Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
Trauer hat nicht einmal einen ganzen Tag angehalten. Offenbar hast du während deines kurzen Aufenthalts in der Stadt keinen besonders tiefen Eindruck hinterlassen. Selbst Paloma, auch wenn sie noch so unbrauchbar ist, kann sich da eines besseren Ergebnisses rühmen. Ich schätze mal, das macht dich zum jämmerlichsten Abklatsch eines Seekers aller Zeiten .« Er lacht gehässig, während er mich fester an sich zieht. »Das ist doch irgendwie ein bisschen überflüssig, oder? Ist mir echt unangenehm, dass ich dich noch mal töten muss. Ich hab schließlich was Besseres mit meiner Zeit anzufangen.«
»Aber es hat doch schon beim ersten Mal so viel Spaß gemacht«, krächze ich.
Er drückt fester auf meine Luftröhre und schneidet mir fast komplett den Atem ab. Mit der anderen Hand hebt er den Saum meines Pullis an. »Ich will deine Wunde sehen, Seeker. Ich will sehen, wie dich der kleine leuchtende Mann geheilt hat. Was glaubst du wohl, warum er das gemacht hat – hm? Was glaubst du wohl, warum er den ganzen Weg aus den gemütlichen Gefilden der Oberwelt herabgekommen ist, um ausgerechnet dich zu retten? Stehst du irgendwie auf Mystiker? Hast du meinen Zwilling mit ihm betrogen?«
Lachend wirft er den Kopf in den Nacken, und ich nutze die Ablenkung, um ihm in einem verzweifelten Versuch, bedeckt zu bleiben und meine Tasche zu behalten, den Ellbogen brutal in die Seite zu rammen. Ich kann es mir nicht leisten, die Werkzeuge zu verlieren, die Paloma hineingepackt hat.
Doch allmählich wird mir schwummrig, und ich sehe nur noch undeutlich. Und Cade ist so unfassbar stark, dass er mir die Tasche einfach von der Schulter reißt und sie in einer einzigen fließenden Bewegung auf die andere Seite des Raums wirft.
»Ups!« Er schnalzt so laut mit der Zunge, dass es mir in den Ohren widerhallt. »Anscheinend hat dich auf einen Schlag das Glück verlassen. Du bist komplett unbewaffnet und unterlegen, Santos.« Ich spüre seinen heißen Raubtieratem, als er mir genüsslich mit der Zunge die Ohrmuschel leckt. »Wie willst du dich denn jetzt noch verteidigen?«
Das ist eine gute Frage, die ich nicht recht zu beantworten weiß. Trotzdem biete ich all meine Entschlusskraft auf. Schärfe mir ein, dass ich es schaffe. Ich darf ihn nicht gewinnen lassen.
Doch während mein Halsgewebe schlaff wird und sich die Sauerstoffzufuhr auf ein Minimum verringert, bleiben mir höchstens noch ein paar Sekunden, ehe ich komplett ohnmächtig werde.
Während ich den brennenden Schmerz in meinem Brustkorb ignoriere, hebe ich das Bein, ziele genau und donnere den Fuß brutal auf Cades Knie. Und auch wenn ihn das nicht umwirft, wie ich gehofft habe, reicht es doch, um ihn den Griff lockern zu lassen, sodass ich mich befreien kann.
Hustend und keuchend stolpere ich auf meine Tasche zu und schnappe hektisch nach Luft. Gerade habe ich den Schultergurt erwischt, als Cade neben mir auftaucht und mit eisernem Griff meinen Arm umfasst.
»Du bist erledigt, Seeker.« Er dreht mich herum, bis ich in seine unergründlichen Augen blicke.
Es ist genau wie der Blick in Dace’ Augen bei unserer letzten Begegnung.
Und deshalb muss ich überleben. Ich muss Dace erreichen, ihm seine Seele wiedergeben und rückgängig machen, was auch immer er Schreckliches getan hat, um sich seinem Bruder anzugleichen.
»Das hast du letztes Mal auch gesagt, und sieh an, ich bin noch hier«, keuche ich, schaffe es aber trotzdem, mich loszureißen und ein paar Schritte Distanz zwischen uns zu bringen. Doch erst als ich triumphierend vor ihm stehe, die Hände zu Fäusten geballt, begreife ich, dass er mich zu widerstandslos losgelassen hat.
Für Cade ist das alles nur ein Spiel.
Damit amüsiert er sich. Deshalb hat er die Armlehnen umklammert, um seine Vorfreude auf das zu zügeln, was er als Nächstes geplant hat.
Ich habe mich nicht losgemacht.
Ich bin genau da, wo er mich haben will.
Kaum habe ich die Wahrheit begriffen, da wirft er seinen Körper brutal gegen meinen. Der Aufprall seines Gewichts schleudert mich mit solcher Wucht zu Boden, dass ich mich wundere, dass mein Kopf beim Aufprall nicht geplatzt ist. Und noch ehe ich Zeit zu reagieren habe, drischt er schon auf mich ein.
Er kämpft rückhaltlos. Mit allen Mitteln. Auf Leben und Tod. Seine Fäuste prasseln auf mich herab, sodass ich mich nur mühsam wehren kann.
»Du bist mir zu nichts mehr nütze, Seeker!«, brüllt er, während seine Fäuste weiter auf mich einhämmern. »Die Prophezeiung hat begonnen. Ich
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