sünde zu verleiten? Bruder Jerome hat geschlafen - nicht du! Du gingst in den Wald hinaus, um auf Rhisiart zu warten und ihn niederzustrecken!«
    »Nein - nein, ich schwöre es!« Zitternd und schwitzend stemmte er sich gegen den Betstuhl, doch seine Hände waren wie gelähmt, und er brachte nicht die Kraft auf, seinen Körper hochzuhieven und die Flucht zu ergreifen. Aber wie könnte man auch fliehen vor Geschöpfen, die überall sind und alles sehen. Kein Sterblicher würde wissen, was dieses Wesen wußte. »Nein, das ist nicht wahr! Du beschuldigst mich zu Unrecht. Ich schlief hier, als Vater Huws Bote zu uns kam. Jerome schüttelte mich wach... Der Bote kann es bezeugen...«
    »Der Bote hat die Kapelle gar nicht betreten. Bruder Jerome war bereits aus seinem Drogenschlaf erwacht und ging ihm entgegen. Und du tatest so, als würdest du schlafen. Wer hat den Mohnsaft nach Gwytherin mitgebracht? Wer wußte Bescheid über seine Wirkungskraft? Du stelltest dich schlafend

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