Im Namen Des Schweins
noch nicht gewaschen und hält sich zurück. Danach zieht er sich die Schuhe im Korridor aus und sagt im Flur auf dem Rückweg ins Schlafzimmer, während er sich den Gürtel aufmacht: »Und, was erzählt denn nun Tomas? Wie läuft die ganze Geschichte? Hallo, Garfield!«
Seine Frau sagt aus dem Nebenzimmer: »Dass er nicht mehr in New York ist … Er hat aus Irland angerufen.«
Der Kommissar geht mit der Hose in der Hand hinaus in die Diele und vergisst für einen Augenblick, dass er sie entlang der Bügelfalten zusammenlegen wollte:
»Aus Irland?«
»Ja, er hat mir auch den Namen des Dorfs auf Englisch gesagt, aber ich weiß nicht mehr genau, was er gesagt hat, irgend so etwas wie ›Largo‹ oder so ähnlich. Auf jeden Fall ist er an der Atlantikküste.«
»Und was zum Teufel macht er in Irland?«
»Keine Ahnung … wir haben nur kurz geredet, er schien nicht recht in Plauderstimmung zu sein. Er hat nur gesagt, dass es ihm gut geht und dass er anruft, um zu sagen, dass er nicht mehr unter der Nummer des Hotels in New York zu erreichen ist. Eine neue Nummer hat er nicht hinterlassen, aber er hat gesagt, dass er wahrscheinlich in wenigen Tagen wieder in Spanien ist.«
»Komisch, er wollte doch ein Aufenthaltsstipendium in den USA beantragen? Hat er das gar nicht gemacht?«
»Das kann ich Dir auch nicht sagen, davon hat er nicht geredet …«
Der Kommissar geht zurück ins Schlafzimmer. Die Hose hat er mittlerweile zusammengelegt. Er hängt sie über eine Stuhllehne, zieht sich seinen Hausanzug über, knöpft ihn zu und geht hinüber ins Bügelzimmer.
»Es wird doch nichts passiert sein?«, fragt er.
»Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen … Nein, das glaube ich nicht. Er klang allerdings, ehrlich gesagt, ein bisschen bedrückt. Er hat erzählt, dass er mit dem Zug über die Insel reist. Und dass es gar nicht aufhört zu regnen und dass dieses Wetter schon ein wenig deprimierend sei. Vielleicht deswegen. Jedenfalls soll ich Dich grüßen. Falls er doch länger bleiben sollte, würde er noch mal anrufen. Sonst hat er weiter nichts gesagt.«
Der Kommissar legt die Daumen unter die Hosenträger und beobachtet aufmerksam, wie seine Frau die weißen Hemdsärmel bügelt.
»Mmmh, mir kommt das irgendwie spanisch vor …«
»Vielleicht hat ihm New York nicht gefallen. Es ist ja doch immer etwas anderes, eine Reise zu planen und dann dort zu sein und da zu leben …«
»Das würde mich wundern. Als er das erste Mal anrief, war er noch überaus zufrieden. Wie lang ist das jetzt her? Drei oder vier Wochen?«
Seine Frau zieht die Augenbrauen in die Höhe, ohne gleich zu reden: »Und Du? Was hast Du denn auf dem Herzen gehabt?«, fragt sie und holt ihren Mann aus der nachdenklichen Versunkenheit, mit der er ihr beim Bügeln zuschaut.
»Och, nichts Besonderes. Ich habe nur schnell noch beim Autohändler vorbeigeschaut und Dir einen Prospekt mitgebracht.«
»Heute Abend gibt’s Fleischklößchen. Ist das Recht? Als Vorspeise habe ich einen gemischten Salat mit Radieschen gemacht, die isst Du doch so gern. Erst wollte ich eine Reissuppe machen, aber jetzt ist es fast schon zu heiß für Suppen.«
»Die Fleischklößchen habe ich schon entdeckt …«
»Wehe, Du warst mit deinen ungewaschenen Händen im Topf und hast von der Soße genascht?«
»I wooooo, tss«, der Kommissar lässt die Hosenträger schnappen und beäugt seine Hände. »Ich gehe sie mir gleich waschen.«
»Gut, aber dass Du mir ja die Finger von den Fleischklößchen lässt. Wir essen ja gleich.«
»Wunderbaaar, zu Befehl, Eure Hoheit.«
Sobald er aus dem Bad wieder heraus ist, holt der Kommissar sich die Audi-Broschüre, die er in der Diele hat liegen lassen, und nimmt sie mit ins Wohnzimmer, um sie in aller Ruhe durchzublättern. Beim Anblick der Stereoanlage bekommt er Lust, nochmal die CD von Supertramp zu hören. Er findet sie äußerst eigenwillig. Manchmal klingt sie, als würde ein Orchester aus Gespenstern spielen. Einzelne Lieder hat er sich mit rotem Filzstift angestrichen, und so gewöhnt er sich immer mehr an die Musik. Einige Stücke gefallen ihm mittlerweile schon richtig gut. Er holt sich die Hülle, den roten Filzstift und den Audi-Katalog mit zum Sessel. Als seine Frau beladen mit einem Wäschekorb ins Wohnzimmer kommt, um die Kleidung zusammenzulegen, läuft gerade Even in quietest moments. Der Kommissar schaut ins Leere. Der Katalog liegt aufgeschlagen auf seinem Schoß.
»Sag mal, mit der Musik hat’s Dich wohl
Weitere Kostenlose Bücher