Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
also doch etwas dran sein.«
»In der Rüstungsindustrie?«
»Hat früher zum Verteidigungsministerium gehört; wurde vor ein paar Jahren verkauft.«
»Ich glaube, ich erinnere mich«, sagte Rebus in wissendem Ton. »Mit Sitz in London, stimmt’s?«
»Genau. Die Sache ist aber die … ihr geschäftsführender Direktor ist jetzt hier.«
Rebus pfiff durch die Zähne. »Potenzielle Zielscheibe.«
»Wir hatten ihn sowieso schon als gefährdet eingestuft. Er ist sicher.« Aus dem Mund des jungen Polizisten klang das nicht überzeugend. Rebus schätzte, dass er diese Sätze erst vor kurzem gelernt hatte.
Vielleicht von Steelforth.
»Er wohnt nicht im Balmoral, oder?«, fragte Rebus.
»Woher wissen Sie das?«
»Auch Gerüchte. Aber er steht unter Schutz?«
»Ja.«
»Seinem eigenen oder Ihrem?«
Der Anrufer hielt inne. »Warum wollen Sie das wissen?«
»Ich vertrete nur den Steuerzahler.« Wieder lachte Rebus. »Meinen Sie, wir sollten mit ihm sprechen?« Um Rat fragen … als wäre der Anrufer der Chef.
»Ich kann die Nachricht weitergeben.«
»Je länger er in der Stadt ist, umso schwieriger wird es …« Rebus unterbrach sich. »Ich weiß nicht einmal, wie er heißt«, räumte er ein.
Plötzlich mischte sich eine andere Stimme in das Gespräch. »DI Starr? Spricht dort Detective Inspector Starr?«
Steelforth.
Rebus holte tief Luft.
»Hallo?«, rief Steelforth. »Plötzlich so schüchtern?«
Rebus legte auf. Er fluchte vor sich hin, tippte erneut Ziffern ein und wurde mit der Zentrale der Lokalzeitung verbunden.
»Feuilleton, bitte«, sagte er.
»Ich glaube nicht, dass dort jemand ist«, erwiderte die Vermittlung.
»Und die Nachrichtenredaktion?«
»Hat was von einem Geisterschiff, aus naheliegenden Gründen.« Sie klang, als wäre auch sie lieber woanders, stellte ihn aber trotzdem durch. Es dauerte einen Moment, bis jemand dranging.
»DI Rebus, Gayfield CID.«
»Ich spreche immer gern mit einem Hüter des Gesetzes«, sagte der Reporter munter. »Offiziell wie inoffiziell …«
»Ich will hier keine Reklame machen, mein Sohn. Ich möchte nur mit Mairie Henderson sprechen.«
»Sie arbeitet jetzt freiberuflich. Außerdem macht sie Feuilleton, keine Nachrichten.«
»Hat Sie aber nicht davon abgehalten, sie zusammen mit Big Ger Cafferty auf der ersten Seite zu bringen, stimmt’s?«
»Ich habe schon vor Jahren daran gedacht …« Der Reporter klang, als käme er langsam in Fahrt und würde jetzt gern ein Schwätzchen halten. »Aber nicht nur Cafferty – Interviews mit all den Gangstern, ob Ost- oder Westküste. Wie sie angefangen haben, nach welchem Kodex sie leben …«
»Na, besten Dank, bin ich hier vielleicht in einer Talkshow gelandet oder was?«
Der Reporter schnaubte. »Wollte ja nur Konversation machen.«
»Lassen Sie mich raten: Bei Ihnen ist’s wie auf einem Geisterschiff, hab ich recht? Sie sind alle draußen mit ihren Laptops und versuchen, die Großdemo in elegante Prosa zu verwandeln, stimmt’s? Es ist nämlich so … Letzte Nacht ist ein Typ von der Burgmauer gefallen, aber in Ihrem Blatt habe ich heute Morgen nichts darüber gelesen.«
»Wir haben zu spät Wind davon bekommen.« Der Reporter machte eine Pause. »Ist aber klarer Selbstmord, oder?«
»Was meinen Sie?«
»Ich habe Sie zuerst gefragt.«
»Genau genommen habe ich zuerst gefragt – nach Mairie Hendersons Nummer.«
»Warum?«
»Geben Sie mir ihre Nummer, und ich werde Ihnen etwas erzählen, was sie nicht von mir erfahren wird.«
Der Reporter dachte einen Augenblick nach, dann bat er Rebus dranzubleiben. Eine halbe Minute später war er wieder da. In der Zwischenzeit hatte ein Geräusch im Hörer ihm gesagt, dass jemand anderes versuchte, ihn zu erreichen. Er ignorierte es und notierte sich die Nummer, die der Reporter ihm gab.
»Danke«, sagte er.
»Bekomme ich jetzt mein Leckerli?«
»Stellen Sie sich einmal diese Frage: Wenn es klarer Selbstmord ist, warum hält dann eine schleimige Type vom Special Branch namens Steelforth den Deckel drauf?«
»Steelforth? Wie schreibt man -?«
Aber Rebus hatte bereits aufgelegt. Sein Telefon fing sofort an zu klingeln. Er ging nicht dran; ihm war ziemlich klar, wer das war – Operation Sorbus besaß seine Nummer. Steelforth dürfte ungefähr eine Minute gebraucht haben, um herauszufinden, zu wessen Privatanschrift sie gehörte. Dann noch eine Minute, um Derek Starr anzurufen und festzustellen, dass er von nichts wusste.
Rrring-rrring-rrring.
Rebus schaltete
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