Im Namen Des Schweins
Hund rückt diffus in den Hintergrund.
Dieser diffuse Hintergrund ist heute Nachmittag ziemlich heiß, so dass er seinen Bummel unterbricht, um in einer Kneipe, die wie eine heruntergekommene Version eines alten britischen Pubs aussieht, ein Bier zu trinken. Die Angelsächsin hinter der Theke ist je nach angelegtem Standard ziemlich attraktiv: Sie hat geschliffene Gesichtszüge, einen überaus schlanken Körper, geschmeidige Bewegungen und riesige Silikonbrüste. Abgerundet wird diese Pracht wie bei den meisten Frauen dieser Stadt von einem harten Blick und einer unwirschen Stimme. Als T sein Bier bezahlt, sagt sie Thankyou und schaut ihn fest an. T hält dies für die nächste Einladung zum Sex, eine der vielen, und schaut auf sein Glas, als hätte er nichts gemerkt. Sie dürfte dies als Korb aufgefasst haben, setzt sich aber unbeeindruckt wieder auf die Gefriertruhe, die sie etwas vorgeschoben hat, um die Unterhaltung mit einer anderen Weißen weiterzuführen. Die andere hockt dick und unansehnlich an der Bar, aber strahlt mindestens genauso viel Selbstbewusstsein aus wie sie.
Hier nehmen die Frauen eine Abfuhr ziemlich sportlich, denkt T. Sie übernehmen eben auch mal die Initiative und dazu gehört dann auch, bisweilen einen Korb einzustecken.
Eigentlich, denkt er, ist es komisch, dass er ausgerechnet in dieser Stadt Suzanne kennengelernt hat. Sie würde so etwas garantiert nie bei einem Wildfremden machen. Gar nicht mal, weil sie schüchtern wäre oder konservativ: sondern, weil sie stolz ist. Dieser verblasste weibliche Stolz: Ein Mann musste sich anstrengen, um der Frau, diesem erhabenen Wesen, würdig zu sein. Dieser weibliche Dünkel scheint für immer verloren, vor allem hier. Und trotzdem, paradoxerweise, ist es vielleicht nur hier möglich, eine Frau wie Suzanne zu treffen, so wie man eben auch nur hier einen schwarzen Punker oder Schuhe aus Giftkrötenleder finden kann. Suzanne ist einzigartig. Egal wo sie ist: Sie ist Bellinis Madonna, und er hatte bis ans andere Ende der Welt reisen müssen, um sie endlich zu treffen.
Nach drei Bieren verlässt er das Lokal, schlendert gemächlich, mit den Händen in den Taschen, zurück zum Institut.
Ohne es recht zu merken, durch puren Zufall, steht er plötzlich in einer dieser Straßen, die beängstigend sind und an Gangs und Kino erinnern. Es gibt keine Autos, keine Fußgänger, nur drei junge Schwarze, die auf den Treppenstufen eines verlassenen Hauses sitzen. Ihnen gegenüber, auf dem Bürgersteig, auf dem auch T läuft, hüpft noch ein junger Schwarzer neben einem Baucontainer herum. Es ist unklar, was er da treibt. Sicher ist nur, dass er so groß ist wie ein Basketballspieler und in der Hand ein feuchtes Handtuch wie eine Peitsche schwingt. Alles in allem scheinen die vier nur darauf gewartet zu haben, dass eine Person vorbeikommt, die wie geschaffen dafür ist, überfallen zu werden.
T folgt dem unwiderstehlichen, raschen Impuls, in seinen Hosentaschen nach den spanischen Wohnungsschlüsseln zu kramen. Er hat sie eigentlich immer bei sich, auch wenn sie noch so überflüssig sind wie hier in New York, um für alle Fälle eine kleine Waffe bei sich zu haben. Es genügt, die Schlüssel in die Hand zu nehmen, eine Faust zu bilden und die Schlüsselspitze zwischen den Fingerknochen vorzuschieben. Das gibt der Faust Gewicht und Härte. Vor allem aber kann er sie wie einen Meißel einsetzen, er muss nur schauen, dass er weiche Teile trifft.
Als er sich gerüstet fühlt, holt er tief Luft und geht auf den jungen Schwarzen mit dem Handtuch zu, der kurze, gelenkige Bewegungen macht. Das Ziel ist klar: Der Junge ist viel zu groß, um im Gesicht Wirkung zu erzielen, er muss ihn vor sich kriegen und dann auf den Bauch gehen, direkt auf den Bauch, rein und raus, um ihn bewegungslos zu machen. Danach muss schnell etwas aus dem Container gefischt werden, in dem genug Bauschutt, Rohre, Latten und Ziegelsteine herumfliegen, um sich die anderen vorzuknöpfen, bevor die überlegt reagieren können.
Was T nicht sehen kann, weil der Baucontainer ihm den Blick verstellt, ist, dass dahinter ein granatfarbener Mercedes geparkt ist. Der junge Schwarze macht nichts anderes, als Chromteile am Auto seines Chefs zu polieren, einem bengalischen Obsthändler, der ihm fünf Dollar die Stunde dafür zahlt, dass er ihm bei allen möglichen Kleinigkeiten zur Hand geht. Weder er noch die drei Studenten, die auf den Treppenstufen sitzen und rauchen, wären im Entferntesten auf die Idee
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