Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
absichtlich in barschem, sarkastischem Ton, und meine Bitte trifft auf Schweigen, genau wie ich es erwartet habe. »Na los. Verzieh dich«, fauche ich, meine Worte ein harsches Schnarren, doch die Bedeutung ist klar.
»Dace, ich …«
»Hau ab!«
Erst als das Licht nachlässt, hebe ich den Kopf und riskiere einen kurzen Blick.
Platinblondes Haar. Eine weiße Tunika. Blasse Haut. Und er leuchtet.
Na so was.
Echt erstaunlich, was man hier draußen alles zu sehen bekommt.
Zwanzig
Daire
D ie Luft ist beißend. Auf der Stelle bekomme ich eine trockene Kehle und aufgesprungene Lippen, aber ich kämpfe mich trotzdem weiter voran durch das kahle, unfruchtbare Land, das den Übergang zwischen zwei Welten bedeutet.
Im Gegensatz zu meinen früheren Reisen marschiere ich diesmal nicht die riesige Düne hinunter, die steil zur Unterwelt abfällt, sondern schlage die entgegengesetzte Richtung ein, auf der Suche nach der Dimension der Mittelwelt, wo Kojote Dace hat liegen lassen.
Laut Paloma umfasst jede der drei Welten mehrere Reiche. Und nachdem ich gehört habe, wie Cade Kojote angewiesen hat, Dace »in die finsterste Ecke der Mittelwelt zu schleppen, wo ihn niemand findet« , nehme ich ihn beim Wort und mache mich auf zur tiefsten, trostlosesten Ebene.
Während die Oberwelt von wohlwollenden menschlichen Führern – Axel eingeschlossen? – und die Unterwelt von wohlwollenden tierischen Führern bevölkert ist, ist die Mittelwelt die einzige, in der es sowohl Menschen als auch Dämonen gibt. Allerdings ist es nicht immer leicht, sie auseinanderzuhalten. Kojote trägt viele Verkleidungen.
Dummerweise sieht hier alles gleich aus. Endlose Meilen schmutziges Gelb, mit Schnee befleckter Sand und nirgends irgendwelche natürlichen Landmarken – kein Fitzelchen Vegetation, kein Anzeichen von Leben. Es ist ein totes, vertrocknetes Land. Was es unmöglich macht zu sagen, ob ich auf dem richtigen Weg bin.
Ein totes, vertrocknetes Land.
Land.
Das ist es!
Es ist schon eine Weile her, seit ich das Element Erde angerufen habe, und deshalb dauert es eine Weile, bis ich mich an das Lied erinnere. Doch sobald ich die Melodie im Kopf habe, folgt der Text des Lieds der Erde unmittelbar nach.
Ich bin beständig und stark
Ewig – unvergänglich
Eine Quelle von Schutz und Trost
Kraft und Weitblick
Halt dich an mich, wenn du dich verirrt hast
und ich gebe dir Orientierung
Ich habe bereits drei Verse gesungen, als sich vor mir ein Weg auftut, den ich in Windeseile entlangspurte. Haken schlagend sprinte ich durch das sandige Tal, einem verschwommenen Horizont entgegen, den ich schon bald als das erste von vielen Portalen zu den zahlreichen Dimensionen der Mittelwelt erkenne.
In der Unterwelt geht es beim Durchschreiten von Dimensionen immer weiter nach unten. Nach allem, was ich gesehen habe, läuft es in der Oberwelt genau umgekehrt ab. Doch hier sind die Portale wie Dominosteine angeordnet. Manche liegen dicht nebeneinander, andere meilenweit voneinander entfernt. Doch man entdeckt schnell ein verblüffendes Ausmaß an Struktur in dem ganzen Chaos. Obwohl jeder vorbeiziehende Schleier in eine ganz andere Landschaft führt – teils sandbedeckt, teils erdig, dann wieder voller spitzer Felsen –, geht jedes folgende Portal in ein Land über, das noch trostloser ist als das vorhergehende.
Doch erst als ich mehrere von seltsamen düsteren Gestalten bewohnte Schichten durchschritten habe, gelange ich in eine Gegend mit unzähligen heruntergekommenen Hütten.
Unwillkürlich greife ich nach meinem Athame, während ich angestrengt die Umgebung absuche und in stetem Schritt auf den nächsten Schleier zuhalte. Meine Erleichterung darüber, dass ich es unbeschadet bis hierher geschafft habe, schwindet abrupt, als ich feststelle, dass die dahinterliegende Dimension deutlich schlimmer ist.
Deutlich schlimmer und von Dämonen bewohnt.
Unmengen von Dämonen.
Und im Gegensatz zu den Dämonen in früheren Dimensionen sind die hier nicht schüchtern.
Die hier sind Cades Dämonen.
Obwohl ich damit, dass ich sie zuerst gesehen habe, den Vorteil auf meiner Seite habe, dauert es nur ein paar Sekunden, bis sie sich um mich drängen wie ein Karussell aus massigen, schuppigen Leibern mit überdimensionierten Köpfen, gelbrot lodernden Augen, schiefen Schnauzen und lippenlosen, klaffenden Höhlen anstelle von Mündern.
Ich schwenke mein Athame vor mir und beschreibe langsame Kreise, während ich nach dem Anführer Ausschau halte,
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