Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
irgendeine Weise verletzt.«
    »Sie kennen ihn schon sehr viel länger als ich«, meinte sie.
    »Das stimmt.«
    »Heißt das, dass Sie immun sind?«
    Er schüttelte den Kopf. »Immun nicht, nein.«
    »Mich hat er bis jetzt nicht verletzt.«
    »Das ist gut … aber man bemerkt den Schaden nicht immer sofort.« Sie bogen in die Lady Lawson Street ein. Der Fahrer bog nach rechts ab. In einer Minute würden sie am Grassmarket sein.
    »Sind Sie mit Ihrer Guter-Samariter-Nummer fertig?«, fragte sie und drehte sich zu Rebus.
    »Es ist Ihr Leben …«
    »Genau.« Sie beugte sich zur Trennscheibe vor. »Fahren Sie bei der Ampel an die Seite.«
    Er folgte der Anweisung. Fing schon an, die Quittung auszustellen, doch Rebus sagte ihm, die Fahrt gehe noch weiter. Sie stieg aus. Er rechnete damit, dass sie noch irgendeine Bemerkung machen würde, aber sie knallte nur die Tür zu, überquerte die Straße und verschwand in einer dunklen Gasse. Der Fahrer ließ den Motor laufen, bis ein Lichtstrahl ihm anzeigte, dass sie die Tür zu ihrem Haus aufgeschlossen hatte.
    »Ich gehe immer gern auf Nummer sicher«, erklärte er Rebus. »Man kann heutzutage nicht vorsichtig genug sein. Wohin, Chef?«
    »Eine Kehrtwende«, antwortete Rebus. »Setzen Sie mich beim Nook ab.« Es war eine Fahrt von zwei Minuten, an deren Ende Rebus dem Mann sagte, er solle noch zwanzig Eier mehr auf den Zettel schreiben, als Trinkgeld. Setzte seinen Namen darunter und gab ihn dem Mann zurück.
    »Sind Sie sich da sicher, Chef?«, wollte der Fahrer wissen.
    »Ist ja nicht mein Geld«, erwiderte Rebus beim Aussteigen.
    Die Türsteher vor dem Nook erkannten ihn sofort, von Wiedersehensfreude jedoch keine Spur.
    »Viel los, Jungs?«, fragte Rebus.
    »An Zahltagen immer.War auch eine gute Zeit für Überstunden.«
    Was der Rausschmeißer damit meinte, wurde Rebus erst klar, als er hineinging. Eine große Runde betrunkener Polizisten schien drei der Lapdancer mit Beschlag belegt zu haben. Ihr Tisch ächzte unter der Last von Champagnerflöten und Biergläsern. Dabei wirkten sie nicht einmal deplatziert – am anderen Ende des Raums genossen die Teilnehmer eines Junggesellenabschieds die Konkurrenz. Rebus kannte die Polizisten nicht, sie hatten einen schottischen Akzent – ein letzter Abend in der Stadt für diese bunte Truppe, bevor es wieder nach Hause zu ihren Frauen und Freundinnen ging, nach Glasgow, Inverness, Aberdeen …
    Zwei Frauen drehten und wanden sich auf der kleinen Bühne in der Mitte. Eine andere stolzierte zum Vergnügen der an der Bar sitzenden einsamen Trinker oben auf dem Tresen entlang. Sie hockte sich hin, um sich einen Fünfpfundschein in den G-String stecken zu lassen, was dem Spender ein Küsschen auf die pockennarbige Wange einbrachte. Ein einziger Platz war noch frei, und Rebus setzte sich. Zwei Tänzerinnen kamen hinter einem Vorhang hervor. Schwer zu sagen, ob sie eine private Tanznummer gegeben oder eine Zigarettenpause eingelegt hatten. Eine der beiden wollte sich an Rebus heranmachen, doch auf sein Kopfschütteln hin erstarb ihr Lächeln. Der Barkeeper fragte ihn, was er trinken wolle.
    »Nichts«, antwortete er. »Ich möchte mir nur Ihr Feuerzeug ausleihen.« Ein Paar Stöckelschuhe war vor ihm aufgetaucht. Rebus hob den Blick und unterbrach das Anzünden seiner Zigarette, um der dazugehörigen Frau zu sagen, dass er sie sprechen müsse.
    »Ich kann in fünf Minuten eine Pause machen«, erklärte Molly Clark. Sie wandte sich an den Barkeeper. »Ronnie, gib meinem Freund hier einen Drink.«
    »Gerne«, antwortete Ronnie, »aber das geht von deinem Lohn ab.«
    Ohne ihm Beachtung zu schenken, stöckelte sie ans andere Ende der Bar.
    »Whisky, danke, Ronnie«, sagte Rebus, während er unbemerkt das Feuerzeug einsteckte, »das Wasser gebe ich lieber selbst dazu.«
    Aber Rebus hätte schwören können, dass das aus der Flasche eingegossene Zeug schon vorher gepanscht worden war. Er drohte dem Barkeeper mit dem Finger.
    »Wenn Sie der Gewerbeaufsicht unbedingt erzählen wollen, dass Sie hier waren, nur zu«, konterte Ronnie.
    Rebus schob das Glas beiseite und drehte sich um, als gälte sein Interesse den Tänzerinnen; in Wirklichkeit beobachtete er die Polizistentruppe. Was war es, überlegte er, was sie charakterisierte? Einige von ihnen hatten einen Schnurrbart, alle einen ordentlichen Haarschnitt. Die meisten trugen Krawatte, wenn auch die Anzugjacken über ihren Stuhllehnen hingen. Von Alter und Körperbau her unterschiedlich, und

Weitere Kostenlose Bücher