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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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Türknauf, um sich den ländlichen nightclub mal aus der Nähe anzusehen.
    Spärliche Beleuchtung, Wände und Decke in Pink, offenes Kaminfeuer, Papierlampions, ein Wildschweinkopf hängt kopfüber an einem Balken, wobei der Rachen zum Boden hin offen steht. Stimmengewirr ist zu vernehmen und Musik in erträglicher Lautstärke: Don’t go ’round tonight / ’Cause is bound to save your life / There’s a bad moon on the rise. Zur Linken herrscht Chaos. Kleine runde Tischchen, ein Haufen Stühle, die von zwölf, fünfzehn Jugendlichen besetzt sind. Darunter lediglich drei Mädchen, die P gerade lang genug anschauen, um zu sehen, dass es »der Fremde ist, der gestern angekommen ist«. Dann reden sie weiter. Zur Rechten steht eine Theke mit schwarz gepolstertem Rand, davor Hocker, die fetzenweise schäumend grün leuchten. Vier oder fünf ältere Stammkunden haben sich dazwischen postiert.
    P nimmt sich den Hocker, der der Tür am nächsten ist, und gesellt sich dazu. Er grüßt die zwei Männer neben sich, zwei Bauern um die fünfzig, die Wein mit Sodawasser trinken und seinen Gruß nicht erwidern. Die Barkeeperin ist dunkelhaarig, weit über dreißig und löst am anderen Ende der Theke auf einem Hocker Kreuzworträtsel. Sie rührt sich erst, nachdem sie in aller Ruhe ihre Eintragung zu Ende geschrieben hat:
    »Was darf’s sein, Fremder?« Jeansminirock, darunter schwarze Strumpfhosen, schmale Hüften, die Brüste sind riesig und hängen unter einem schwarzen Pullover mit rundem Kragen. Sie ist nicht gerade anmutig: ihre Gesichtszüge sind asymmetrisch, sie hat eine knollige Nase und schmale Lippen. Kein Dialekt. P wartet, bis das Bier vor ihm steht, bevor er eine Unterhaltung mit ihr versucht: »Entschuldige, aber Du dürftest auch nicht aus der Gegend kommen, oder?«
    »Nee«, schiefes, ätzendes, pedantisches Lächeln, »ich bin die Schickse aus der Hauptstadt, merkt man das?«
    »Hm, das kann ich nicht sagen … Ich bin auch von da.«
    »Klar … Dir merkt man die Stadt auch noch an.«
    Das muss die ehemalige Werbetante sein. P lächelt.
    »Bist Du schon lang hier in der Gegend?«
    »Siebzehn Monate. Lang genug, um den Geruch von Holz angenommen zu haben hier im Dorf.«
    P lacht über ihre Bemerkung.
    »Und hast Du es schon so weit gebracht, dass sie Dich grüßen?«
    »Ach, weißt Du, die sind nicht alle so doof wie sie aussehen. Es gibt zwei, drei, die echt ganz in Ordnung sind. Aber man muss ihnen Zeit geben. Du bist ja erst gestern angekommen.«
    »Woher weißt Du das?«
    Wieder dieses pedantische Lächeln.
    »Du hattest genau diese Strickjacke an, die noch immer nach teurem Parfüm riechen dürfte, und mit der Du Dir den Arsch abfrieren wirst. Robocop hat Dich aus dem Bus steigen sehen. Dann bist Du ins Café unter den Arkaden gegangen, hast einen Kaffee bei der Susi bestellt und bist ins Hostal gezogen, wo du untergebracht bist. Heute Vormittag warst Du die ganze Zeit im Dorf unterwegs. Um eins hast Du in der Genossenschaft ein Hühnchen verspeist, was Dir überaus mundete, wie die Nieves erzählt hat. Danach bist Du in die Telefonzelle gegangen, und als du gemerkt hast, dass sie nicht funktioniert, bist Du zurück ins Hostal. Soweit ich weiß, wurdest Du erst wieder gesehen, als Du vor kurzem versucht hast, in die Kirche zu gehen. Die war aber zu.«
    »Gibt’s Überwachungskameras oder kommt hier nie ein fremdes Gesicht lang?«
    »Nur selten. Und wenn, dann gibt’s in der Regel Scherereien. Heidi erzählt, dass Du Arbeit suchst … und Englisch kannst … Und, na ja, die sagte noch so manches andere … Wenn Du wirklich Arbeit suchen solltest, würde ich Dir empfehlen, hier nicht Deine Zeit zu verplempern. Steig lieber wieder in den nächsten Bus und fahr möglichst weit weg. Hier verschlägt es höchstens ein paar ehemalige Junkies oder Verbrecher her oder Leute, die schräg und pleite sind.«
    »Na, Du siehst ja nicht gerade wie ein Junkie aus, würde ich mal sagen …«
    »Danke schön, aber frag nicht. Wir haben hier alle unsere Vergangenheit … Außerdem bin ich eine Frau, und wir Frauen machen weniger Ärger. Abgesehen von der Heidi, vor allem wenn sie besoffen ist. Aber sie ist schon am längsten hier und hat Sonderstatus … Die Leute hier mögen es, wenn ihnen in den Lokalen eine Frau die Getränke serviert, weißt Du? Am liebsten sogar ein paar Schicksen im fruchtbaren Alter aus der Hauptstadt. Deswegen schleppen sie hier immer wieder eine an. Und wenn die Jungs am nächsten Tag ausschlafen

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