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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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seine Ankündigung, den ärmsten achtunddreißig Ländern Afrikas solle ein Schuldenerlass gewährt werden, bekam er spontanen Applaus. Als aber der Beifall nachließ, hörte Siobhan eine protestierende Stimme. Ein einzelner Mann war aufgestanden. Er trug einen Kilt, den er hochhob, um ein an der Vorderseite seiner Unterhose befestigtes Bild von Tony Blairs Gesicht zu enthüllen. Rasch kamen Ordner herein, und die Zuschauer in der unmittelbaren Umgebung des Mannes leisteten ihnen Hilfe. Als der Mann zur Tür hinausgezerrt wurde, galt der erneute Beifall den Ordnungskräften. Der Finanzminister, der mit den Blättern seines Redemanuskripts beschäftigt war, fuhr da fort, wo er aufgehört hatte.
    Der kurze Aufruhr hatte James Corbyn jedoch die Gelegenheit geboten, unbemerkt aufzustehen. Siobhan folgte ihm aus dem Saal und stellte sich vor. Auf dem Gang war weder der Protestierende zu sehen noch die Männer, die ihn hinausgebracht hatten, nur ein paar Beamte, die auf und ab schritten, während sie darauf warteten, dass ihr Chef seine Rede beendete. Sie trugen Aktenordner und Handys und schienen erschöpft von den Ereignissen des Tages.
    »DCI Macrae sagt, wir hätten ein Problem«, stellte Corbyn fest. Ohne sich mit Nettigkeiten aufzuhalten, kam er gleich zur Sache. Er war Anfang vierzig und trug sein schwarzes Haar auf der rechten Seite gescheitelt. Kräftig gebaut, knapp über eins achtzig groß. Siobhan hatte bereits gehört, dass auf seiner rechten Wange ein großer Leberfleck prangte, den sie nicht anstarren dürfe.
    »Ganz schön schwierig, Augenkontakt zu halten«, hatte Macrae sie vorgewarnt, »wenn man dauernd dieses Ding im Blickfeld hat …«
    »Wir haben vielleicht drei Opfer«, sagte sie jetzt.
    »Und einen Tatort unmittelbar vor der Tür des G8-Gipfels?«, brauste Corbyn auf.
    »Kann man so nicht sagen, Sir. Ich glaube nicht, dass wir dort Leichen finden werden, nur Beweismaterial.«
    »Am Freitag sind sie wieder raus aus Gleneagles. Bis dahin können wir die Ermittlungen aufschieben.«
    »Andererseits«, bemerkte Siobhan, »treffen die Regierungschefs nicht vor Mittwoch ein. Noch drei ganze Tage bis dahin …«
    »Was schlagen Sie also vor?«
    »Den Ball flach zu halten, aber alles zu tun, was möglich ist. Die Forensiker können bis dahin alles abgesucht haben. Das eine Opfer, das wir definitiv haben, stammt aus Edinburgh, dafür brauchen wir die hohen Tiere also nicht zu stören.«
    Corbyn betrachtete sie eingehend. »Sie sind DS, hab ich recht?«
    Siobhan nickte.
    »Bisschen jung, um so etwas zu leiten.« Es klang nicht nach Kritik; er stellte nur eine Tatsache fest.
    »Ein DI von meinem Revier stand mir zur Seite, Sir. Wir waren beide mit den ursprünglichen Ermittlungen befasst.«
    »Wie viel Hilfe werden Sie benötigen?«
    »Ich weiß nicht, wie viel entbehrlich ist.«
    Corbyn lächelte. »Es ist eine schwierige Zeit, DS Clarke.«
    »Dessen bin ich mir bewusst.«
    »Das weiß ich. Und dieser DI, von dem Sie gesprochen haben … ist er vertrauenswürdig?«
    Siobhan nickte und hielt Blickkontakt, ohne zu blinzeln. Und dachte: Vielleicht ist er zu neu, um von John Rebus gehört zu haben.
    »Und, arbeiten Sie gerne sonntags?«, wollte er wissen.
    »Durchaus. Bei der Spurensicherung bin ich mir allerdings nicht so sicher …«
    »Ein Wort von mir ist da sicher hilfreich.« Er wurde nachdenklich. »Die Demonstration ist ohne Zwischenfälle verlaufen … vielleicht werden wir es leichter haben als befürchtet.«
    »Ja, Sir.«
    Sein Blick konzentrierte sich wieder auf sie. »Sie haben einen englischen Akzent«, bemerkte er.
    »Ja, Sir.«
    »Hatten Sie je Probleme deswegen?«
    »Spöttische Bemerkungen hier und da …«
    Er nickte bedächtig. »Gut.« Und straffte den Rücken. »Sehen Sie zu, was Sie bis Mittwoch schaffen. Und wenn es Probleme gibt, sagen Sie mir Bescheid.Versuchen Sie aber, niemandem auf die Füße zu treten.« Er warf einen flüchtigen Blick auf die Beamten.
    »Es gibt einen SO12-Beamten namens Steelforth, Sir. Er könnte Einwände erheben.«
    Corbyn schaute auf die Uhr. »Schicken Sie ihn in mein Büro.« Er setzte seine betresste Mütze auf. »Sollte eigentlich schon woanders sein. Die ungeheure Verantwortung ist Ihnen bewusst …?«
    »Ja, Sir.«
    »Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kollege das auch kapiert.«
    »Er wird es verstehen, Sir.«
    Er streckte die Hand aus. »Sehr gut. Hand drauf, DS Clarke.«
    Ein Handschlag.
     
    In den Rundfunknachrichten kam ein Bericht über die Demonstration,

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