Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
einmal versucht, mich zu töten. Wie kommst du darauf, dass ein zweiter Versuch erfolgreicher ausgehen wird?«
»Ich bin stärker geworden«, ich funkle ihn an. »Außerdem geht es nicht mehr nur um mich. Es steht wesentlich mehr auf dem Spiel.«
Er lässt die Hände seitlich herunterfallen, als bräuchte er sie nicht mehr. »Wenn dir wirklich etwas an Dace liegt, wenn du ihm wirklich helfen willst, dann steckst du das Messer weg und gehst nach Hause. Das hier ist kein Ort für dich. Das kannst du mir glauben.«
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, schlinge ihm einen Arm um den Hals und presse das Messer gegen die Kuhle unter seiner Kehle. Als ich das letzte Mal in einer ähnlichen Situation war, habe ich gezögert und teuer dafür bezahlt. Diesen Fehler mache ich nicht noch einmal.
»Du hast weniger als eine Sekunde, um mir zu sagen, wo er ist«, warne ich ihn. Verblüfft registriere ich, wie er, statt Widerstand zu leisten, statt mir etwas zu entgegnen, den Kopf nach hinten fallen lässt und mir willig seinen Hals darbietet. Seine tiefvioletten Augen kippen nach oben, um mich anzusehen, doch darin liegt keine Spur mehr von dem sanften Blick, den ich kenne.
»Tu’s doch«, sagt er. »Wenn es dir Spaß macht, werde ich dich nicht aufhalten.«
Auf sein Drängen hin stoße ich das Messer hinein. Schneide durch eine weiche Schicht glatter elfenbeinfarbener Haut – nur um ungläubig nach Luft zu schnappen, als eine goldene Flüssigkeit aus der Wunde sickert.
Deshalb leuchtet er also. Es kommt von innen!
»Was bist du?«, flüstere ich, während ich zusehe, wie die Flüssigkeit gerinnt und sich auflöst, ehe die Wunde sich schließt und im Handumdrehen spurlos verschwunden ist.
»Das hab ich dir doch schon gesagt.« Er drückt die Wirbelsäule durch, reckt den Hals nach links und rechts und dreht sich zum ersten Mal, seit ich gekommen bin, zu mir um.
»Ich weiß, was du mir gesagt hast, aber du bist mehr als nur ein Mystiker. Das steht mal fest.« Ich lasse den Blick über ihn schweifen und versuche zu begreifen, was er hier zu suchen hat.
»Ja?« Er zuckt die Achseln. »Ich weiß nicht mehr, was ich eigentlich bin.«
Unsere Blicke begegnen sich, und zum ersten Mal, seit ich hierhergekommen bin, bin ich unsicher, was ich tun soll. Er verhält sich überhaupt nicht so, wie ich erwartet habe.
»Warum verfolgst du mich?«, fauche ich ihn an, auf der verzweifelten Suche nach Erklärungen. »Was machst du hier? Du wirst mich niemals dazu überreden können zurückzukehren, falls es das ist, worauf du aus bist!« Das Athame flackert vor meinen Augen, doch in Bezug auf ihn ist es nutzlos.
»Ich weiß nicht einmal, ob ich selbst zurückkehren kann. Nicht im Traum käme ich darauf, dich mitzunehmen.« Er mustert mich mit seinem dunklen Blick, und auf einmal wirkt er müde, gebrochen und genauso verloren, wie ich mich momentan fühle. »Außerdem bist du doch voll und ganz wiederhergestellt, soweit ich sehe. Seit wann genau fühlst du dich besser, Daire?«
Ich starre ihn an, ohne zu blinzeln.
»Wesentlich länger, als du dir anmerken lassen hast, nehme ich an.«
Ich stehe wortlos vor ihm und starre auf die Stelle an seiner Stirn, wo der Stuhl gelandet ist. Mir fällt auf, dass dort, genau wie an seinem Hals, nicht die Spur einer Verletzung zu sehen ist.
»Ich bin nicht an Entschuldigungen interessiert«, sagt er. »Falls es das ist, was dich beunruhigt.«
»Was interessiert dich dann?« Mein Magen krampft sich zusammen. »Ich will die Wahrheit wissen.«
»Was glaubst du denn, warum ich hier bin?«
»Du verfolgst mich – du lauerst mir auf! Du bildest dir ein, nur weil du mich gerettet hast, kannst du mich vereinnahmen!«
Er schließt die Augen und murmelt etwas Unverständliches.
»Du hast mich in einem verschlossenen – von außen verriegelten – Raum festgehalten, ohne jede Fluchtmöglichkeit! Du hast mich gegen meinen Willen als Geisel gehalten und versucht, mich zu schwächen, damit ich nicht fliehen kann!«
»Glaubst du das wirklich?« Seine Miene verzieht sich schmerzlich.
»Das weiß ich! Also, wo zum Teufel ist Dace?« Ich will mich an ihm vorbeidrängen, doch er packt mich unsanft am Arm und zieht mich fest an sich.
»Tu’s nicht.« Er sieht mich beschwörend an. »Glaub mir, du bist noch nicht dafür bereit. Es ist schlimmer, als du dir vorstellen kannst.«
Ich bemühe mich, mich loszureißen, was mir erst nach mehreren Versuchen gelingt.
»Dir wird nicht gefallen, was du vorfindest«,
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