Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
gewandelter Form verbringen. Dann muss ich mich nicht mehr darum bemühen, mich anzupassen.« Er schiebt das Messer nur ein winziges Stückchen weiter hinein, doch immer noch genug, dass ich einen kleinen Schmerzensschrei ausstoße. Das Geräusch erschreckt mich ebenso wie ihn. Und ich weiß, dass es – ganz egal, was auf dem Podium passiert – Zeit ist, sich zu wehren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Cade ein wichtiges Organ erwischt und mir ernsthaften Schaden zufügt.
Ich hole langsam und ruhig Luft und spüre, wie sein Körper in Vorahnung der bevorstehenden Verwandlung erzittert. Doch ich darf es nicht zulassen, darf ihn nicht zu seiner Dämonengestalt gelangen lassen. Sowie er sich verwandelt hat, habe ich keine Chance mehr. Keiner von uns.
Ich will ihn gerade genug verletzen, um ihn aufzuhalten, ohne echten Schaden anzurichten, und so hebe ich das Messer und steche es ihm in den Unterarm. Nutze den Schockmoment, um mich von ihm loszureißen und auf das Podium zuzustürmen.
Währenddessen sitzt Dace starr und schweigend da, ringsum mit Schlangen behängt. Suriel steht direkt hinter ihm, die Lippen erwartungsvoll geteilt, die Augen blitzend aufgerissen und begierig darauf, dass die erste zubeißt.
Ich nähere mich der Plattform und will Dace gerade beim Namen rufen, als er mich mit einem eigentümlichen silbrigen Blick ansieht und mir auf diese Weise bedeutet, Abstand zu halten. Obwohl ich ihm glauben will, dass er weiß, was er tut, muss ich dafür erst noch handfeste Beweise sehen. Vielleicht war das mit der ersten Schlange ja eine glückliche Ausnahme. Und wie ich dem gutturalen Knurren entnehme, das aus der Menge hervordringt, ist sein Bruder gerade mitten im Verwandlungsprozess.
Ich betrete das Podium, bereit, nach meinen eigenen Bedingungen mit Suriel fertigzuwerden, als eine einzelne Stimme aus der Menge sich über alle anderen erhebt und sie auffordert, mit einzustimmen.
»Alles Schwindel! Alles Schwindel!«, rufen sie im Chor. »Du hast die Giftdrüsen entfernt!«
Und da registriere ich das, worauf Dace mich aufmerksam machen wollte.
Auch diese sieben tödlichen Schlangen ziehen es vor, anstatt ihre Giftzähne in sein Fleisch zu stoßen, sich liebevoll um seine Schultern und seinen Hals zu ringeln. Sie schmiegen sich an sein Gesicht und züngeln freundlich mit ihren gespaltenen Zungen an seiner Wange.
»Ich schätze mal, ich hab gewonnen«, sagt Dace und mustert den vor Wut kochenden Suriel. »Also wäre es vielleicht besser, wir beenden das Spektakel und gehen alle wieder hinein, damit wir friedlich das neue Jahr begrüßen können.«
Die Menge tobt. Sie alle sind wütend auf Suriel, weil er ihre Zeit vergeudet hat, und so dauert es nicht lange, bis ein Hagel aus Bierflaschen über ihm niedergeht, zusammen mit einer frischen Lawine von Beleidigungen, bevor sie davonstieben.
Doch Suriel gibt nicht so leicht auf. Er hat nichts von seinem Feuer eingebüßt, auch wenn er sein Publikum verloren hat. Und so greift er nach dem Dolch und geht auf Dace zu, während ich auf das Podium springe und mein Athame schwenke.
»Daire, ich hab’s im Griff«, sagt Dace. Seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, aber laut genug, dass ich ihn hören kann. Trotzdem blicke ich skeptisch drein.
»Glaub mir«, sagt er durch fest zusammengebissene Zähne. »Ich weiß, was ich tue.«
Ich nehme ihn beim Wort und senke mein Athame, bleibe aber äußerst wachsam, als Suriel auf Dace losgeht.
Wütend auf seine Schlangen, weil sie ihn im Stich gelassen haben, wütend über den Verlust seiner Zuhörer, ist er immun gegenüber dem verzweifelten Schrei seiner Tochter, die ihn anfleht aufzuhören.
»Daddy – lass das! Ich kann das tun!«, schreit sie, viel zu nahe für meinen Geschmack. Denn auch wenn Suriel sie ignorieren kann, ich kann es nicht.
Ich wirbele herum zu der freien Fläche, wo sich eben noch die Menschen drängten, und sehe Phyre direkt neben Cade stehen.
»Die Gerechten werden aufsteigen – die letzten Tage sind gekommen!« Suriel baut sich mit drohend erhobenem Dolch vor Dace auf.
Dace entledigt sich mit erstaunlich wenig Mühe seiner Fesseln und sagt mit ruhiger Stimme: »Es könnte dein letzter Tag sein – aber nicht meiner.« Auf ein kurzes Kopfnicken hin schnellen alle Schlangen von Dace fort und prallen hart gegen Suriels Hals.
Phyre schreit.
Cade sieht mit rot glühenden Augen zu.
Suriel sinkt auf die Knie, dreht das Gesicht zum Himmel, überzeugt davon, dass er siegen wird. Bis
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