Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
noch einen, bei dem er die gleiche Nachricht auf dem Anrufbeantworter von Ray Duffs Festnetzanschluss hinterließ. Nachdem er Handy und Festnetz abgehakt hatte, konnte er nicht viel anderes tun, als zu warten. Das Live-8-Konzert begann gegen zwei, aber er vermutete, dass sowohl The Who als auch Pink Floyd erst gegen Abend auftreten würden. Viel Zeit also, um die Colliar-Akten noch einmal durchzugehen. Und viel Zeit, um den Fall Ben Webster weiterzuverfolgen. Den Samstag vor sich her zu schieben, bis er zum Sonntag wurde.
Rebus ging davon aus, dass er überleben würde. Das Einzige, was die Telefonauskunft ihm über Pennen Industries geben konnte, war eine Telefonnummer und eine Adresse im Zentrum von London. Rebus rief dort an, bekam jedoch die automatische Nachricht, die Zentrale sei Montagmorgen wieder besetzt. So lange wollte Rebus nicht warten und rief im Hauptquartier von Operation Sorbus in Glenrothes an.
»CID, B Division Edinburgh.« Er durchquerte sein Wohnzimmer und schaute aus dem Fenster. Eine Familie mit bunt geschminkten Kindern war auf dem Weg zu den Meadows. »Uns sind Gerüchte über die Clowns-Armee zu Ohren gekommen. Möglicherweise richtet sie ihr Augenmerk auf etwas namens …«, er machte eine effektvolle Pause, als sähe er in einem Dokument nach, »Pennen Industries. Wir tappen völlig im Dunkeln und dachten, Ihre Experten könnten vielleicht Licht in die Sache bringen.«
»Pennen?«
Rebus buchstabierte es.
»Und Sie sind …?«
»DI Starr … Derek Starr«, log Rebus ungeniert. Er hatte keine Ahnung, was Steelforth davon mitbekommen würde.
»Geben Sie mir zehn Minuten.«
Rebus wollte sich gerade bedanken, da war die Leitung schon tot. Es war eine männliche Stimme gewesen, Lärm im Hintergrund: die Geräuschkulisse eines hektischen Einsatzzentrums. Ihm fiel auf, dass der Beamte ihn nicht nach seiner Telefonnummer gefragt hatte – musste wohl auf einer Art Display erschienen und dann gespeichert worden sein.
Und sich zurückverfolgen lassen.
»Hoppla«, sagte er leise, während er in die Küche ging, um sich noch einen Kaffee zu holen. Er erinnerte sich, dass Siobhan das Balmoral nach zwei Drinks verlassen hatte. Rebus hatte sich noch einen dritten genehmigt, bevor er zu einem Schlummertrunk nach gegenüber ins Café Royal gegangen war. Essiggeschmack an seinen Fingern deutete darauf hin, dass er auf dem Heimweg Pommes gegessen hatte. Ja, der Taxifahrer hatte ihn am Rand der Meadows abgesetzt, nachdem Rebus gesagt hatte, dass er von hier aus laufen würde. Er dachte daran, Siobhan anzurufen, um sich zu vergewissern, dass sie gut nach Hause gekommen war. Sie ärgerte sich aber immer, wenn er das tat. Wahrscheinlich war sie auch schon weg: ihre Eltern auf der Demo treffen. Sie freute sich darauf, Eddie Izzard und Gael Garcia Bernal zu sehen. Auch andere würden Reden halten: Bianca Jagger; Sharleen Spiteri... Wie sie es erzählte, hatte es nach einem Karneval geklungen. Er hoffte, dass es ihr gut ging.
Ihr Auto musste auch in die Werkstatt gebracht werden. Rebus kannte Stadtrat Tench; zumindest wusste er, wer er war. Eine Art Laienprediger, der normalerweise seinen Platz am Fuß des Mound hatte, wo er die Menschen, die ihre Wochenendeinkäufe erledigten, zur Umkehr rief. Rebus sah ihn immer, wenn er zur Mittagszeit auf einen Sprung in die Ox ging. Hatte einen guten Ruf in Niddrie, denn er machte Fördermittel bei der Kommunalverwaltung, denWohltätigkeitsorganisationen, ja sogar der EU locker. Das hatte Rebus Siobhan erzählt und ihr dann die Nummer eines Autoschlossers in der Nähe der Buccleuch Street gegeben. Ein Typ, der zwar auf VWs spezialisiert war, aber Rebus einen Gefallen schuldete …
Sein Telefon klingelte. Er nahm den Kaffee mit ins Wohnzimmer und hob ab.
»Sie sind nicht auf dem Revier«, sagte dieselbe Stimme in Glenrothes misstrauisch.
»Ich bin zu Hause.« Durchs Fenster hörte er irgendwo über sich einen Helikopter fliegen.Vielleicht ein Überwachungshubschrauber, vielleicht die Presse. Oder konnte es auch Bono sein, der mit dem Fallschirm absprang und aus der Luft eine Predigt hielt?
»Pennen hat keine Büros in Schottland«, sagte die Stimme jetzt.
»Dann gibt es ja keine Probleme«, erwiderte Rebus betont gleichgültig. »In Zeiten wie diesen macht die Gerüchteküche Überstunden, wie wir alle.« Er lachte und wollte eine weitere Frage anfügen, doch die Stimme kam ihm zuvor.
»Die Firma ist in der Rüstungsindustrie tätig, an den Gerüchten könnte
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