Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
Vom Netzwerk:
seit seiner Kindheit nicht vergessen kann: BK als Frankenstein. Die Augenlider hängen über großen, dunklen und trüben Fischpupillen. Der Kommissar hat gehört, dass man häufig die Symptome von Krankheiten an sich wiedererkennt, sobald man etwas über sie erfährt. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass man auch nicht im Entferntesten auf die Idee käme, ihn für einen Psychopathen zu halten. Er hat weder einen kalten, oberflächlichen Verstand, noch einen egozentrischen oder unverfrorenen Charakter. Scham und schlechtes Gewissen sind ihm nicht fremd, und ein Misanthrop oder Manipulant oder Lügner ist er auch nicht. Und trotzdem zieht es ihn vor den Spiegel, als er noch einmal schnell aufs Klo geht, bevor er das Büro verlässt, wo er seine Augen noch einmal eingehend prüft. Der Blick eines Toten. Ja, so wie der von Boris Karloff in der Rolle des Frankenstein. Ohne dass Frankenstein unbedingt weniger in der Lage wäre zu lächeln als Kater Garfield … Er zieht die Krawatte aus, krempelt die Ärmel hoch und schaut noch mal. Immer noch diese Ähnlichkeit mit Boris Karloff: Er ist vielleicht dicker und sieht eher nach einer wilden Hochzeitsfeier aus und Zigarren und Schnäpsen, aber der Ausdruck in den Augen ist derselbe. Danach versucht er es noch einmal mit Jackett und ohne Krawatte. Nun bietet sich ihm das Bild eines heruntergekommenen Notars. Der Ausdruck in den Augen jedoch ist derselbe wie bei Boris Karloff … Wer sich dazu entscheidet, auf Krawatten zu verzichten, muss irgendwann damit anfangen. Er betrachtet sich nicht länger im Spiegel und verlässt sein Büro.
    Puértolas hat bei den Kriminalwissenschaftlern Dienst. Genau darauf hatte der Kommissar spekuliert.
    »Herr Kommissar … Was für eine Überraschung … Was verschafft uns … was verschafft uns die Ehre … wie sagt man …«
    »Des Besuchs?«
    »Besser gesagt das Vergnügen … Selbstverständlich … Ein solch unerwartetes … Vergnügen, nicht wahr?«
    Der Kommissar ist darum bemüht, so schnell wie möglich zur Sache zu kommen. Er zieht einige zusammengefaltete Blätter aus der Tasche seines Jacketts hervor.
    »Das erkläre ich Ihnen gleich, lesen Sie bitte zuerst das hier.«
    Er reicht ihm eines der Blätter, auf denen das Gedicht ausgedruckt ist:
    Hábil, astuto, cruel,
    es el noble guerrero,
    oro calza la yegua
    del Señor que en secreto
    rige con voz. de mando
    en el Monte Perverso.
    ¡Luz se hará sobre el nombre
    que se expone de lleno
    a quien supla la falta
    en el orden perfecto!
     
    Consejero de diablos
    es el hombre de negro,
    emplear bien sus zarpas
    del león es derecho.
    Rogad al mal romance
    que se torne sereno:
    descubrís que el virrey
    que se esconde en el verso
    ofrendó sacrificio …
     
    Geschickt, gewitzt und grausam
    ist der edle Krieger.
    Goldbehuft die Stute
    des Herrn, der im Geheimen
    das Kommando führt
    auf dem Berg der Perversionen.
    Licht leuchte über dem Namen,
    der sich vollständig ergibt,
    demjenigen, der die Lücke ergänzt
    im perfekten System!
     
    Teufelsrat
    ist der Mann in Schwarz.
    Seine Pranken voll einzusetzen
    ist des Löwen Recht.
    Bittet die schlechte Romanze,
    sich aufzuklären:
    um zu entdecken, dass der Vizekönig
    der sich im Vers versteckt,
    ein Opfer dargebracht hat …
     
    Puértolas lässt sich Zeit für die Lektüre und will gerade etwas sagen, als der Kommissar ihm zuvorkommt:
    »Lassen Sie mich bitte erklären, worum es geht … Erinnern Sie sich, dass wir uns das letzte Mal, als wir miteinander sprachen, mit der Uni-Pork-Geschichte befasst haben?«
    »Ja, natürlich … Selbstverständlich.«
    »Es ging um eine Leiche, die auf einem Schlachthof gefunden wurde und die in alle Einzelteile zerlegt war.
    Bei den verwursteten Einzelteilen fand sich eine Art Bekennerschreiben: EN EL NOMBRE DEL CERDO – IM NAMEN DES SCHWEINS. So weit, so gut: Eine Woche bevor wir von dem Fall unterrichtet wurden, hat der Eigentümer eben jenes Schlachthofs dieses Gedicht, das Sie gerade gelesen haben, in einem lokalen Blättchen veröffentlicht …«
    »Interessant … Ja, sehr … sehr interessant, wie sagt man? Vielsagend, nicht wahr?«
    »Warten Sie … Das Gedicht hat die Strophenform einer Romance endecha. Das sind Verse mit sieben Silben und assonanten Reimen in den geraden Verszeilen … So, denken Sie jetzt an das Schreiben, das wir bei der Leiche fanden«, der Kommissar klopft den Takt an dem Tisch:
    » En el nombre del Cerdo: Das sind ebenfalls sieben Silben, die in der Reimform genau zu dem

Weitere Kostenlose Bücher