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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Lane.«
    »In Kelso?«
    Sie brachte ein zögerliches Nicken zustande. Legte sich eine Hand an die Stirn, als wäre ihr schwindlig. »Solange es aber noch Tageslicht gibt, ist er meist im Wald.«
    »Im Wald?«
    »Hinter dem Cottage.«
    Wald... Was hatte die Psychologin gesagt? Wald könnte von Bedeutung sein.
    »Wie lange kennen Sie ihn schon, Debbie?«
    »Drei … vielleicht vier Jahre.«
    »Ist er älter als Sie?«
    »Zweiundzwanzig«, bestätigte sie.
    »Und Sie sind … wie alt? Sechzehn, siebzehn?«
    »An meinem nächsten Geburtstag neunzehn.«
    »Sind Sie beide ein Paar?«
    Schlecht gewählte Frage: Die Farbe in ihrem Gesicht wurde noch intensiver. Rebus hatte schon schwarze Johannisbeeren gesehen, die weniger dunkel waren. »Wir sind nur Freunde … in der letzten Zeit habe ich ihn kaum gesehen.«
    »Was macht er?«
    »Holzschnitzereien – Obstschalen und so Zeug. Verkauft sie in den Galerien in Edinburgh.«
    »Künstlertyp, was? Geschickte Hände?«
    »Er ist super.«
    »Hübsche scharfe Werkzeuge?«
    Sie wollte schon antworten, hielt dann aber inne. »Er hat nichts getan!«, schrie sie.
    »Habe ich das denn behauptet?« Rebus bemühte sich um einen verärgerten Tonfall. »Was bringt Sie auf den Gedanken?«
    »Er traut Ihnen nicht!«
    »Mir?« Jetzt klang Rebus verwirrt.
    »Ihnen allen!«
    »War wohl mal in Schwierigkeiten, wie?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Sie verstehen mich nicht«, sagte sie leise. Ihre Augen wurden feucht. »Er sagte, Sie würden nicht …«
    »Debbie?«
    Sie brach in Tränen aus und kam mit ausgestreckten Armen hinter der Theke hervor. Er breitete ebenfalls die Arme aus, doch sie duckte sich darunter weg. Und bis er sich umgedreht hatte, war sie schon an der Tür, die sie so heftig aufriss, dass das Glockenspiel darüber wie wild bimmelte.
    »Debbie!«, rief er. Doch als er auf den Bürgersteig trat, war sie schon die halbe Straße hinuntergerannt. Er fluchte leise und bemerkte, dass neben ihm eine Frau mit einem leeren Einkaufskorb stand. Er drehte das hinter der Tür hängende GEÖFFNET-Schild auf GESCHLOSSEN. »Samstags nur den halben Tag«, erklärte er ihr.
    »Seit wann?«, zischte sie voller Empörung.
    »Gut«, lenkte er ein, »dann sagen wir Selbstbedienung … lassen Sie einfach Ihr Geld auf der Theke liegen.« Er zwängte sich an ihr vorbei und hastete zu seinem Auto.
     
    Siobhan fühlte sich völlig fehl am Platz, herumgeschubst von der Menge, die auf Zehenspitzen hüpfte. Und falsch mitsang. Fahnen aller Nationen versperrten ihr die Sicht. Mit Kraftausdrücken um sich werfende, schwitzende Prolltypen und -mädels tanzten mit spießigen Studentinnen und Studenten den Reel, einen alten schottischen Volkstanz, während aus herumgereichten Dosen billiges Bier und Cider strömten. Matschig gewordene Pizzakrusten lagen auf dem Boden. Und die Bands spielten auf einer vierhundert Meter entfernten Bühne. Permanent Schlangen vor den Klos. Als sie sich an ihren Backstage-Ausweis beim »Final Push« erinnerte, erlaubte sie sich ein kleines Lächeln. Sie hatte ihren beiden Freundinnen pflichtgemäß eine SMS geschickt, aber noch keine Antwort von ihnen erhalten. Alle wirkten so fröhlich und ausgelassen, doch sie empfand nichts dergleichen. Alles, woran sie denken konnte, war:
    Cafferty.
    Gareth Tench.
    Keith Carberry.
    Cyril Colliar.
    Trevor Guest.
    Edward Isley.
    Ihr war von ihrem Chief Constable ein bedeutender Fall übertragen worden. Ein positives Ermittlungsergebnis wäre ein großer Schritt in Richtung Beförderung gewesen. Der Angriff auf ihre Mutter hatte sie jedoch aus der Bahn geworfen. Die Suche nach dem Angreifer hatte alles überschattet und sie zu sehr in die Nähe von Cafferty gebracht. Sie wusste, sie musste ihre Konzentration bündeln, sich wieder engagieren. Am Montagmorgen würden die offiziellen Ermittlungen anlaufen – vermutlich unter der Leitung von DCI Macrae und DI Derek Starr -, und eine Mordkommission würde mit so viel Personal wie nötig zusammengestellt.
    Und sie war suspendiert, konnte nichts anderes tun, als Corbyn aufzusuchen und sich zu entschuldigen … ihn dazu zu überreden, sie wieder aufzunehmen. Er würde ihr das Versprechen abverlangen, Rebus strikt von allem fernzuhalten und sämtliche Verbindungen abzubrechen. Der Gedanke beschäftigte sie. Es stand sechzig zu vierzig, dass sie einwilligte, wenn er sie fragte.
    Eine neue Band hatte die Hauptbühne in Beschlag genommen, und die Lautstärke war aufgedreht worden. Sie prüfte ihr Handy auf

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